Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)
Worten unglaubliche Macht verleihen, wenn diese richtig gesprochen werden und die richtige Magie sie verstärkt«, erklärte Xia. Stirnrunzelnd betrachtete er die Messerklinge. » Vor allem aber, wenn sie Blut opfern. Spricht ein Hexer die richtigen Zaubersprüche, kann er die Lebenskraft eines Menschen in sich aufnehmen. Dummerweise stirbt der Mensch dabei, falls du dich gerade gefragt hast, was dann mit ihm passiert. Der Magier aber wird erst mit einundachtzig Jahren sterben statt mit achtzig. Tötet er allerdings einen aus der Sippe– also ein solches Wesen wie mich–, dann lebt der Magier wesentlich länger.«
Er sah sie an, und Alexandrine versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, was sie dachte. » Deshalb lebt dein Vater immer noch.« Einer seiner Mundwinkel zuckte. » Nach so vielen Jahren.«
Sie antwortete nicht darauf. Schließlich hatte sie nichts mit dem zu tun, was Rasmus Kessler tat. Dennoch war es ganz schön gruselig zu hören, welche Anklagen Xia gegen ihren Vater vorbrachte.
» Ich dachte, du wolltest mir erklären, was ein Talisman ist«, meinte sie.
Er schaute zur Seite, und Alexandrine registrierte, dass seine Finger sich fester um den Griff seines Messers schlossen. Dann sah er sie wieder an und sagte: » Willst du wissen, wie man einen solchen Talisman erschafft?«
Sie nickte. Xia hielt ihren Blick fest, und sie zuckte zusammen, als sie den Hass in seinen Augen aufflammen sah. So viel dazu, dass sie sich vorgenommen hatte, entspannt und ruhig zu bleiben.
Fahrig strich Xia sich das Haar aus der Stirn. » Ich war gezwungen zuzuschauen, wenn Rasmus sich einen Magiegebundenen ›vornahm‹. Am liebsten einen, der gerade erst seine Freiheit verloren hatte. Sie liegen vor ihm, können sich nicht mehr bewegen.«
Er schloss die Augen. » Aber sie können immer noch hören und fühlen und denken, und wir alle, sämtliche Magiegebundenen, spürten, was passierte. Rasmus zog so viel Magie wie möglich, mit aller Kraft, und dann stieß er seinem Opfer das Messer hier hinein.« Xia zeigte auf seine Brust. » Manchmal tötete er zuvor noch einen anderen Dämon. Um mehr Kraft zu gewinnen. Ohne Blut vermag er seine Magie nicht richtig zu fokussieren. Und während der ganzen Zeit, in der der Magiegebundene starb, spürten wir anderen, wie das Leben und die Magie unseres Bruders in ein solches mit Gravuren versehenes Objekt flossen, wie du es jetzt trägst.«
Nun schloss auch Alexandrine die Augen, öffnete sie jedoch wieder, weil sie die Bilder nicht ertragen konnte, die in ihrem Kopf entstanden waren. Sie wollte ihm nicht glauben, doch das wenige, was sie über Magier und Dämonen gelesen hatte, passte zu dem, was er ihr gerade erzählt hatte. Nur war es natürlich aus einem anderen Blickwinkel beschrieben. So oder so fand sie es abstoßend.
» Wenn das Ritual beendet ist, lebt der Dämon weiter, dort drin. Gefangen, ohne Körper. Getrennt von der Sippe. Was ebenso schlimm ist, Alexandrine, denn Dämonen brauchen den geistigen Kontakt zu ihren Artgenossen.« Xias Blick schien nach innen gerichtet. » Du hörst die Schreie der Opfer noch tagelang in deinen Gedanken«, flüsterte er. » Du vergisst sie dein Leben lang nicht.«
Xias Blick klärte sich, und erneut zuckte Alexandrine zusammen. » Und dann brachte Magellan Rasmus bei, wie man uns unsere Macht ohne Umwege nehmen konnte, und es wurde noch schlimmer.«
Horror erfüllte sie, ließ sie erstarren. Was, um Himmels willen, konnte sie auf solche Scheußlichkeiten antworten?
» Auch dabei habe ich zugeschaut«, fuhr Xia fort. » Ich war dabei, stand neben deinem Vater, während er einen aus meinem Volk ermordete, nur damit er selbst ein paar Jahre länger leben konnte. Und ich war auch an seiner Seite, als er einen Talisman aufbrach, um die Magie zu stehlen, die noch darin vorhanden war.« Seine Hände schlossen und öffneten sich. » Und die ganze Zeit über habe ich mich gefragt, wann ich wohl an der Reihe sein würde.«
Noch immer erwiderte sie nichts. Wie denn auch? Wie sollte man seine Empfindungen in Worte fassen, wenn man gerade so entsetzliche Dinge erfahren hatte? In all den Jahren hatte sie sich immer wieder gefragt, wie ihr leiblicher Vater wohl sein mochte, und nun wusste sie es: böse.
Alexandrine berührte ihren Talisman. » Du behauptest allen Ernstes, dass dieses Ding lebt?«
» Es ist Leben darin.«
Eine Vorstellung, die ihr Übelkeit verursachte.
» Ein Talisman behält seine Macht nicht ewig«, fuhr er fort. » Sie
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