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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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sie und schaute sie an, verwunderte Trauer im Blick. Dann beugte er sich zu ihr, um sie zu küssen, und als sie seinen Kuss erwiderte, hörte sie staunend, dass er aufstöhnte. Heftig zog er sie an sich und presste sich eng an sie. Seinem vorherigen Beispiel folgend, begann sie ihn kühn zu streicheln, fuhr über seine breiten Schultern und die harten Muskeln seiner Brust, doch als sie sich weiter vorwagte, zuckte er zurück und löste sich von ihr, und als sie verlangend die Arme nach ihm ausstreckte, murmelte er: „Nein. Nein, Esme, nein.“ Es war ein Laut zwischen Lachen und Stöhnen. „Nein, Liebste, nicht. Niemals.“
    Abermals versuchte sie sich an ihn zu klammern, doch er schob sie fort. „Nein, unmöglich. Ich darf und will es nicht.“
    Hastig zog er sich zur Tür zurück, wobei er lächelnd mit dem Finger drohte. „Du bist wie das Laudanum, mein Liebes. Süß und betäubend. Ich könnte mich in dir verlieren, in wilden Fantasien über dich. Verleite mich nicht gerade jetzt dazu, da ich mich bemühe, brav zu sein.“
    Sie wandte sich ihm zu, sodass ihr Nachtkleid sich verschob und ihren Busen entblößte. Er machte eine unwillkürliche Bewegung, als wollte er zu ihr zurückkehren, doch dann griff er entschlossen nach der Klinke, riss die Tür auf und ging hinaus.
    „Sag mir wenigstens, dass es dir zu schlafen hilft.“
    Bitter lachte er auf. „Nun verstehst du nicht! Schlaf ist das Letzte, an das ich jetzt denke. Hör zu, Esme, das muss an dieser Stelle enden. Keine nächtlichen Spiele mehr mit dir, dazu bin ich zu übermüdet. Ich kann mir in deiner Gegen wart nicht mehr trauen oder gar mir einreden, dass es ja nur auf Kartenspiel und Konversation hinauslaufen wird, wenn wir uns treffen. Wenn du morgen Abend herkommst, wirst du mich nicht finden.“ Er warf ihr eine Kusshand zu, dann schloss er die Tür hinter sich.

14. KAPITEL

    Während Esme am nächsten Morgen zum Frühstückszimmer ging, versuchte sie den Gedanken auszublenden, dass alle Möglichkeiten komplett ausgeschöpft waren, dass sie keine neuen Einfälle mehr hatte und dass die Zeit ihr davonlief.
    Neben ihrem Gedeck lag ein weiterer Brief. Beklommen brach sie das Siegel und las rasch, ehe Radwell erscheinen und ihr das Blatt fortnehmen konnte.
    Tochter,
    Schluss mit den närrischen Vorspiegelungen. Keine Aufschübe mehr, denn wir beide wissen, dass Du nicht krank bist, außer man betrachtete Respektlosigkeit den Wünschen des Vater gegenüber oder die schmerzhafte Furcht vor einem tugendhaften Leben als Krankheit.
    Du hast lange genug bei deinen feinen neuen Freunden geweilt. Ich gebe Dir vierundzwanzig Stunden, um Dich von Deinen eingebildeten Leiden zu kurieren, danach werde ich Dich persönlich aus Devon abholen.
    Anbei die Fahrkarte für die Postkutsche. Morgen Abend will ich Dich an der Poststation sehen.
    Sollte ich Dich dort nicht vorfinden, sei versichert, dass ich Dich, wo immer Du bist, finden und an den Haaren nach Hause zerren werde, wenn ich Dich denn nicht anders davon abhalten kann, dem Beispiel deiner Mutter zu folgen.
    Dein Dich liebender Vater
    Als Radwell eintrat und den Platz neben ihr einnahm, faltete sie den Bogen rasch zusammen und schob ihn in ihren Kleiderärmel. Er lächelte ihr herzlich zu. „Guten Morgen, Esme. Und ein so schöner Morgen!“
    Sie sah ihn an, als wäre er nicht bei Trost. Ein schöner Morgen, wenn sie heimkehren musste? Ach, das konnte er ja nicht wissen! Aber den Brief konnte sie ihm unmöglich zeigen. „Ja, so sieht es aus“, antwortete sie deshalb nur.
    Er lud sich seinen Teller voll und begann zu essen. Zwischen zwei Bissen wandte er sich an Miranda. „Sag, Schwägerin, wo hast du nur diesen alten Ziegenbock aufgetrieben, und was brachte dich auf den Gedanken, er könnte für unsere Esme infrage kommen?“
    „Unsere Esme?“, sagte Miranda ungläubig. „Ich gebe zu, ich wählte ihn für unsere Esme, weil er sonntags in der Kirche ein so beispielhaftes Betragen an den Tag legt, sehr gediegen ist, wenn auch ein wenig fade. Wie hätte ich wissen sollen, dass dieses Gebaren die Ausnahme von der Regel ist?“
    „Nun, den sind wir los! Gut, dass er rechtzeitig seine wahre Natur zeigte. Aber Esme, diese Verschwenderin, hat ihren Vorrat an Ehekandidaten aufgebraucht. Miranda, du musst neue für sie finden.“
    „So? Dann will ich dir die Situation erklären: Es gibt keine; jeder passende Mann hier in der Nachbarschaft ist schon für den Altar vorgemerkt.“
    Radwell butterte angelegentlich

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