Verführt im Harem des Scheichs
würde Ramiz immer lieben. Nie würde ein anderer seinen Platz in ihrem Herzen einnehmen können.
Das war der Anfang und zugleich das Ende ihrer Geschichte. Denn dies war kein Märchen, dessen letzte Worten lauteten „… und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“.
Glücklicherweise hatte sie nie auf ein solches Ende gehofft. Sie würde Ramiz verlassen müssen, und es würde ihr irgendwie gelingen, ihren Schmerz vor ihm zu verbergen. Sie musste es tun, denn wenn er bemerkte, wie viel er ihr bedeutete, würde er sich verantwortlich fühlen. Und wer weiß, wozu sein Ehrgefühl ihn dann verleiten mochte.
Sie straffte die Schultern und schlüpfte in eine Abaya aus jadegrünem Brokat, die an den Säumen mit silberfarbenen Bändchen abgesetzt war. Es gab auch ein Paar dazu passende leichte Schuhe. Zum Schluss legte sie die Perlenkette an, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte.
Gut dachte sie, als sie jetzt noch einmal ihr Spiegelbild musterte. Die Perlen verliehen ihrer Haut einen seidigen Schimmer. Die an den Seiten geschlitzte Abaya betonte ihre schlanke und dabei weiblich gerundete Figur. Ihr Haar leuchtete in tiefem Kupferrot. Sollte sie einen Schleier tragen? Sie würde Ramiz danach fragen.
Ob er mit ihrer Erscheinung zufrieden war? Nun, zumindest gefiel sie ihm, wenn sie nackt war. Auch wenn er ihre Gefühle nicht erwiderte, so begehrte er sie doch mit einem Verlangen, das alles in den Schatten stellte, was sie bisher erlebt hatte. Sie, die sich früher als hässliches Entlein betrachtet hatte, fand sich schön, seit sie wusste, was er in ihr sah. Er hatte ihr ein neues Selbstbewusstsein geschenkt.
Er würde sich ihrer nicht schämen, wenn sie ihn gleich zu Scheich Farid begleitete.
Ramiz befand sich in einem Beratungsgespräch mit Akil. Er trug genau die Kleidung, die man von einem arabischen Prinzen erwartete: eine weiße Seidengalabija, die mit goldenen Borten verziert war, einen Gürtel, an dem die Scheide mit dem Scimitar hing, und eine weiße Ghutra, die mit einer goldenen Kordel an ihrem Platz gehalten wurde. Er sah so beeindruckend aus, dass Celia der Atem stockte.
Er seinerseits war zu beschäftigt, um ihr mehr als einen kurzen Blick zu gönnen. Denn während er Akil zuhörte, der ihm anscheinend eine Liste vorlas, wandte er sich immer wieder mehreren wartenden Dienern zu, um ihnen Anweisungen bezüglich der Geschenke zu geben, die Scheich Farid überreicht werden sollten.
Wenig später machte sich eine kleine Prozession auf den Weg zu Scheich Farids Zeltdorf. Die Spitze bildete Ramiz, neben dem der Hauptmann seiner Leibwache, ein riesenhafter Mann, ging. Er trug, ebenso wie alle anderen Wachen und Diener, eine Fackel. Dann folgte Celia, und direkt hinter ihr befand sich Akil, der von zwei weiteren Wächtern flankiert wurde. Den Schluss bildeten die restlichen Wachleute und die Bediensteten.
Scheich Farid erwartete sie bereits. Celia schätzte, dass der kleine Mann etwa im selben Alter war wie ihr Vater. Mit einer weit ausholenden Geste lud er die Gäste aus Balyrma in sein Zelt ein, das einfach, aber bequem eingerichtet war. Er selbst war unauffällig gekleidet. Zu einer schwarzen Galabija trug er eine rot-weiß gemusterte Ghutra. Die sechs Frauen allerdings, die zu seinem Haushalt gehörten, waren aufs Feinste herausgeputzt.
Ob er tatsächlich sechs Gattinnen hat, fragte Celia sich. Die Frauen, die über und über mit goldenen Armbändern, Fußreifen und Halsketten geschmückten waren, konnten jedenfalls nicht seine Töchter sein. Auch wirkte keine von ihnen wie eine unverheiratete Verwandte. Fasziniert betrachtete sie die Muster, die die Beduinenfrauen sich mit Henna auf Gesicht und Hände gemalt hatten. Sie erkannte Blumen und Blätter, aber auch alte Symbole, die sie nicht zu deuten wusste. Selbst die Fingernägel waren mit Henna gefärbt. Und die Augen waren mit schwarzem Khol umrandet. Keine der Frauen war verschleiert, und alle starrten Celia neugierig an. Als sie allerdings versuchte, ihre Blicke zu erwidern, senkten sie, eine nach der anderen, die Lider.
Ehe sie aufbrachen, hatte Akil ihr zugeflüstert, sie solle in seiner Nähe bleiben, solange Ramiz ihr keine anderen Befehle gab. Tatsächlich konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass Akil mit ihrer Anwesenheit grundsätzlich nicht einverstanden war. Wahrscheinlich machte er sich Sorgen, weil es nicht üblich war, Ausländer mitzunehmen zu Stammestreffen. Dass sie eine Frau war, verschärfte die Situation natürlich
Weitere Kostenlose Bücher