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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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hinhielt und biss an genau der Stelle hinein, die zuvor sein Mund berührt hatte. Ihre Zähne sanken tief in das krümelige Backwerk. Hingerissen machte sie die Augen zu und seufzte leise, als die verbotene Zuckersüße auf ihrer Zunge schmolz.
    Als Claremont mit dem kleinen Finger über ihre Unterlippe strich und eine feine Zimtspur fortrieb, riss sie die Augen entsetzt wieder auf.
    »Du meine Güte, Mr. Claremont«, keuchte sie. »Ihre Augengläser beschlagen ja!«
    »Muss der Nebel sein«, seufzte er und zog die Hand weg.
    Bevor er sich ganz zurücklehnen konnte, nahm Lucy ihm sacht das Binokel ab, um es an ihrem Rock zu polieren.
    Aber alles – Zukunft, Vergangenheit und Heute – war vergessen, als sie wie hypnotisiert in seine ungeschützten Augen aufblickte.
    Wie hatte sie ihn nur für einen Mann gemäßigten Temperaments halten können? Harmlos? Unschuldig? Sie hatte sich stets ihres feinen Urteilsvermögens gerühmt. Das Ausmaß ihrer Torheit traf sie schwer und erschütterte den kümmerlichen Rest ihrer Widerstandskraft. Das flirrende Braun seiner Augen war die Sünde selbst, der üppig-dekadente Schwung seiner Wimpern die Fleisch gewordene Versuchung. Sie sehnte sich danach, mit den Fingerspitzen über diese Wimpern zu streichen, die genauso herrlich aussahen wie die Banbury-Kuchen. Wobei ihr auffiel, dass sie da einen seltsamen Vergleich gebrauchte.
    Doch die argwöhnische Verletzlichkeit seiner Augen hielt sie davon ab, ihn zu berühren, und ließ ihn gefährlich wie nie erscheinen.
    Ohne seine Augengläser schien er tatsächlich besser zu sehen. Lucy war es gewohnt, dass man durch sie hindurchsah, als sei sie transparent. Sie war es nicht gewohnt, dass jemand in sie hineinsah. Sein forschender Blick durchdrang ihre kühle Fassade, als sähe er der einsamen Frau, die sich darunter verbarg, direkt in die Seele.
    Quälend klar meldeten sich Lucys eigene Sinne zurück. Sie wurde sich der nassen Transparenz ihres Kleides bewusst, des würzigen Dufts seiner feuchten Haut, der Einsamkeit der verregneten Lichtung, des winzigen Abstands ihrer beider Lippen. Der Admiral schien die ganze Zeit Recht gehabt zu haben, was ihre ererbten moralischen Defizite anging. Sie hatte sich in eine mehr als kompromittierende Situation gebracht. Falls dieser Mann sich entschloss, ihre Unbesonnenheit auszunutzen, würde sie nicht die Kraft haben, sich ihm zu widersetzen.
    »Lucy?«
    Sie schluckte schwer und stellte sich darauf ein, ihm zu geben, was immer er verlangte, und wenn es ihre Seele war. »Ja, Mr. Claremont?«
    »Könnte ich meine Augengläser zurückhaben? Ohne die Dinger bin ich blind wie eine Fledermaus, fürchte ich.«
    Lucy zwinkerte und traute ihren Sinnen nicht. Von einem Atemzug auf den anderen war Claremonts durchdringender Blick verschwunden. Er tastete herum und errettete sein Binokel aus ihren blutleeren Fingern.
    Ihr blieb keine Zeit, die seltsame Verwandlung zu hinterfragen, denn Claremont startete eine perfekte Parodie des Admirals, indem er schnaubend eines der Sauerteigbrötchen als Pfeife missbrauchte. Lucy hätte ihn für die Despektierlichkeit schelten sollen, aber sie brachte in ihrem erstickten Lachen kein einziges Wort des Tadels unter.
    Die Luft draußen war kühl, aber als die Zeit ihre Konturen verlor und zu einem wohltuenden Schleier verschwamm, wurde es warm in der Kutsche von ihren Witzeleien und dem behaglichen Prasseln des Regens auf dem Kutschendach.
    Sie hatten gerade die Bratäpfel und die Brötchen verputzt und probierten die Bonbons durch, als der Schlag der Kutsche aufflog.
    Lucy schnappte erschrocken nach Luft. Es war keiner der Diener, sondern Fenn höchstpersönlich, der schwankend draußen stand.
    »Wohin, der Herr?«, grölte er, ohne Lucy eines Blickes zu würdigen. »Das Ale ist alle. Sollen wir zum Boars Head laufen und noch ein Fässchen holen?«
    Claremont warf Lucy einen belustigten Blick zu. »Ich würde meinen, wir haben Fenns sittlichen Charakter hinreichend geschwächt. Es wird das Beste sein, wenn ich uns heimkutschiere.«
    Als er an ihr vorbeirutschte, um aus der Kutsche zu klettern, packte Lucy ihn am Kragen. »Danke, Mr. Claremont«, sagte sie.
    »Wofür?«
    Für Ihre Freundlichkeit. Dafür, dass Sie mich geneckt haben. Und zum Lachen gebracht.
    »Für das Abendessen«, sagte sie nur.
    Er legte kurz seine Hand auf ihre. »Das Vergnügen war ganz meinerseits.«
     
    Bevor Claremont Fenn den Weg abschneiden konnte, war der schon auf den Kutschbock gestiegen, agiler

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