Verfuehrt, Verlobt - Verraten
schließlich genug davon hatten und rebellierten. Und die ganze Zeit über schmunzelte Alberto vergnügt und lachte leise, aber wirklich wohl und entspannt fühlte er sich nicht, das konnte Caroline sehen.
Während sie redete und redete, war sie sich bewusst, dass Giancarlos dunkler Blick auf ihr lag. Nur konnte sie sich nicht dazu überwinden, ihn anzusehen. Etwas an seiner Art ließ sie sich unwohl in der eigenen Haut fühlen. Seine tiefe Stimme jagte ihr einen Schauer nach dem anderen über den Rücken, und sie brannte vor Verlegenheit.
Bis sie in den kleinen Salon zurückkehrten, um den Kaffee dort zu nehmen, war Caroline regelrecht erschöpft. Auch konnte sie sehen, dass Albertos Kraft rapide nachließ. Giancarlo dagegen wirkte noch immer so kühl wie bei seiner Ankunft.
„Wie lange bleibst du, mein Junge? Du solltest auf den See hinausfahren, das Wetter bietet sich dafür an. Du bist doch immer gern gesegelt. Obwohl … das Segelboot ist natürlich nicht mehr da. Weshalb hätte ich es auch behalten sollen, nicht wahr, nachdem …“ Abrupt brach Alberto ab.
„Nachdem was, Vater?“
„Ich denke, es ist Zeit für dich, zu Bett zu gehen, Alberto“, mischte Caroline sich ein. Sie spürte, dass das Gespräch in eine gefährliche Richtung schwenkte. „Der Arzt hat gesagt, dass du dich nicht überanstrengen darfst. Ich sage Tessa Bescheid, damit sie dich holt.“
„Nachdem du und deine Mutter gegangen waren.“
„Ah, du erkennst also an, dass du einmal eine Ehefrau gehabt hast. Man hätte meinen können, du hättest sie komplett aus deiner Erinnerung gestrichen.“ Bisher war Adriana mit keinem Wort erwähnt worden. Beide Männer hatten die Vergangenheit vorsichtig umrundet, so als hätte sie nie existiert, und Alberto hatte sich von seiner besten Seite gezeigt. Jetzt wartete Giancarlo darauf, dass seine wahre Natur zum Vorschein kommen würde – der eiskalte, unnachgiebige Mann, der nie vor einem Streit zurückgescheut war.
„So etwas habe ich nie getan, mein Sohn.“
Albertos leise Erwiderung überraschte Giancarlo, und Caroline mischte sich hastig wieder ein.
„Zeit, zu Bett zu gehen, Alberto.“ Sie stand auf und sah Giancarlo vorwurfsvoll an. „Ich lasse nicht zu, dass Sie Ihren Vater aufregen.“ Es stimmte, Alberto war die Erschöpfung anzusehen. „Er war sehr krank, und dieses Gespräch führt zu nichts.“
„Übertreib nicht, Caroline.“ Doch Alberto tupfte sich immer wieder mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.
„Sie …“, sie richtete einen drohenden Zeigefinger auf Giancarlo, „… bleiben genau da sitzen, während ich Tessa hole. Und danach habe ich Ihnen einiges zu sagen.“
„Der Junge will über seine Vergangenheit reden, Caroline. Deshalb ist er hier.“
Caroline schnaubte verächtlich, ohne Giancarlo aus den Augen zu lassen. Wenn Alberto wüsste!
„Ich gehe jetzt Tessa Bescheid sagen“, wandte sie sich an ihren Arbeitgeber, „und morgen wird deine Routine wieder strikt eingehalten. Dein Sohn bleibt einige Tage hier, ihr habt also genug Zeit, um in Erinnerungen zu schwelgen.“
„Einige Tage?“
Beide Männer stießen die Worte gleichzeitig aus, Giancarlo entrüstet, Alberto mit vorsichtiger Hoffnung. Caroline entschied sich, Giancarlo das bestätigende Nicken zukommen zu lassen.
„Vielleicht sogar eine ganze Woche“, zischelte sie ihm zu. Wenn sie schon Ärger provozierte, dann sollte es sich wenigstens lohnen. „Hatten Sie das nicht gesagt?“ Sie konnte selbst kaum fassen, was sie hier von sich gab. Sie hasste Konfrontationen! „Alberto, du brauchst dir keine Gedanken darüber zu machen, wie du deinen Sohn unterhalten musst, denn morgen fahren wir beide zusammen auf den See hinaus.“
„Wir beide gehen segeln?!“
„Richtig, wir beide zusammen. Und wir plaudern ein wenig.“ Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass Giancarlo jetzt nicht zu lautstarkem Protest gegen die Tageseinteilung, die sie so resolut bestimmte, anheben würde. Einen Streit würde Alberto nach diesem grässlichen Abend nicht mehr verkraften.
„Hast du nicht immer gesagt, dass du nicht segeln kannst, Caroline?“, wandte Alberto murmelnd ein.
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe von knapp einem Meter fünfundsechzig auf. „Ich freue mich schon darauf, es zu lernen.“
„Du hast auch gesagt, dass du auf dem offenen Wasser Angst bekommst.“
„Ängste überwindet man, indem man sich ihnen stellt“, behauptete sie großspurig und floh aus dem Zimmer, bevor
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