Verführerische Unschuld
lange genug gelebt hätte. Es war schwer, sein Leben nicht mit Caitlyns zu vergleichen. Obwohl ihre Eltern offenbar nicht genügend Vertrauen zueinander gehabt hatten, um zusammenzubleiben, hatten sie es doch irgendwie geschafft, ihre Tochter mit Liebe zu überschütten. Grants Eltern hatten sich so sehr geliebt, dass selbst die Liebe zu ihrem Sohn Grants Mutter nicht am Leben hatte halten können. Innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod ihres Mannes hatte Grant auch sie begraben müssen. Im Jahr, das auf diese doppelte Tragödie folgte, hatte Grant sich treiben lassen, hin- und hergerissen zwischen Wut und Trauer.
Im Nachhinein erschien ihm jetzt Tante Ednas kalte Gleichgültigkeit fast wie ein Segen. Sie hatte in ihm die Antwort auf ihre finanziellen Probleme gesehen und ihn gezwungen, hart zu arbeiten, sodass ihm keine Zeit blieb, an sein Unglück zu denken.
Seit damals hatte er sich sehnlichst gewünscht, seine Eltern an seiner Seite haben zu können, und deswegen fiel es ihm schwer, zu verstehen, was diese verwöhnte kleine Prinzessin noch haben wollte, um endlich zufrieden zu sein. Wahrscheinlich wollte sie Grant endgültig ihrem Vater entfremden, damit sie Paddys Liebe ganz allein für sich hatte. Der Gedanke bohrte sich wie ein Messer in sein Herz.
Wovor hatte sie nur solche Angst? Begriff sie nicht, dass er alles tun würde für ihren Vater? Warum war jemand, der so viel hatte, so geizig gegenüber jemandem, der so wenig besaß?
Wieder einmal schwor Grant sich, niemals eine Frau zu lieben. Seine Beziehungen zum schönen, aber herzlosen Geschlecht würden sich für immer auf angenehme Stunden zu zweit beschränken. Es gab genügend Frauen, die seine Bedingungen willig akzeptierten.
Caitlyn bog den Kopf nach hinten und blickte bis zur höchsten Spitze des Bohrturms. “Ich kann einfach nicht fassen, wie hoch es tatsächlich ist.”
“Anders als in den Bildern in Ihren Büchern, was?”, bemerkte Grant.
“Das kann man wohl sagen”, stimmte Caitlyn ihm zu und reagierte wohlweislich nicht auf den Spott in seiner Stimme. “Ich glaube, ich werde mich nie daran gewöhnen.”
Paddy legte einen Arm um ihre Schulter und sah ebenfalls nach oben. Caitlyn schmiegte sich an ihn und lächelte strahlend.
Grant wandte sich ab, ohne ein Wort zu sagen.
Er stürzte sich in die Arbeit, damit die langen Stunden des Nachmittags schneller vergingen. Harte körperliche Arbeit tat mehr, als nur die Muskeln zu trainieren, es war eine sichere Medizin gegen jede Art von Selbstmitleid.
Aber zum ersten Mal musste Grant feststellen, dass die Medizin nicht half.
Er hatte gewusst, dass es Caitlyn nicht schwerfallen würde, die Aufmerksamkeit der Arbeiter auf sich zu ziehen. Der junge Mann, der die von oben herabgesenkten Rohre auf die Metallrutsche leiten sollte, ließ sich von Caitlyns festem hübschen Po ablenken, als sie sich über die Rampe beugte, und achtete nicht auf die Schnelligkeit, mit der das nächste Rohr an den dicken Stahlkabeln heruntergelassen wurde.
Eine Tonne Stahl war kurz davor, Bernie am Kopf zu treffen und ihn zwölf Meter tief in den Abgrund zu stoßen.
Grant rannte verzweifelt los und versuchte, mit seinen Schreien Bernies Aufmerksamkeit zu erringen. Sekunden vor dem Aufprall sah Bernie nach oben, bedeckte instinktiv den Kopf mit beiden Händen und trat einen Schritt beiseite. Das Rohr erwischte ihn knapp an der Schulter, sodass er gefährlich nah an den Rand des Plattform geriet und verzweifelt um sein Gleichgewicht kämpfte. Grant stieß einen Stoßseufzer aus, als der junge Mann nach hinten fiel und regungslos auf dem Boden liegen blieb.
Das Rohr prallte von der Kante der Rutsche ab und neigte sich zu der Stelle, wo Caitlyn stand. Sie war sich nicht bewusst, in welcher Gefahr sie schwebte. Keuchend legte Grant die letzten Meter zu ihr zurück und warf sich mit aller Kraft gegen sie, sodass sie das Gleichgewicht verlor und fiel.
Das Rohr verfehlte sie beide nur um wenige Zentimeter.
Caitlyn begriff nicht, was geschehen war. Sie wusste nur, dass sie von einem schweren Mann zu Boden geworfen worden war, und dachte unwillkürlich an Grants Warnung, zu welchen Mitteln seine weniger zivilisierten Mitarbeiter fähig waren. Erschrocken setzte sie sich zur Wehr und stieß einen markerschütternden Schrei aus.
Grant erstickte ihn auf die einfachste Art, die ihm einfiel. Er verschloss ihr den Mund mit den Lippen und hatte die erwünschte Wirkung.
Sofort erkannte sie, wer auf ihr lag. “Grant?”
Es
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