Verfuehrt
Woche, hörst du?«
Als sie gegangen ist, sieht Matteo mich an, und in seinen Augen liegt wieder der abweisende Ausdruck von vorhin.
»Dafür, dass du so viel über mich wissen willst, bist du selbst ziemlich sparsam mit deinen Informationen«, sagt er. »Warum hast du nie erwähnt, dass Sarah Huntington eine gute Freundin von dir ist? Du wusstest doch, dass ich sie kenne, oder nicht?«
Ich weiche seinem Blick aus, fühle mich ertappt, denn das hätte ich ihm wirklich sagen können.
»Weil ich dachte, dass …« Ich zucke mit den Schultern, weil die Begründung mir plötzlich unangenehm ist. »Ich dachte nicht, dass ihr euch begegnen würdet.«
Erst als ich es ausspreche, wird mir klar, wie wenig ich selbst bis jetzt daran geglaubt habe, dass aus Matteo und mir wirklich etwas werden kann. Deshalb wollte ich ihm von meinem Leben in London nicht erzählen – aus Angst, dass ich dann wieder einmal erkennen muss, dass er da niemals reinpasst.
Aber das ist jetzt anders. Jetzt kann ich es mir vorstellen – jetzt will ich es. Und das soll er wissen.
»Sarah hat mich übrigens eingeladen«, füge ich deshalb hinzu, als mir ihre Abschiedsworte wieder einfallen. »Also eigentlich nicht Sarah, sondern ihre Schwägerin, Grace, die ich auch kenne. Ihr wird nächste Woche eine Auszeichnung verliehen, bei einer Feier im ›Savoy‹. Vielleicht hättest du Lust, mich zu begleiten?«
Unsicher lächle ich ihn an und hoffe, dass er es als das versteht, was es ist: eine Einladung, an meinem Leben hier teilzuhaben. Wenn er das will.
Er antwortet jedoch nicht, sieht immer noch sehr ernst aus. Fast ein bisschen wütend. So als hätte ich etwas gesagt, was er lieber nicht hören möchte.
Als er gerade ansetzen will, etwas zu erwidern, klingelt mein Handy.
»Entschuldige«, sage ich und fische es aus meiner Tasche.
Es ist Dad.
»Bist du immer noch in Ashbury Hall?« Er klingt ungeduldig, deshalb blicke ich schnell zu der großen Standuhr, die in der Ecke laut vor sich hin tickt. Es ist halb elf, und ich habe heute Morgen keine Termine, das weiß ich definitiv.
»Ja«, bestätige ich ihm, während ich Matteo ein Zeichen mache und nach draußen gehe. »Wieso?«
»Weil ich dachte, dass du direkt ins Büro kommst.« Überrascht, dass in seiner Stimme Verärgerung mitschwingt, bleibe ich auf dem Flur stehen. »In drei Tagen steht die ›Roaring Twenties‹-Auktion an, und du weißt doch, wie viel davor immer zu tun ist.«
Ja, das weiß ich, denke ich. Aber ich weiß auch, dass es eigentlich nicht meine Aufgabe ist, mich darum zu kümmern.
»Dad, die Ausstellung hat Simon Boswell geplant, nicht ich. Ich habe gestern Morgen mit ihm darüber gesprochen und bin alles mit ihm durchgegangen, und soweit ich das sehe, hat er das ganz hervorragend im Griff. Es ist eine Chance für ihn, sich zu beweisen – du hast selbst gesagt, dass er sehr interessiert daran wäre, sein Praktikum bei uns in eine feste Stelle münden zu lassen. Deshalb bin ich gar nicht sicher, ob ich da eingreifen sollte.«
»Ich hätte es aber lieber, dass du das machst. Wenn Simon das nicht hinbekommt, wäre das sehr peinlich für uns«, entgegnet mein Vater, ohne auf mein Argument einzugehen, und ich spüre plötzlich Wut in mir aufsteigen, weil er mir das aufbürdet, obwohl es nicht nötig ist.
Er ist jetzt wochenlang ohne mich ausgekommen, aber seit ich zurück bin, verlässt er sich wieder blind auf mich, fragt mich ständig nach Dingen, die er auch gut selbst entscheiden kann, und erwartet, dass ich mich um alles kümmere. Es kann sein, dass er das unbewusst tut, weil er es einfach so gewohnt ist, schließlich bin ich sonst immer das Mädchen für alles gewesen. Oder vielleicht will er mir auch absichtlich das Gefühl geben, dass ich unabkömmlich bin – etwas, auf das ich gerade jetzt, wo es Mum so viel besser geht und ich gerne ein bisschen Zeit für mich hätte, gut verzichten könnte.
»Sophie?«, hakt er nach, weil ich so lange geschwiegen habe.
»Ja, ich komme gleich«, sage ich und höre ihn aufatmen.
»Beeil dich.« Er legt auf und lässt mich mit einem grummelnden Gefühl im Magen zurück.
Abrupt drehe ich mich um und gehe wieder in den blauen Salon.
Matteo sitzt nicht am Schreibtisch, wie ich dachte, sondern steht immer noch am Fenster und sieht nachdenklich nach draußen, was mich daran erinnert, dass er mir noch keine Antwort darauf gegeben hat, ob er mich zu der Feier im »Savoy« nächste Woche begleitet.
»Und?«, frage ich, als ich bei
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