Verfuehrt, Verlobt - Verraten
war, und sie mit dem Tablett mit Kaffee, heiß, stark und schwarz, und einem Teller mit gebuttertem Toast wieder in den Salon zurückkam.
Denn sie hatte damit gerechnet, dass Giancarlo verschwunden sein würde, doch er saß noch genau dort, wo sie ihn vorhin zurückgelassen hatte. Allerdings hatte er sein Glas nachgefüllt. Sanft aber entschieden nahm sie es ihm aus den Fingern, nachdem sie das Tablett auf das Tischchen neben ihm gestellt hatte. Sie zog sich einen der Stühle heran und setzte sich vor Giancarlo hin.
„Was tust du überhaupt hier? Wolltest du das Duell im Morgengrauen nicht verpassen?“
„Du solltest etwas essen.“ Sie drängte ihm einen Toast auf, und er besah sich die Scheibe so genau, als hätte er ein solches Ding nie zuvor gesehen.
„Du bist ein äußerst fürsorgliches Wesen, Caroline Rossi. Das hat man dir bestimmt schon öfter gesagt. Ich kenne niemanden, der Kaffee und Toast für mich macht, weil er glaubt, ich hätte zu viel getrunken. Obwohl …“ Er stützte sich mit den Ellbogen auf die Armlehnen und setzte sich auf. „… ich trinke nie zu viel, schon gar nicht in Gesellschaft von Frauen.“ Trotzdem biss er herzhaft in die Toastscheibe.
„Also, was ist passiert?“, fragte Caroline. „Ich will nicht neugierig sein, aber …“
„Aber du bist es, nicht wahr?“ Er nahm die dampfende Kaffeetasse von ihr entgegen und trank einen Schluck. „Dir liegt schließlich viel am Wohlergehen meines Vaters.“
„Wir können auch morgen reden, wenn es dir im Moment nicht gut geht.“
„Da ist schon mehr als eine halbe Flasche Whiskey nötig, damit es mir nicht gut geht. Ich habe die Konstitution eines Ochsen. Ich habe einen Fehler gemacht.“
„Ich weiß, das sagen die Leute immer, wenn sie zu viel getrunken haben. Nie wieder Alkohol, sagen sie dann auch.“
„Du verstehst nicht. Ich habe einen riesigen Irrtum begangen. Um mich kurz zu fassen: Du hattest recht, ich dagegen lag völlig falsch.“ Seufzend rieb er sich die Augen. Er versuchte aufzustehen, gab dieses Vorhaben dann jedoch lieber auf. „Ich kam hier an, fest entschlossen, Gerechtigkeit einzufordern und ausstehende Schulden einzutreiben. Tja, leider ist der immer unfehlbare Giancarlo von den falschen Fakten ausgegangen.“
„Wovon redest du da, Giancarlo?“
„Man hat mir immer eingeredet, Alberto sei der verbitterte Exmann, der sichergestellt hatte, dass meine Mutter bei der Scheidung so wenig wie möglich bekam. Man hat ihn mir als Monster beschrieben, als einen Mann, der die Eigenständigkeit seiner Frau nicht verkraften konnte. Aber man hat mich nur die halbe Wahrheit wissen lassen. Du warst diejenige, die mir gesagt hat, dass es immer zwei Seiten gibt.“
„Normalerweise schon.“ Aus Mitgefühl für ihn zog sich ihr Herz zusammen. Giancarlo war nicht an Selbstzweifel gewöhnt, deshalb hatte er Trost im Alkohol gesucht. Sie unterdrückte das Bedürfnis, die Hand auszustrecken und die tiefen Falten von seiner Stirn zu streichen.
„Meine Mutter hatte immer wieder Affären. Zur Zeit der Scheidung war sie mit einem Mann liiert, der sich als Schwindler und Betrüger entpuppte. Sie erhielt eine enorm hohe Abfindung von meinem Vater, nur überließ sie das Geld einem gewissen Bertoldo Monti, weil er es angeblich investieren und das Dreifache herausholen wollte. Nun, er hat sich mit der gesamten Summe abgesetzt. Alberto hat mir die Briefe meiner Mutter gezeigt, in denen sie ihn um mehr Geld anfleht. Er unterstützte sie also weiterhin, und als Dank dafür hat sie den Kontakt zwischen Vater und Sohn unterbunden. Sie hat behauptet, ich wolle meinen Vater nicht sehen. Die Briefe, die er mir geschrieben hat, sind ungeöffnet wieder zu ihm zurückgekommen. Er hat sie alle behalten.“
Seine Stimme klang rau vor Emotionen. „Ich vermute, dass ich meine gute Ausbildung nur der Tatsache zu verdanken habe, dass Alberto das Schulgeld direkt an die Privatschule überwiesen hat. Hätte er es an meine Mutter gezahlt, hätte sie es sicher ebenfalls für sich ausgegeben oder mit einem ihrer zahllosen Liebhaber durchgebracht.“
„Ich bin sicher, sie hat nie gedacht, dass sie etwas Falsches tut.“
„Ein unverbesserlicher Optimist, was?“ Er lachte harsch auf und musterte sie fragend. „Genau wie mein Vater. Wie es scheint, habt ihr mehr gemein als gedacht. Er hat sich ähnlich ausgedrückt – dass sie unglücklich war. Er arbeitete zu viel, und sie langweilte sich. Er fühlt sich noch heute schuldig, weil er sich
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