Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)
aufgefallen ist.«
» Nein.« Eine Mischung aus Zorn und Entsetzen erfüllte Alexandrine, gab ihr den Mut der Verzweiflung. Sie zerrte an der Schnur. Das Leder biss in ihren Hals, schnitt in die Haut. Der scharfe Schmerz zerrte sie aus ihrer Panik. Die Lederschnur riss. Alexandrine warf Xia den Talisman mit aller Entschlossenheit zu.
Sie beobachtete, wie der Stein in einem Bogen durch die Luft flog. Sah, wie Xia die Schnur fing. Der Talisman schwang hin und her, dunkel und hell, dunkel und hell.
Alexandrine hatte auf einmal das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Ihre Haut prickelte. Feuer flackerte in ihrem Kopf auf, und die Hitze wurde so groß, dass Alexandrine sicher war, sie würde gleich in Flammen aufgehen. Ihr gesamter Körper brannte. Ein Schauder durchlief sie, ihm folgte eine noch gewaltigere Hitze.
Und dann war der Talisman plötzlich wieder in ihrer Hand.
Vom Bett her meinte Xia: » Sag mir bloß nie wieder, dass du keine verdammte Hexe bist.«
» Ich habe das nicht getan.« Doch der Talisman lag in ihrer Hand, die beiden Enden der Schnur baumelten herunter.
» Leg ihn wieder um«, riet Xia.
» Ich will nicht.« Alexandrines Stimme zitterte. » Ich will dieses Ding nicht in meiner Nähe haben. Es ist grässlich.« Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf, ließ sich nicht unterdrücken. Was für ein pathetischer Laut das war. » Ich kann so nicht leben. Mit dem Wissen, was dieses Ding in Wirklichkeit ist. Ich will es auch nicht.«
Xia rutschte auf die Bettkante und streckte eine Hand aus. » Komm her.«
» Wozu?«
Er verzog das Gesicht. » Tu es einfach, ja?«
Sie legte ihre Hand auf seine, und er zog sie auf das Bett. Alexandrine kniete auf der Matratze, den Talisman in ihrer Hand, während Xia die gerissene Schnur zusammenknotete. Dann hängte er ihr den Talisman wieder um.
» Ich will ihn nicht.« Doch sie umklammerte den Talisman immer noch so fest, als hinge ihr Leben davon ab, dass sie ihn nicht losließ.
» Es wird eine Weile dauern, diese Abhängigkeit zu lösen, ohne dir Schaden zuzufügen«, sagte Xia. Seine Hand lag immer noch an ihrem Hals. » Hier kann ich nicht damit beginnen. Und auch nicht jetzt und sofort. Für diese Art von Magie muss man Vorbereitungen treffen. Verstehst du das?«
» Aber du wirst mich von diesem Ding befreien, ja?«
» Ja«, versprach Xia. » Das werde ich tun.« Vorsichtig löste er ihre Finger. » Ich möchte ihn mir nur noch einmal ansehen, ja?«
» Okay.« Dabei fühlte sie sich, als würde sie in zwei Hälften gerissen. Die eine wollte ihn nicht einmal das Amulett anschauen lassen, die andere, offensichtlich die schwächere Hälfte, wünschte sich, dass er den Talisman an sich nahm, weil sie selbst niemals die Kraft haben würde, sich von ihm zu trennen. Nicht noch einmal.
Schließlich legte sie ihm die Hände auf die Schultern, um sich abzustützen. Xia bewegte sich nicht mehr. Wurde so still wie eine Statue. Dann, nach einer Weile, lehnte er sich zurück und zog Alexandrine mit sich. Das Amulett schwang auf ihn zu, und er fasste es mit zwei Fingern.
Im selben Moment, als er den Talisman berührte, fiel Alexandrine in Xias Geist. Himmel, es war völlig verrückt. So etwas passierte nicht wirklich. Konnte nicht passieren. Leute verließen nicht einfach ihre Körper, um mal eben dem Kopf eines anderen einen Besuch abzustatten. Sie berührte Xias Geist, und was sie dort vorfand, ließ einen Schrei in ihrer Kehle aufsteigen.
9 n
Alexandrine fiel und fiel, ohne irgendeinen Halt zu finden, und als sie schließlich nicht länger herumgewirbelt wurde, war sie von Xias Geist umgeben.
Xia unternahm nichts. Noch nicht.
Vom ersten Moment an, in dem sie miteinander verbunden waren, wusste sie, dass er es war, erkannte sie sein Wesen. Erkannte, wie tief sein Hass ging. Dass er sie für das hasste, was sie war: eine Hexe. Rasmus Kesslers Tochter.
Und doch begehrte er sie auch, und das flößte Alexandrine Angst ein. All dieser Hass, der auf sie gerichtet war, verbunden mit diesem heftigen Verlangen.
Im Zentrum seines Geistes entdeckte Alexandrine ein tiefes, kaltes Universum, das im Gleichklang mit dem Schlag ihres Herzens pulsierte. Magie. Seine Magie. Überwältigende Magie.
Als ihre Benommenheit nachließ, teilte sie auch seine körperlichen Wahrnehmungen, spürte sie immer wieder in sich aufblitzen. Er umklammerte ihr Amulett so fest, dass die Kanten in seine Hand schnitten. Der scharfe Stein schmerzte auch sie. Mit der anderen Hand berührte Xia
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