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Verfuehrt

Verfuehrt

Titel: Verfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Taylor
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mit ansehen, wie meine Tochter leidet.«
    »So schlimm ist es nun auch wieder nicht, Mum«, beharre ich, doch sie schüttelt den Kopf.
    »Liebeskummer ist immer schlimm, Sophie.« Sie trinkt einen Schluck von ihrem Tee. »Warum fährst du nicht zu ihm?«
    Ihre Frage überrascht mich so, dass ich die Teetasse, die ich gerade zum Mund führen wollte, wieder sinken lasse.
    »Das geht nicht, Mum«, erkläre ich ihr und überlege, ob sie vielleicht doch wieder einen manischen Schub hat, weil diese Idee so absolut absurd ist. »Ich laufe ihm nicht nach, auf gar keinen Fall. Und außerdem … hat Matteo recht. Es hätte niemals funktioniert mit uns. Mein Leben ist hier. Dad braucht mich im Auktionshaus, und ich muss mich um dich …« In allerletzter Sekunde breche ich den Satz ab, doch Mum weiß, was ich sagen wollte.
    »Kümmern?« Sie seufzt tief und senkt den Blick, und als sie mich wieder ansieht, liegt erneut dieses traurige Lächeln auf ihrem Gesicht. »So sollte das nicht sein, Sophie. Das ist alles falsch gelaufen, und ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das tut. Ich hätte für dich da sein müssen die ganzen Jahre, nicht umgekehrt. Ich bereue es sehr, dass dein Vater und ich dir so früh schon so viel Verantwortung aufgebürdet haben. Du hast auch ein Recht auf dein eigenes Leben, du sollst nicht unseretwegen auf alles verzichten. Deshalb fahr nach Rom, wenn du das möchtest. Hol ihn dir zurück.«
    Ihre Einsicht erstaunt mich und zeigt mir einmal mehr, dass sie sich wirklich verändert hat. Aber auch wenn ich Matteo schrecklich vermisse und manchmal nicht weiß, wie ich es aushalten soll, ihn nicht zu sehen, kann ich nicht zu ihm fahren. Weil es reicht, mich an seinen Gesichtsausdruck zu erinnern, als er gegangen ist, um mich auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.
    »Danke, Mum.« Ich erwidere zaghaft ihr Lächeln. »Ich weiß das zu schätzen. Wirklich. Aber das würde nichts ändern.«
    »Vielleicht ja doch«, beharrt sie und greift über den Tisch nach meiner Hand. »Tu es, Sophie, fahr zu ihm und rede mit ihm, von mir aus, um ganz sicher zu sein, dass du ihn wirklich nicht mehr willst.«
    »Aber, Mum, das ist …«
    »Unvernünftig, ich weiß.« Sie verzieht ihren Mundwinkel und lächelt ein bisschen verlegen. »Und ich weiß auch, dass es wahrscheinlich seltsam klingt, wenn ausgerechnet ich dir das sage, Sophie. Aber so wie es jetzt ist, besteht dein Leben nur aus Arbeit und Pflichten, und das ist nicht gut. Ich wünsche mir mehr für dich. Du sollst glücklich sein, und dafür muss man manchmal ein Risiko eingehen. Und wenn es sein muss, auch unvernünftig sein. Das ist es doch, was das Leben spannend macht: die Überraschungen, mit denen wir nicht rechnen.« Ihr Blick ist jetzt eindringlich. »Denk auch an dich, Sophie, nicht immer nur an uns. Du brauchst etwas für dich, und du solltest tun, was nötig ist, um es zu bekommen.«
    Ich seufze. »Mum, glaub mir, ich brauche keine Überraschungen mehr, was Matteo angeht. Mein Bedarf ist gedeckt, wirklich.«
    Trotzdem gehen mir ihre Worte nach, als ich kurz darauf runter in meine Wohnung laufe, um noch ein paar Unterlagen zu holen, die ich heute Morgen hier vergessen hatte. Es ist wirklich merkwürdig, dass mir ausgerechnet meine Mutter so einen Ratschlag erteilt, denn sie war sehr lange die unvernünftigste Person, die mir einfällt, hat stets impulsiv gehandelt und Dad und mich damit in Atem gehalten. Ich dachte, sie wäre jetzt einfach nur froh darüber, dass sie ihre Krankheit – und sich – wieder im Griff hat. Dass sie dieses Spontane, Unkontrollierte, das einen so großen Teil ihres Lebens ausgemacht hat, so positiv sieht, überrascht mich.
    Aber hat sie vielleicht recht? Fehlt in meinem Leben etwas, weil ich mich so lange geweigert habe, irgendetwas zuzulassen, dass es durcheinanderbringt? Im Grunde lag es nicht an den äußeren Umständen, dass ich mich nicht verliebt habe. Ich hatte Angst davor, die Kontrolle zu verlieren – ich wollte nicht so sein wie Mum. Deshalb war ich übervorsichtig, habe niemanden an mich herangelassen. Die Arbeit, die immer vorgehen musste, und die Sorge um Mum waren eigentlich nur ein Schutzwall, und es gab keine Veranlassung, hinter ihm hervorzutreten. Dort war es zwar nicht spannend oder aufregend – aber dafür sicher.
    Doch als ich Matteo traf, haben meine Abwehrmechanismen einfach nicht funktioniert. Er hat mich so überwältigt, dass ich keine Chance hatte, es aufzuhalten, und mit ihm zusammen zu sein,

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