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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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zuliefen.
    Als Claremont sich gerade aufrichtete, war Lucy schon um die nächste Ecke und blickte zurück. Claremont suchte mit den Augen die Menge nach ihr ab. Die Sorge in seinem Gesicht beschämte sie, doch sie machte sich klar, dass er sich eher um seinen nächsten Monatslohn sorgte als um ihr Wohlergehen. Sie raffte gerade das Cape zusammen, um zum nächsten Versteck zu laufen, als eine Hand sie am Arm packte, eine würzig duftende Hand mit ingwergelben Sprengseln.
    Claremonts Miene war entschlossen wie nie, als er sie in Richtung Kutsche zurückeskortierte.
    Sie stolperte vor ihm her und war sich schmerzlich der neugierigen Blicke der Passanten bewusst. »Wo gehen wir hin? Das Theater ist in der anderen Richtung.«
    »Ich bringe Sie nicht zum Theater. Ich bringe Sie nach Hause. Ich habe hier eine Aufgabe zu erfüllen, aber wenn Sie sich wie ein ungezogenes Kind benehmen, bleibt mir nichts anderes übrig, als Sie auch wie eines zu behandeln.«
    »Sie sind mein Leibwächter und nicht mein Kindermädchen. « Lucy versuchte erfolglos, sich mit den Füßen auf dem Pflaster festzustemmen.
    »Hören Sie sofort damit auf! Sie machen uns zum öffentlichen Spektakel. Wollen Sie einen Skandal provozieren?«
    Ohne Vorwarnung schob er sie in eine verlassene Gasse, verlegte das Spektakel an einen ungestörteren Ort. Plötzlich schien das beruhigende Geschnatter der Menge sehr weit weg zu sein.
    Als er sie zu sich herumdrehte, die Hand nach wie vor wie einen Schraubstock um ihren Arm gelegt, begriff Lucy, dass sie ihr Ziel erreicht hatte. Alle Gleichgültigkeit war, von brennendem Zorn besiegt, aus seinem Blick verschwunden. Er türmte sich über ihr auf, die vertrauten Züge von Schatten verdunkelt, der warme, mächtige Körper keine Zuflucht mehr, sondern Drohung.
    Das hier war nicht das Phantom einer mitternächtlichen Fantasie, das die Morgendämmerung schnell vertrieb. Das hier war ein Mann – turmhohe animalische Männlichkeit, gestählt von Jahren der Lebenserfahrung.
    Lucys Triumph hatte einen bittersüßen Geschmack. Sie konnte nur zu ihm aufspähen und sich das Zittern verbeißen.
    »Wir wollen doch nicht etwa den kostbaren Ruf Ihres Vaters beschädigen, oder, Miss Snow?«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Sie werden jetzt mitkommen, oder – Gott ist mein Zeuge – ich trage Sie.«
    Lucy schob nachdenklich die Unterlippe vor, doch der Admiral hatte sie seit ihrer Geburt gelehrt, dass es keine Schande war, zu kapitulieren, wenn der Feind besser bewaffnet und in der Überzahl war. Was in Mr. Claremonts Fall beides zutraf.
    »Also gut«, sagte sie.
    Er drehte sich um und ging im Glauben, sie werde ihm folgen, zur Straßenecke voraus. Doch die Niederlage ließ Lucy kühn werden. Ihr Handschuh flatterte aufs Kopfsteinpflaster. »Aber zuerst heben Sie mir den Handschuh auf.«
    Claremont drehte sich auf dem Absatz um und starrte den zierlichen Seidenfetzen an, der wie ein Fehdehandschuh zwischen ihnen lag. Ein ungläubiges Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Die grimmig gute Laune verschreckte Lucy mehr, als sein Zorn es getan hatte. Sie trat einen Schritt zurück und stieß mit den Schultern an eine rußige Ziegelmauer.
    Claremont stocherte mit dem Finger in ihre Richtung. »Sie dürfen Ihren verfluchten Handschuh allein aufheben, meine Liebe. Sie dürfen Ihren Stickrahmen allein halten und Ihre verdammten Stifte selber spitzen. Ich habe genug davon, von Leuten wie Ihnen auf Schnitzeljagd geschickt zu werden. Ich bin nicht Ihr Kindermädchen, und Ihre Kammerzofe bin ich auch nicht. Und meinetwegen können Sie jetzt heulend zu Ihrem Vater zurücklaufen. Sie beide haben einander nämlich verdient.« Er warf ihr die Handtasche hin, und Lucy reagierte gerade noch schnell genug, bevor sie zu Boden fiel. »Ich kündige!«
    Als er sich zum Gehen wandte, die breiten Schultern dunkel im kläglichen Licht der Laternen, befiel Lucy die Panik. Was, wenn sie ihn nie mehr zu sehen bekam? Was, wenn er im Gewimmel untertauchte und so abrupt aus ihrem Leben verschwand, wie er gekommen war? Ein schmerzhafter Stich durchzuckte ihr Herz.
    Sie schaute sich hektisch auf der verlassenen Gasse um und suchte verzweifelt nach einem Vorwand, ihn zum Bleiben zu bewegen. »Sie können mich nicht einfach so stehen lassen«, heulte sie. »Was, wenn Captain Doom mich entführt?«
    Er machte eine höhnische Armbewegung. »Der käme Ihnen doch durchaus gelegen, wenn Sie mich fragen. Gott sei dem armen Mann gnädig.«
    Die neuerliche

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