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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Entgegnung ließ sie die Augen wieder öffnen. Er wühlte in ihrer Handtasche herum. »Ah!«, rief er aus und holte ein silbernes Ding heraus. »Wusste ich es doch, dass Sie eine Uhr hier drin haben. Und vermutlich auch ein Barometer und einen Sextanten, damit wir präzise Längen- und Breitengrad unserer Kutsche ermitteln können.« Er ließ die Uhr vor ihrem Gesicht herumbaumeln. »Genau, wie ich gedacht hatte: exakt zweiundzwanzig Uhr null.« Die Uhr verschwand wieder ins Täschchen. »Und was hat um exakt zweiundzwanzig Uhr null stattzufinden, Miss Snow?«
    Seine gute Laune war unwiderstehlich. Lucy versuchte, sich das Lachen zu verkneifen, und scheiterte. »Abendessen?«, schlug sie vor.
    Die Kutsche kam behutsam zum Halten. Lucy schob das Fenster herunter. Sie waren von glitzernden Baumstämmen umgeben. Hoch oben machte ein dichtes Blätterdach den Regen zu feinem Nebel. Wäre sie eine fantasiebegabte Frau gewesen, sie hätte geglaubt, der Dunst verzaubere den Wald.
    »Wo sind wir?«, flüsterte sie zögerlich, um nur ja nicht die Waldesruh zu stören.
    »Berkley Wood. Kennen Sie ihn?«
    »Natürlich. Genau wie jeder Straßenräuber in ganz London. Was haben Sie vor? Einen Raubüberfall provozieren?«
    Claremont verschränkte die muskulösen Arme über der breiten Brust und sah sie missmutig an. »Ihr Vertrauen in meine Fähigkeiten ist wirklich anrührend, Miss Snow.«
    Verwirrt von seiner männlichen Präsenz, betrachtete sie angestrengt ihre Hände. »Und was ist mit den Dienern?«
    »Die haben sich wahrscheinlich unter Fenns Ölzeug verkrochen und teilen sich ihr Ale.«
    Lucy hegte den Verdacht, dass er die Frage absichtlich missverstanden hatte. Würden die Bediensteten nicht über ihr Benehmen empört sein, hatte sie wissen wollen. Doch dann stellte sie schockiert fest, dass ihr das zum ersten Mal in ihrem Leben völlig egal war. Sie war ausgehungert, und Claremonts üppiges Festmahl war unwiderstehlich.
    Sie beäugte gierig die Würste. »Die sind doch nicht aus Katzenfleisch, oder?«
    »Natürlich nicht«, versicherte er und riss ihr eine ab. Lucy biss hinein und genoss den saftigen Geschmack. Claremont grinste. »Nur allerbester Foxterrier für die Tochter des Admirals.«
    Lucy würgte. Claremont reichte ihr ein Taschentuch und klopfte ihr auf den Rücken. »War nur ein Scherz. Hatten Sie als Kind etwa einen Hund?«
    Sie tupfte sich die feuchten Augen. »Oh nein. Vater hält nichts von Haustieren.«
    »Noch nicht mal zum Abendessen?«
    Lucy verschluckte sich schon wieder, diesmal aber vor Lachen. Claremont hielt ihr den Krug hin.
    Sie winkte ab, während sie noch nach Luft rang. »Ich trinke keinen Alkohol, Sir. Er schwächt den sittlichen Charakter.«
    Er lachte anzüglich und prostete ihr zu, bevor er den Krug an die Lippen setzte. »Ganz genau.«
    Lucy befeuchtete mit der Zunge die trockenen Lippen. »Ein winziger Schluck vielleicht …?«
    Er reichte ihr den Krug. Sie wischte akribisch den Rand ab, bevor sie ihn ansetzte. Zu spät begriff sie, was sie da getan hatte. Zögernd sah sie auf und sah Claremont sie amüsiert betrachten.
    »Sorgen Sie sich nicht, meine Liebe. Die Krankheiten, an denen ich leide, bekommt man nicht, indem man mit mir aus demselben Krug trinkt.«
    Lucy spürte, wie ihre Wangen vor Verlegenheit rot wurden. Sie nahm einen Schluck und zog eine Grimasse. Doch der bittere Geschmack wurde von der Wärme wettgemacht. Sie gab den Krug zurück. Claremont zuckte provozierend eine Augenbraue hoch und setzte den Krug an genau jener Stelle an, die zuvor Lucys Lippen gewärmt hatten. Er leckte mit der Zungenspitze einen Tropfen ab.
    Benommen von der gezielt intimen Geste, griff Lucy geistesabwesend nach einem Banbury-Kuchen.
    Claremont packte sie am Handgelenk. »Oh nein! Das werden Sie nicht tun! Als Ihr Leibwächter koste ich das besser vor. Das Zeug könnte schließlich …«, er senkte dramatisch die Stimme, »… vergiftet sein.«
    Er biss hinein. Dann hielt er ihr den Kuchen hin. Aber als Lucy danach greifen wollte, zog er ihn weg. Die süße Verlockung tauchte nur einen Fingerbreit von ihrem Mund entfernt wieder auf. Lucy starrte Claremont wütend an. Nie zuvor hatte es jemand gewagt, sie zu necken. Recht geschah es ihm, wenn sie ihm in die Finger biss und nicht in den Kuchen.
    Aber mit einem weiblichen Instinkt, den sie gar nicht bei sich vermutet hätte, entschied sie sich für eine feinsinnigere Revanche. Sie ignorierte die unversehrte Seite des Kuchens, die Claremont ihr

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