Verfuehrt, Verlobt - Verraten
stürzen.“
Er hielt die Tür für sie auf, damit sie einsteigen konnte. „Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich zwei Tage für meinen Aufenthalt angesetzt. Erklären Sie mir doch, wie Sie von zwei Tagen zu einer Woche kommen.“ Er schlug die Tür zu und lehnte sich zum offenen Fenster hinein.
Er war ihr viel zu nah. Caroline hatte plötzlich Mühe zu atmen. „Ich weiß“, hauchte sie. Er machte keinerlei Anstalten, sich zurückzuziehen und ihr mehr Platz zu lassen. „Aber Sie haben mich wütend gemacht.“
„Ich habe Sie wütend gemacht?“, wiederholte er ungläubig.
Caroline nickte stumm und starrte trotzig geradeaus, auch wenn sie sich bewusst war, dass sein Blick sich in ihr Profil bohrte. Als er dann endlich um den Wagen herumging und auf den Fahrersitz glitt, ließ sie erleichtert die Schultern sacken.
„Wie, glauben Sie, fühle ich mich, dass Sie mich mit dem Rücken so gegen die Wand gedrückt haben?“, fragte er.
„Das hatten Sie verdient!“
„Sie haben wirklich Nerven.“ Kies spritzte auf, als er mit durchdrehenden Reifen anfuhr. „Ich bin nicht hier, um Urlaub zu machen.“
„Das ist mir klar. Das haben Sie gestern Abend sehr deutlich werden lassen.“
„Ich hatte Ihnen mein Wort gegeben, dass ich am ersten Tag nicht von Geld spreche. Ich habe mein Wort gehalten.“
„Nur haben Sie sich auch nicht die geringste Mühe gegeben, um einen Draht zu Alberto zu finden. Sie haben einfach nur dagesessen und abfällig den Mund verzogen. Na schön, vielleicht war meine Andeutung, dass Sie länger bleiben als geplant, unnötig …“
„Sie sind eine Meisterin der Untertreibung.“
„… aber als Sie Ihre Mutter erwähnten, sah ich schon den Streit, der sich anbahnte. Ich wollte ablenken und habe das Erste gesagt, was mir in den Kopf schoss. Hören Sie, es tut mir leid, Sie können sich wahrscheinlich gar keine Woche freinehmen. Ich werde Alberto sagen, dass ich das falsch verstanden habe. Aber ich musste einfach etwas tun, um die Atmosphäre zu entspannen.“
„Sie hätten erst nachdenken sollen, bevor Sie den Mund so weit aufreißen. Ich nehme an, dass das ‚Plaudern‘ damit erledigt ist?“
„Es war ein bizarrer Abend. Alberto hat sich wirklich bemüht. Er hat sogar verstanden, dass Sie noch arbeiten mussten. So als hätte er nichts dagegen, dass sein Sohn nach Jahren zum ersten Mal wieder zu Besuch kommt, kaum etwas zum Gespräch beiträgt und dann auch noch verschwindet, um zu arbeiten.“
Giancarlos Gewissen meldete sich. Der Abend war ganz anders verlaufen, als er sich vorgestellt hatte. Inzwischen war er nicht einmal mehr sicher, was genau er erwartet hatte. Er wusste nur, dass der Mann, den er gestern Abend nach Jahren wiedergesehen hatte, nicht mit dem Bild zu vereinbaren war, das dank Adrianas bitterer Klagen in seinem Kopf lebte. Mit dem Bild, das es ihm so leicht gemacht hatte, den Mann zu verachten.
Zum einen stand fest, dass es um Albertos Gesundheit tatsächlich so schlimm bestellt war, wie Caroline behauptet hatte. Zum anderen hatte es ihn überrascht, dass in dem steifen Gespräch nichts von der Boshaftigkeit und Verbitterung über die Vergangenheit und eine miserable Ehe zu spüren gewesen war, wie er es jahrelang von seiner Mutter gewohnt gewesen war. Zwar hatte er sich zurückgezogen, um zu arbeiten, doch dazu war er gar nicht gekommen. Stattdessen hatte er versucht, die gänzlich unterschiedlichen Informationen irgendwie zu ordnen.
Und mit jeder Minute, die verging, schien ihm die Gegend hier immer vertrauter. „Vielleicht …“, er betrachtete die vorbeiziehende Landschaft, „… sind ein paar Tage mal etwas anderes als Mailand gar keine so schlechte Idee.“ Und sobald er es aussprach, wusste er, dass es die richtige Entscheidung war.
„Wie bitte?“
„Ich würde es nicht unbedingt Urlaub nennen, aber ein Tapetenwechsel kann nicht schaden.“ Er sah zu Caroline. Der Fahrtwind hatte ihren Zopf schon jetzt auseinandergezupft. Wenn sie sich die Strähnen immer wieder zurückstrich, so kämpfte sie einen aussichtslosen Kampf.
„Vermutlich machen Sie nie Urlaub, oder?“ Vielleicht würden ein paar Tage mit Alberto in der Villa seine Sichtweise ja ändern, vielleicht sah er dann nicht mehr alles nur schwarz oder weiß.
„Zeit ist Geld.“
„Mag sein, aber zum Leben gehört mehr als Geld.“
„Stimmt. Leider braucht man häufig Geld, um sich diese anderen Dinge leisten zu können.“
„Wieso haben Sie sich plötzlich doch entschieden zu
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