Verführerische Maskerade
schneidig wie kein anderes«, unterbrach Livia und war froh über die harmlose Plauderei. Plötzlich war sie überwältigt, zum ersten Mal an diesem Tag. Es kam ihr vor, als würde ihre Haut prickeln wie in einem Champagnerbad … und als würde es nie wieder aufhören.
»Niemals hätte mein Vater es zugelassen, dass ich am Tag meiner Hochzeit in einer fremden Kutsche sein Haus verlasse«, erklärte sie lachend. »Bei solchen Gelegenheiten kann er ziemlich altmodisch sein.«
»Nun, wenn wir sein Haus später endgültig verlassen, werden wir eleganter reisen«, versprach Alex.
Livia warf ihm einen Blick zu, und wieder prickelte es wie Champagner auf ihrer Haut. Ihr Herz hüpfte vor Freude. Alex’ glattes Haar glänzte in der Wintersonne, und hier und da schimmerten kupferfarbene Strähnen auf. Die lange gerade Nase beherrschte das Profil. Er war ausgesprochen attraktiv, und man sah ihm an, dass er es gewohnt war, Befehle zu erteilen. Alex bemerkte ihren Blick, drehte sich ganz zu ihr. Mit seinen wohlgeformten Lippen lächelte er sie fragend an, und einmal mehr entfachten die strahlend blauen Augen die heiße Leidenschaft in ihrem Innern.
»Wohin wird die Reise gehen?«, platzte Livia heraus, dachte an Federbetten und verschlungene Gliedmaßen und konnte ihre Fantasie kaum zügeln.
»Warte ab«, bat Alex wie üblich, »dann wirst du schon sehen. Du wirst nicht enttäuscht sein. Versprochen.«
»Oh, nein«, flüsterte sie sanft, »ich weiß, dass du mich nicht enttäuschen wirst.«
Alex entging nicht, dass sie es durchaus doppeldeutig gemeint hatte. Er musterte sie aufmerksam und formte die Lippen zu einem Kuss, sagte aber weiter nichts.
Der Stallbursche wartete bereits auf sie, als er beim Pfarrhaus vorfuhr. Alex sprang aus der offenen Kutsche und hielt seine Braut ein paar Sekunden in der Luft, als er sie heraushob. »Zwei Stunden«, verkündete er mit fester Stimme, »keine Minute länger, meine liebe Frau. Ich will dich ganz für mich haben. Und wenn es nötig ist, dich quer über meinen Sattel zu legen, dann werde ich es tun. Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
»Könnte recht amüsant sein«, meinte Livia lächelnd. »Aber die Leute wären bestimmt schockiert. Außerdem«, fuhr sie ernsthaft fort, »müssen wir mindestens ein paar Stunden lang aushalten. Die Gäste waren so freundlich. Es wäre wirklich ruppig, wenn wir sie zu schnell allein lassen würden.« Livia nahm ihn bei der Hand und führte ihn ins Haus.
Martha war nur während der Zeremonie in der Kirche geblieben; sie hatte mit der Vorbereitung der Hochzeitstafel im Esszimmer alle Hände voll zu tun und überwachte eine Truppe Mädchen aus dem Dorf, die die Köstlichkeiten auf den Tisch stellten. Die Haushälterin warf die Hände in die Luft, als Livia das Haus betrat, eilte zu ihr und umarmte sie. »Glückwunsch, meine Liebe. Was für eine wundervolle Zeremonie … und wie froh der Pfarrer war.« Mit Tränen in den Augen tätschelte sie Livia die Wange. »Sie sind eine wunderschöne Braut.«
Jetzt erst schien Martha sich an den Bräutigam zu erinnern und knickste mit schlechtem Gewissen. »Glückwunsch, M’lord … äh, Eure Hoheit. Ich wünsche Ihnen alles Glück dieser Welt, und ich bin überzeugt, mit diesem Engel an Ihrer Seite kann nichts schiefgehen.« Sie wischte sich die Augenwinkel mit dem Zipfel ihrer Schürze aus.
Alex bedankte sich aufrichtig, fragte sich aber insgeheim, ob er sich wohl jemals an die vertrauliche Art des englischen Dienstpersonals gewöhnen würde. Wie oft fühlte es sich als Freund der Familie und wurde auch so behandelt. Im russischen Feudalismus gab es kein solches Durcheinander. Die Leibeigenen kennen ihren Rang in der Gesellschaft nur zu gut, dachte er grimmig, und es ist das System selbst, das die Tatarinovs dieser Welt ausbrütet …
»Liv … Alex … da seid ihr endlich.« Aurelia kam ins Esszimmer. »Komm und begrüße deine Gäste, Prinzessin Prokov.«
In der nächsten Stunde konnte Livia die Anspannung ihres Ehemannes förmlich mit Händen greifen. Die Hochzeitsgesellschaft war nur klein; nur ihre engsten Freunde aus London waren eingeladen worden. Alex reichte es, sich mit Nick, David, Harry und natürlich mit ihrem Vater zu unterhalten. Niemand aus dem Landadel, keiner der Gutsbesitzer oder der Farmer schien mit diesem exotischen Ausländer etwas anfangen zu können. Sie stammelten ein paar Sätze über das Wetter oder über die Jagd. Dann herrschte unbehagliches Schweigen, obwohl Livia
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