Verführerische Maskerade
wiederzusehen.« Ihr Blick funkelte vor Freude. »Und natürlich Harry und die Kinder. Sag mal, hast du Cornelia eigentlich von Alex erzählt?«
Aurelia nickte. »Es muss dir doch klar gewesen sein, dass ich es tun würde. Das, was dich beschäftigt, geht uns alle an. Außerdem sah ich mich außerstande, dich allein zu unterstützen.«
Livia lächelte und schüttelte den Kopf. »Es ist aber auch verdammt kompliziert, das kann ich dir flüstern«, stieß sie hervor, »und Nells Meinung ist mir sehr wichtig. Aber …«, sie zögerte, »mir ist nicht klar, ob es richtig ist, dass Harry die Spürhunde auf Alex ansetzt. Es kommt mir so undankbar vor. Wenn ich ihm vertraue, an ihn glaube, dann muss ich die Kraft dazu aus meinem Innern aufbringen. Und nicht, weil er von einem Mitglied des britischen Geheimdienstes auf Herz und Nieren geprüft worden ist.«
»Verstehe. Aber du weißt doch noch nicht einmal, in welchen Kreisen er verkehrt«, betonte Aurelia. »Er muss doch … ich meine, es muss doch russische Landsleute hier geben. Meinst du nicht, dass es vorteilhaft wäre, wenn wir wüssten, wie er bei den Emigranten angesehen ist? Aus welchem Grund ist er ins Exil gegangen? Oder ist er doch nur ein harmloser ausländischer Gast? Wenn ich an die politische Lage zwischen England und Russland denke …« Sie schüttelte den Kopf. »Was, wenn er nicht der lebenslustige Prinz ist, den er uns vorspielt?«
Livia betrachtete ihr Sherryglas. »Falls, und ich sage ausdrücklich: Falls ich ihn heirate, dann werde ich ihn heiraten, wer auch immer er ist. Und er wird mich heiraten, wer auch immer ich bin. Ich kann mir nicht vorstellen, mich unter anderen Bedingungen zu entscheiden, mit einem Mann den Rest meines Lebens zu verbringen.«
»Dann kann ich dir nur gratulieren«, erwiderte Aurelia. »Aber was, wenn er mit dir in Russland leben will? Könntest du es wirklich übers Herz bringen, hier alles aufzugeben? Familie, Freunde … das Leben, das dir vertraut ist?«
Livia zögerte mit der Antwort und nagte an ihrer Unterlippe. »Ich würde es tun müssen, Ellie. Ich würde ihn nicht heiraten, ohne vorher darüber nachzudenken, dass es solche Folgen für mich haben könnte. Es liegt auf der Hand, dass ich ihn nicht heiraten kann, wenn ich solche Folgen nicht akzeptieren kann. Aber ich hätte die Hoffnung, dass er über meine Wünsche und Vorstellungen nachdenkt, bevor er seine Entscheidungen trifft.«
Aurelia nickte. Obwohl die Angelegenheit lebenswichtig war, gab es praktisch nichts mehr zu sagen. Jetzt war es an Livia und ihrem Prinzen, unter sich zu klären, welchen Weg sie gehen wollten. Aurelia zögerte kurz und stellte dann eine Frage. »Sag mal, Liv, ist bei euch eigentlich die große Leidenschaft im Spiel? Ist es Liebe … oder wollt ihr euch auf eine bequeme Kameradschaftsehe einrichten?«
Plötzlich musste Livia lächeln. »Bis jetzt habe ich keine Ahnung, was Liebe ist, Ellie. Aber auf jeden Fall geht es um Lust. Und wenn das bei der großen Leidenschaft keine Rolle spielt … nun, dann weiß ich auch nicht. Ich versuche herauszufinden, ob das Feuer heiß genug brennt, um wenigstens eine Kameradschaftsehe zu führen.« Sie hielt kurz inne und lächelte noch breiter. »Und ich muss schon sagen, mit Prinz Prokov wäre es eine ziemlich heiße Kameradschaft.«
Aurelia lachte aus vollem Halse. »Verstehe«, stimmte sie zu, »ich stelle mir gerade das Gesicht deines Vaters vor, wenn der Prinz ihn um die Hand seiner Tochter bittet.«
Livia runzelte die Stirn. »Ich habe mich auch schon gefragt, wie er wohl reagiert. Die Zustimmung kann er nicht verweigern, weil ich über das Alter hinaus bin, wo ich auf ihn angewiesen bin. Aber ich möchte auch nicht, dass er die Verbindung missbilligt.«
Aurelias Lachen erstarb. Livia und ihr Vater waren sich sehr nahe, auch wenn die Tochter sich nicht der geistlichen Lehre der Genügsamkeit und Selbstverleugnung unterwarf, wie ihre Eltern es getan hatten. Trotzdem wäre es verheerend für sie, wenn Reverend Lacey sich der offiziellen Anerkennung ihrer Ehe verweigerte und zur Trauung nicht erschien. »Er hat dich noch nie zu irgendeiner Entscheidung gedrängt«, betonte Aurelia. »Er hat immer großen Wert darauf gelegt, dass du deinen eigenen Weg findest.«
Livia nickte. »Er hat mich ermutigt, meinen eigenen Weg zu suchen«, bekräftigte sie. »Zum Beispiel beim Schach.« Sie war gerade erst vier Jahre alt gewesen, als ihr Vater ihr das Schachspiel beigebracht hatte. Er hatte ihr
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