Verführerische Maskerade
fragt.«
In gewisser Hinsicht hatte sie Erfolg. Letitia schmollte, zeigte Livia die kalte Schulter und fragte Lilly stattdessen: »Erzähl mir mehr über ihn. Woher stammt er? Seit wann hält er sich schon in der Stadt auf?«
Lilly hob die Hände. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich weiß nur, dass er ein russischer Prinz ist und dass zumindest ich ihn attraktiv fand. Aber Livias Geschmack war er offenbar nicht«, platzte sie heraus und warf Livia einen bedeutungsvollen Blick zu.
Livia beschloss, dass es sicher das Beste wäre, das Thema ein für alle Mal zu beenden. »Seine Haare sind hell, die Augen blau, er ist groß, recht schlank und gepflegt gekleidet«, zählte sie an den Fingerspitzen auf. »Ich habe den Eindruck, dass er sich in London nicht besonders gut auskennt. Aber er hat sich mir nicht anvertraut … Ich kenne den Mann doch kaum.«
»Nun, dann muss ich Oglethorpe ausfragen, sobald er nach Hause kommt«, verkündete Letitia. »Ich muss schon sagen, Livia, deine Gleichgültigkeit ist wirklich bemerkenswert. Ein heiratsfähiger Junggeselle landet in der Stadt, bittet dich um einen Tanz, und du bringst ihm nicht das geringste Interesse entgegen. Das ist nicht ganz natürlich, oder?« Sie musterte die drei anderen Frauen im Salon.
»Nicht jeder platzt gleich vor Neugier«, meinte eine ältere Dame und lächelte mitfühlend, »so wie du, Letty.«
»Kann sein. Aber ist es nicht ausgesprochen unhöflich von Livia, dass sie uns verschweigt, was sie von ihm hält?«, schnappte Lady Oglethorpe. »Und nun lasst uns zur Mittagstafel gehen.« Ihre orangefarbenen Röcke rauschten, als sie sich erhob, sich bei Lady Devries unterhakte und die Gäste ins Esszimmer führte.
Livia schaute auf die Uhr, als sie die Halle durchquerten. Halb zwei. Noch neunzig Minuten, bis die Tortur endlich vorüber war.
5
A urelia kam gerade mit Franny von ihrem Spaziergang im Park zurück, als Livia am Cavendish Square aus der Droschke stieg.
»Tante Liv, Tante Liv … wir waren im Park!«, rief das kleine Mädchen begeistert, »wir haben die Enten gefüttert!« Sie zupfte an der Hand ihrer Mutter und tänzelte eifrig auf Zehenspitzen, um schneller zu Livia zu gelangen.
»Wie hat dir die Mittagstafel geschmeckt?«, rief Aurelia, gehorchte ihrer drängelnden Tochter, nahm sie fest an der Hand und eilte mit ihr über die Straße. Das Mädchen neigte dazu, ausgelassen durch die Gegend zu tollen, wenn man sie nicht streng festhielt.
»Schrecklich.« Livia presste sich die Handflächen an die Schläfen. »Es hat mich gelehrt, Einladungen nicht überstürzt zu beantworten. Wie konnte ich den Absender nur übersehen! Rate mal, worüber wir uns die ganze Zeit unterhalten haben.« Sie drückte Franny, die ununterbrochen plapperte, einen Kuss auf die Wange.
»Prinz Prokov«, vermutete Aurelia.
»Richtig.« Livia stieg die Treppe hoch. »Wollt ihr noch ein bisschen draußen bleiben? Oder kommt ihr auch rein?«
»Ja. Franny ist bestimmt erschöpft genug, um jetzt ihren Mittagsschlaf zu halten.« Aurelia hielt Franny immer noch fest an der Hand, folgte Livia zur Tür und wartete endlos, bis Morecombe endlich öffnete.
Schwerer Duft hüllte sie ein, sobald sie die Halle betraten. »Jede Wette, dass du über das großartige Geschenk des Prinzen kein Wort verloren hast«, meinte Aurelia, ließ Franny los und schob sich an dem prächtigen Blumenschmuck vorbei, der sorgfältig neben der Tür platziert worden war. Franny kreischte vor Vergnügen, rannte von einer Bodenvase zur nächsten und erinnerte an eine Biene, die überall am Nektar naschen wollte.
»Wieder richtig«, stimmte Livia zu und übertönte das aufgeregt plappernde Kind. »Kannst du dir nicht vorstellen, was die Klatschtanten daraus machen würden?« Kopfschüttelnd verzog sie das Gesicht.
»Aber es wird bald an die Öffentlichkeit dringen, wenn er dich weiter mit Aufmerksamkeiten überschüttet«, warnte Aurelia. »Bist du darauf vorbereitet?«
»Ja. Solange seine Aufmerksamkeiten sich in angemessenen Grenzen halten, wird es nicht mehr als den üblichen Tratsch geben«, erwiderte Livia und stieg bereits die Treppe hoch. »Wo wir gerade darüber sprechen, ich sollte mich langsam für den Spaziergang im Park umziehen. Bestimmt wird es ein paar Leute geben, die anschließend ihre Zunge nicht im Zaum halten können.«
»Obwohl es gegen den Spaziergang nichts einzuwenden gibt.« Aurelia lachte weich. »Anders als wenn er dir einen ganzen Blumenladen ins Haus liefert.
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