Verführerische Unschuld
würden ihm keine Träne nachweinen.“
Die Frau lehnte sich erleichtert zurück. „Ich muss Ihren Verdacht bestätigen. Der Mann ist eine Pest, und er kommt immer noch her.“ Sie wandte sich an eines der Mädchen. „Bitte Emily, zu mir zu kommen.“
Bald darauf kam ein Mädchen herein und setzte sich auf Geheiß der Bordellwirtin ans Ende des Diwans. Sie war hellhäutig und blond und ähnelte, wie Radwell bemerkte, Esme außerordentlich.
Madame Annie verkündete: „Meine Herren, dies ist Lord Halverstons Favoritin. Emily, diese Herren bitten um deine Hilfe.“
„Sie sind Freunde von ihm?“ In den Augen des Mädchens flackerte Furcht, doch sie sagte beherrscht: „Sicher, was immer Sie wünschen.“ Ihre Miene drückte allerdings das Gegenteil aus.
„Keine Angst, meine Liebe, wir wollen deine speziellen Dienste nicht. Unsere Wünsche können hier unten verhandelt werden, und wir werden dich großzügig entlohnen, wenn du uns die Wahrheit sagst. Du kennst Halverston intim?“
„Mehr als das, denn kein anderes Mädchen im Haus will mit ihm zu tun haben. Wir haben vereinbart, dass ich niemanden sonst bedienen muss, wenn ich ihn nur den anderen Mädchen vom Hals halte; außerdem gibt es jedes Mal ein Extra geld, sonst hätte ich mich nie darauf eingelassen. Wenn der widerliche Bastard stirbt – und ich hoffe und bete, er kratzt ab, ehe er mich ins Grab gebracht hat – reichen meine Erspar nisse, um ein eigenes Haus zu eröffnen oder vielleicht ein respektableres Geschäft zu gründen.“
Der Duke beugte sich betroffen zu dem Mädchen. „Wenn du möchtest, werden wir dich noch heute mitnehmen, fort von hier, und dir die Mittel für einen Neuanfang aushändigen.“
Abschätzend betrachtete sie die beiden Männer. „Dann wird er sich eine andere für seine speziellen Vergnügungen nehmen. Soll ich mich dadurch retten, dass sich ein anderes Mädchen seiner Brutalität ausliefern muss? Meine Herren, wenn Sie sich als gütig erweisen wollen, bringen Sie das Ungeheuer um.“
Radwell tätschelte beruhigend ihre Hand. „Wir hofften, du könntest uns dabei behilflich sein, ihn unschädlich zu machen. Sag, hat er je in deiner Gegenwart Taten erwähnt, für die man ihn vor Gericht belangen könnte?“
„Nun, was er hier drin Arges mit uns anstellt, interessiert draußen niemanden.“
„Dafür wird er auf jeden Fall bestraft werden. Solltest du allerdings etwas erfahren haben, das zu einem öffentlichen Skandal führen könnte …“
„Dann wären wir ihn beide los.“ Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Nun, er prahlte oft genug vor mir! Euer Lordschaft, gehen Sie zu seinem Haus, dort gibt es in der Wand hinter seinem Schreibtisch ein Geheimfach mit höchst interessantem Inhalt. Er ist mit den Franzosen im Bund, lässt sich von ihnen bezahlen, denn die Dienste, die er sich hier erkauft, die Ausschweifungen, die er sich leistet, sind nicht billig und haben ihn schon vor Jahren an den Rand des Ruins getrieben. Er braucht Geld, und er nimmt es nicht so genau damit, woher es stammt. Er hat Freunde im Kriegsministerium und erlauscht manches, das dem Feind nützt. Außerdem verleitet er Herren in hohen Positionen zu Zügellosigkeiten und erpresst sie anschließend, indem er droht, ihre Neigungen bekannt zu machen.“
Angewidert verzog Radwell den Mund. „Verräter und Erpresser in einem!“
„Ja“, bestätigte Emily, „und mir gegenüber prahlt er stets mit all dem, ohne dass ich es jemandem erzählen könnte. Schlimm genug, dass ich ihn ertragen muss, aber noch schlimmer ist, dass er mit französischem Gold zahlt. Dieses Fach – es muss eine Art Geldschrank sein – enthält alle Papiere, die seine Machenschaften beweisen. Damit könnten Sie ihn drankriegen!“
„Hm, ein Geldschrank, sagst du? Verflixt schwierig!“ Marcus runzelte grübelnd die Stirn, doch Radwell lächelte plötzlich breit.
„Ich glaube, ich habe die Lösung.“ Er legte dem Mädchen bittend eine Hand auf den Arm. „Wir müssen wissen, wann der Earl nicht daheim ist. Ich wage kaum zu fragen …“
Mit einem harten Lächeln warf sie den Kopf in den Nacken. „Schwören Sie mir, dass ihn das erledigt, und ich lasse Sie wissen, wenn er mich besucht. Ich werde alles tun, um ihn so lange wie möglich hier festzuhalten.“
Er beugte sich zu ihr und drückte ihr einen sanften Kuss auf den Scheitel. „Emily, ich werde dir ewig dankbar sein, und dich natürlich unter meinen Schutz stellen.“
Er sah, dass sie
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