Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)
ihr. Furcht ließ ihren Puls hochschießen. Alexandrine zitterte am ganzen Körper, und dennoch senkte sie ihre Verteidigungsschilde. Weil sie ein anderes Leben wollte. Ein Leben in Unabhängigkeit. Und vor allem, weil sie eine Chance mit Xia haben wollte.
Baby, es ist okay. Ich lasse nicht zu, dass er dir wehtut.
Sie hatte nicht erwartet, dass der Prozess des Loslösens so schnell beginnen würde. Sie wollte herausschreien, dass sie noch nicht bereit dafür war, aber die Luft um sie herum verdichtete sich, bis sie betonschwer auf ihr lastete. Bitte, lass es schnell vorbei sein! Wieder roch sie Hitze und Sand. Brüllender Lärm füllte ihren Kopf. Gleißende Farben verschmolzen hinter ihren Lidern. Schmerz setzte ein, ein Schmerz, der sie zerriss. Unerbittlich.
Kynan hatte nun begonnen, sie von ihrer Magie zu trennen. So gering ihre Fähigkeiten auch waren, die Magie war ein Teil von ihr. Es fühlte sich an, als würde sie in einzelne Teile zerrissen.
» Nein!«, sagte sie. Laut? In ihrem Kopf?
Alexandrine versuchte, sich aufzurichten, zu entkommen, und dann rutschte sie vom Bett, weg von Xias tröstlicher Umarmung. Die Pein und der schmerzhafte Missklang in ihrem Kopf folgten ihr. Ihre Beine taten weh, Tausende Nadeln schienen in ihre Haut zu stechen. Sie taumelte, versuchte ihr Gleichgewicht zu halten. Bewegte sich rückwärts, damit sie das Bett stets in ihrem Blickfeld hatte.
Kynans Magie folgte ihr, nahm ihren Geist erneut in Besitz. Ihre Augen wollten ihr nicht gehorchen. Zeigten ihr die Dinge anders, als sie zu sein hatten. Farben verliefen ineinander, die Perspektiven stimmten nicht mehr.
Alexandrine kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Als sie sie wieder öffnete, schien alles normal. Und dennoch irgendwie verändert. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie die Welt jemals wieder so sehen würde, wie sie einmal gewesen war.
Kynan, immer noch auf dem Bett, hatte sich auf die Fersen gesetzt, die Hände an die Schenkel gelegt. Seine Augen waren wie schwarze Seen. Tiefschwarz. So schwarz wie die dunkelste Zeit der Nacht.
Xia stand neben dem Bett, nicht weit von ihr entfernt, und das Herz wurde ihr schwer, als sie ihn ansah. Wie schön er war in seiner fremden Gestalt!
Ein Gefühl von Verlorenheit überwältigte Alexandrine. Sie wollte, brauchte, respektierte ihn, liebte ihn vielleicht sogar, so verrückt das auch schien, und die Vorstellung, dass ihre Verbindung nicht mehr vorhanden wäre, sobald Kynan dies beendet hatte, zerriss sie. Und dennoch musste es so sein.
Würde er überhaupt noch etwas mit ihr zu tun haben wollen, wenn das Band zwischen ihnen durchtrennt war? Würde er sich weiterhin um sie sorgen, sobald es keinen Grund mehr gab, sie zu beschützen?
Ihre Beine gaben nach, sie sank auf die Knie, als Kynans Magie in sie eindrang, sie umhüllte, erstickte. Etwas aus ihr herausriss.
Nach Luft schnappend beugte sie sich vor, bis ihre Stirn den Boden berührte, zwang sich, stillzuhalten, obwohl dieses entsetzliche Zerfleischen nicht aufhören wollte. Sie spürte es, wusste ganz genau, in welchem Moment sie den Zugang zu ihrer Magie verlor.
Sie war nicht verschwunden, wie Alexandrine erwartet hatte, sondern ihr schlicht und einfach unzugänglich geworden. So, als ob sie durch einen Spiegel auf die andere Seite greifen wollte. Sie konnte es für den Rest ihres Lebens immer wieder versuchen und würde doch niemals auf die andere Seite gelangen.
Es war vorbei. Kummer erfüllte sie. Sie war von ihrer Magie getrennt. Gerettet durch einen Verlust, von dem sie sich niemals wieder erholen würde.
Alexandrine hob den Kopf, und das Erste, worauf ihr Blick fiel, war Xia. Ganz nah stand er vor ihr, als ob er hätte zu ihr gehen wollen, um es im letzten Moment doch noch zu verhindern. Wenn sie nicht solche Schmerzen empfunden hätte, hätte sie ihn berührt. Seine Augen flackerten blau, brannten glühend heiß.
Und wieder dachte sie, wie schön er war in dieser fremden Gestalt, in der Farbe von Lapislazuli. Seine Schönheit ängstigte sie und erregte sie gleichermaßen und erinnerte sie daran, dass sie vielleicht mehr verloren hatte als nur ihre Magie.
Es war vorbei. Alles war vorbei.
In ihrem Inneren setzte der zerstörerische Schmerz von Neuem ein, verbrannte sie, brannte durch sie hindurch. Kynan war immer noch in ihrem Geist präsent, gewaltig, unheilvoll, böse.
Ein Eishauch lief über ihr Rückgrat, und Alexandrine brauchte keine Magie für die Erkenntnis, die sie so unvermittelt
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