Verfuehrerisches Geheimnis
Nachmittagsflut aus. Ich muss mein Pferd und meine Jagdhunde noch an Bord schaffen, doch ich schicke einen meiner Leute, der Euer Gepäck holen wird.« Patrick verbeugte sich knapp und ging.
Wie benommen und völlig hilflos sah Catherine Maggie an. »Es tut mir ja so Leid, dass ich dich in diese Katastrophe mit hineingezogen habe.«
»Schon gut, mein Mädchen. Am besten, du verschwindest eine Zeit lang vom Hof, bis der Wind sich wieder gedreht hat. Deine Mutter bewahrt dich davor, eingesperrt, ja sogar vielleicht für längere Zeit eingekerkert zu werden. Komm, schau nicht so traurig drein. Wir müssen packen.«
»Ich wünschte, ich könnte Bella eine Warnung zukommen lassen«, flüsterte Cat.
»Das schlag dir aus dem Kopf, Mädchen. Hier gibt es niemanden, dem du eine geheime Nachricht anvertrauen könntest. Jeder würde sie an deine Mutter weitergeben.«
»Maggie, allmählich wir mir klar, dass du der einzige Mensch auf der Welt bist, dem ich vertrauen kann.«
»Dann vertraue mir auch, wenn ich dir sage, dass Schottland gar nicht so übel ist. Es ist ein schönes Land, wenn ich auch zugeben muss, dass die Winter grausam sein können, aber wir reisen zur bestmöglichen Zeit.«
Als sie hinaufgingen, sahen sie, dass die Dienstboten bereits die Schrankkoffer vom Speicher geholt hatten. Zunächst war Catherine völlig ratlos, als sie vor ihrem Kleiderschrank stand. Dieses Gefühl verflog jedoch rasch, sie nahm sich zusammen und fasste einen Entschluss. Kaum hatte sie entschieden, die Initiative zu ergreifen und alles einzupacken, was sie besaß, hoben sich ihre Lebensgeister ein wenig.
Es wurde Mittag, bis die vier Schrankkoffer fertig waren und hinuntergeschafft werden konnten. Nur einer gehörte Maggie, und wieder empfand Catherine einen Anflug von schlechtem Gewissen. Sie ließ Skizzenblöcke, Stifte, Kohle und Wasserfarben in eine große Ledermappe gleiten und schloss diese. »Ich will mich nur noch rasch von Jasmine verabschieden.«
»Beeil dich. Die Köchin schickt den Lunch herauf. Du musst etwas essen, mein Lämmchen. Es wird ein langer Tag.«
»Ich bin nicht hungrig, Maggie.« Cats Appetit war auch in ruhigen Zeiten nicht groß, und wenn sie sich aufregte, hörte er auf zu existieren.
Im Stall musste Cat den Impuls unterdrücken, Jasmine zu satteln und einfach davonzugaloppieren. Bei näherer Überlegung wurde ihr jedoch klar, dass ihr einziger Zufluchtsort Spencer Park war und dies der erste Ort wäre, an dem ihre Mutter Nachschau halten würde. Sie drückte die Wange an Jasmines Flanke und raunte der kleinen Zelterstute zu, wie sehr sie sie vermissen würde. Den Tränen nahe befestigte Catherine ein Leitseil am Zaumzeug und führte Jasmine in die Stallungen der Hunsdons. Dort übergab sie die Zügel dem Stallmeister. »Ich gehe nach Schottland. Würdet Ihr Jasmine hier bei den anderen Pferden unterbringen, damit sie nicht so einsam ist?«
»Mit Vergnügen, Lady Catherine. Wie lange werdet Ihr fort sein?«
»Ach, nicht lange. Gar nicht lange«, entgegnete sie zuversichtlich.
Es war zwei Uhr, als Ian Hepburn mit einem Matrosen der Hepburn Rose eintraf. Cat staunte nicht schlecht, als die Männer die Koffer auf die Schultern wuchteten und hinuntertrugen. »Fahren wir in einem Wagen?«, fragte sie hoffnungsvoll.
»Nein, Mylady. Wir nehmen den Wasserweg. Eine Barke bringt uns von hier direkt zum Schiff im Pool of London.«
Cat versuchte, ihre Panik niederzukämpfen. Die gemächlich dahinfließende Themse musste nahe der London Bridge einige schaumgekrönte Stromschnellen überwinden, da das Pool genannte Hafenbecken, in dem die Schiffe andockten, im äußersten Osten der Stadt hinter dem Tower lag. Rasch entschloss sie sich, ihren Drahtreifrock lieber auszuziehen.
Was sie an Eleganz einbüßte, würde sie ohne diese teuflische Vorrichtung an Bequemlichkeit und Standfestigkeit gewinnen.
Cat gab ihre sicher aufbewahrten Skizzen nicht aus der Hand, als sie und Maggie den Männern zur Wassertreppe folgten. »Sind alle Schotten so groß und stark wie Ochsen?«
»Nein, Mädchen. Ich glaube, die Hepburns sind eine eigene Rasse.«
»Nun, dann sind sie sicher nicht von menschlicher Art« , stellte sie schaudernd fest.
Die Fahrt von Richmond zum Tower-Kai nahm zwei Stunden in Anspruch, da man gegen die Gezeitenströmung rudern musste. Ihr Boot hatte es beinah schon durch den Mittelbogen der London Bridge geschafft, als es von der Flut wieder zurückgetragen wurde. Es folgte ein neuer Versuch, bei dem
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