Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)
krallte eine Hand in die Überdecke. » Ich finde, es wäre eine verdammt gute Idee, abzuhauen und irgendwo in den Hügeln unterzutauchen. Von dem Raum, in dem die Mülltonnen stehen, gibt es einen Durchgang zur Garage. Wir könnten einfach durch die Hintertür verschwinden, ohne dass jemand bemerkt, dass wir gar nicht mehr hier sind.«
Xia hielt sich immer noch im Schatten, doch Alexandrines Augen hatten sich nun an die Dunkelheit gewöhnt. Sie sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte und wieder öffnete.
» Da draußen sind wir nicht sicher.«
» Hier drin scheint es auch nicht wirklich sicher zu sein.«
» Sicherer als draußen«, behauptete Xia. » Hier kann ich kontrollieren, was passiert, aber draußen…« Er schüttelte den Kopf. » Da wäre es nicht so einfach.«
Was für eine Vorstellung, dass sich dort draußen Magiegebundene herumtrieben, die nur darauf warteten, ihr das Mark aus den Knochen zu saugen und die Splitter dann auszuspucken. Alexandrine stellte sie sich als Monster vor, die sabbernd in dunklen Straßen und Hauseingängen lauerten und sich voller Vorfreude darauf, sie in ihre Finger zu kriegen, die missgestalteten Hände rieben.
» Was also sollen wir tun?«, wollte sie wissen.
» Erst hier sauber machen und dann geduldig abwarten.«
Alexandrine schaute auf ihre Uhr. Drei Uhr einundzwanzig. Sie würde völlig kaputt sein, wenn ihr Wecker klingelte. Falls sie so lange lebte. Sie hasste es, sich hilflos zu fühlen. Und es tröstete sie auch nicht, dass Xia so überzeugt davon war, mit allem fertigzuwerden. Es kam gar nicht infrage, dass sie sich ausschließlich auf jemand anderen verließ, wenn es darum ging, ihren Hintern zu retten. O nein!
» Abwarten?«, wiederholte sie. Es war albern, sich über den ganzen Raum hinweg zu unterhalten. Sie stand auf und ging hinüber zur Tür. Alexandrine schaute nicht hin. Nun ja, nur ein bisschen. Xia ließ sie vorbei und folgte ihr dann ins Wohnzimmer.
Sie wandte sich zu ihm um und stemmte die Hände in die Hüften. » Du denkst, ich würde nicht merken, wie sehr du hoffst, mein Vater höchstpersönlich würde hier auftauchen, damit du die Chance bekommst, ihn umzubringen. Ich bin nicht dumm, Xia. Du willst Rasmus Kessler töten, und ich soll der Köder sein.«
Es schien ihn nicht im Geringsten zu stören, ertappt worden zu sein. » Glaub mir, solange es draußen dunkel ist, sind wir hier drin sicherer.«
» Ich glaube, dass du kaum besser als Rasmus Kessler bist«, erwiderte sie ruhig. Oder zumindest bemühte sie sich, ruhig zu klingen. Dabei war sie sich bewusst, dass sie sich alles andere als gelassen anhörte.
» Na klar. Kessler und ich, wir sind sozusagen Zwillinge. Blutsbrüder.« Sein Gesicht war ausdruckslos. Und doch war er sauer, weil sie sich jetzt so zickig benahm.
Dabei war sich Alexandrine bewusst, dass es nicht den geringsten Grund gab, so auf ihn loszugehen, aber sie konnte nicht anders. Es war einfach zu viel für sie; der Druck, der sich unter der Anspannung der letzten Stunden in ihr aufgebaut hatte, suchte ein Ventil. Mit Xia Streit anzufangen war eine einfache, feige Möglichkeit dafür.
» Ja. Weil es euch beiden nämlich so was von egal ist, ob ich überlebe oder draufgehe. Nein, das nehme ich zurück. Falls dir ein Patzer unterläuft und ich umgebracht werde, dann wirst du ein Freudentänzchen aufführen. So ein elender Mist aber auch, Harsh. Echt, das mit deiner Schwester tut mir wirklich leid! Möge sie in Frieden ruhen!«
Alexandrine hatte plötzlich den Eindruck, dass seine Augen glühten. Reichlich beunruhigend fand sie das.
» Glaub mir, ich würde nie wünschen, dass du in Frieden ruhst«, erwiderte er samtweich. » Und im Übrigen patze ich nie. Eins allerdings kannst du mir glauben: Wenn ich Nikodemus und Harsh nicht mein Wort gegeben hätte, würdest du schon längst nicht mehr unter den Lebenden weilen.«
» Danke, ich mag dich auch.«
Er starrte sie böse an. Und diesmal irrte sie sich nicht: Seine Augen glühten. » Ich halte meine Versprechen.«
» Schön für dich.« Alexandrine hatte das Gefühl, am Rand eines bodenlosen Abgrunds zu stehen und jeden Moment zu fallen. » Warum haust du nicht einfach ab und tust, was auch immer du tun willst, und ich passe selbst auf mich auf? Glaub mir, ich bin darin geübt.« Ihre Stimme schraubte sich immer höher. » Ich bin schon seit einer verdammt langen Zeit auf mich selbst gestellt. Ich brauche Harsh nicht, und dich brauche ich erst recht nicht. Also
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