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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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blechernen Musik zu entgehen, doch ihr blieb als Zuflucht nur die Kutsche, und das wiederum hieß, sich Gerard Claremont zu stellen, und zwar ohne den zweifelhaften Schutz durch den Admiral. Die Aussicht schürte frischen Verdruss und färbte Lucys Wangen.
    Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass keiner sie beobachtete, schnappte sie sich ein sprudelndes Glas Champagner von einem stehen gelassenen Tablett und leerte es in einem einzigen, gierigen Zug. Als sie das Glas sinken ließ, begriff sie, dass sie schon wieder einem gravierenden Irrtum erlegen war.
    Es beobachtete sie durchaus jemand.
    An der marmornen Kamineinfassung lehnte nonchalant ein Fremder, den der wunderbar geschnittene Abendanzug und die schwarze Maske gleichermaßen elegant wie gefährlich wirken ließen. Er verzog belustigt den Mund, hob das Champagnerglas und prostete Lucy spöttisch zu.
    Bestürzt, zum Opfer solch schamloser Koketterie geworden zu sein, duckte Lucy sich zwischen den Tanzenden weg und hoffte im wirbelnden Durcheinander verschwinden zu können. Doch als sie über die Schulter zurückschaute, war der Fremde immer noch da.
    Und beobachtete sie. Sein hitziger Blick streichelte ihre nackten Schultern.
    Eine unerklärliche Panik erfasste Lucy. Ihr war, als säße sie in der Falle, unschuldige Beute eines meisterlichen Jägers. In ihrer Verzweiflung schnappte sie sich Sylvies achtjährigen Bruder Christopher aus dem Kreis seiner Freunde.
    »Tanz mit mir«, zischte sie. »Oder ich sage deinem Tanzlehrer, dass er dir die Ohren lang ziehen soll.«
    »Ich ha-hab noch gar keinen Tanzlehrer, Miss Lucy«, stammelte er.
    »Dann zieh ich dir selber die Ohren lang.«
    Christopher verkniff sich jeglichen Protest. Ein Mädchen, das es mit Captain Doom aufnahm, hatte vermutlich mächtig Kraft. Also holperten sie unbeholfen über die Tanzfläche, Lucy mit geziertem Getrippel, um sich Christophers kleinen Schritten anzupassen. Sie schaute über seinen Kopf zum Kamin, und ihr blieb fast das Herz stehen, als sie ein Stück entfernt einen Mann entdeckte, doch der blickte mit faden hellblauen Augen durch die schwarze Maske. Zwei-, dreimal glaubte sie, den beunruhigenden Fremden erneut ausgemacht zu haben, doch jedes Mal war er sofort wieder untergetaucht. Rätselhaft. Unfassbar. Provozierend.
    »Miss Lucy?«
    »Ja, Chris?«, erwiderte sie geistesabwesend und auf Zehenspitzen balancierend, des besseren Überblicks wegen.
    »Die Musik hat aufgehört. Darf ich gehen?«
    Lucy ließ das Getrippel sein und schaute in sein Engelsgesicht herab. »Natürlich. Und herzlichen Dank, Chris. Das war sehr galant von dir.«
    Er verbeugte sich ungelenk und bekam glühende Apfelwangen. Lucy seufzte tief, während Chris zu seinen kichernden Freunden zurückhastete. Jetzt, wo sie sich der unerwünschten Aufmerksamkeit ihres maskierten Bewunderers entledigt hatte, fühlte sie sich noch elender als zuvor. Sie entschloss sich, der Farce zu entfliehen, zu welcher der Abend für sie geworden war, doch eine breite Männerbrust schnitt ihr den Weg ab, und ein Kristallkelch voller goldenen Geschäums tauchte vor ihrem Gesicht auf.
    »Champagner?« Der kräftige Bariton brachte ihren Pulsschlag zum Rasen.
    Wild entschlossen, dem unverschämten Schürzenjäger die Abfuhr zu verpassen, die er verdiente, drehte sie ihm den Rücken zu und dachte lieber nicht daran, dass der Kerl ihr gerade dabei zugesehen hatte, wie sie ihr Champagnerglas mit der Routine eines gewohnheitsmäßigen Trinkers geleert hatte. »Nein, danke, Sir. Ich trinke keinen Alkohol.«
    Seine Stimme war seidig und verführerisch und so nah an ihrem Ohr, dass sein warmer Atem die feinen Härchen an ihrer Schläfe bewegte. »Genau die richtige Einstellung, würde ich meinen. Wir wollen doch Ihren sittlichen Charakter nicht schwächen, nicht wahr, Miss Snow?«
    Lucy schoss herum. Die haselnussbraunen Augen unter der Maske schlugen sie in ihren Bann. Hoffnung und Zorn wüteten in ihrem Herzen. Ihre Lippen formten schon ein entrüstetes Oh, aber bevor sie die erboste Tirade noch loslassen konnte, hatte ihr Leibwächter schon sachte das Sektglas an ihre Unterlippe gedrückt. Ihre Blicke trafen einander, während Lucy durstig und ohne zu zögern das Glas leerte.
    Gerard brauchte keinen Champagner. Ihn berauschte allein schon Lucys beim Trinken anmutig geschwungener Hals und die verführerische rosa Zungenspitze, die einen irregeleiteten Tropfen aus dem Mundwinkel leckte.
    Er drehte den zerbrechlichen Hals des Sektglases

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