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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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bevor sie sagte: „Ich sollte wohl verständnisvoller sein.“
    Darauf stieß er die Luft aus und rieb sich über Augen und Stirn. Verdammt, er war so müde. Letzte Nacht hatte er kein Auge zugetan, und eine von all den schlaflosen Stunden hatte er damit verbracht, sie zu begehren, was ziemlich unbehaglich gewesen war. Und jetzt benahm sie sich so ?
    „Bitten Sie nicht um Verzeihung“, sagte er erschöpft.
    Sie machte den Mund auf und klappte ihn wieder zu. Vermutlich wollte sie ihn um Verzeihung bitten, dass sie ihn um Verzeihung gebeten hatte.
    Er nahm noch einen Schluck.
    Wieder verstand sie den Wink nicht. „Was werden Sie tun?“
    „Heute Nachmittag?“, murmelte er, obwohl er sich natürlich im Klaren darüber war, dass sie es anders gemeint hatte.
    Sie warf ihm einen verärgerten Blick zu.
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte er gereizt. „Es ist erst ein paar Stunden her.“
    „Also, nun ja, aber Sie denken doch schon seit über einer Woche darüber nach. Und auf dem Schiff waren Sie sich ziemlich sicher, dass die Geschichte so enden würde.“
    „Das ist nicht dasselbe.“
    „Aber …“
    „Meine Güte, Amelia, würden Sie es endlich gut sein lassen?“
    Sie setzte sich zurück, worauf er seinen Ausbruch sofort bereute. Aber nicht so sehr, dass er sich dafür entschuldigt hätte.
    „Ich sollte gehen“, meinte sie mit ausdrucksloser Stimme.
    Er würde sie gewiss nicht zurückhalten. Versuchte er nicht schon die ganze Zeit, sie loszuwerden? Sie würde durch die Tür hinausgehen, und dann hätte er endlich etwas Ruhe und Frieden und bräuchte nicht die ganze Zeit dasitzen und sich Mühe geben, sie nicht anzusehen.
    Ihre Lippen.
    Die Stelle, über die sie sich immer leckte, wenn sie nervös war.
    Doch als sie aufstand, meldete sich etwas in seinem Inneren – dieser ärgerliche kleine Kern Integrität, der sich einfach weigerte, sich wie der Rest seiner Identität von ihm zu verabschieden.
    Verdammt.
    „Sind Sie in Begleitung hergekommen?“, fragte er.
    „Ich brauche keine“, erwiderte sie, nicht sonderlich erfreut über seinen Ton.
    Sein Stuhl scharrte über den Boden, und er stand auf. „Ich bringe Sie zurück.“
    „Ich glaube, ich sagte …“
    Er nahm sie am Arm, gröber, als er beabsichtigt hatte. „Sie sind eine unverheiratete Frau und allein in einem fremden Land unterwegs.“
    Ungläubig starrte sie ihn an. „Ich habe ein Pferd, Thomas. Es ist nicht so, als würde ich allein die Landstraße entlangwandern.“
    „Ich bringe Sie zurück“, wiederholte er.
    „Müssen Sie so höflich sein?“
    „Meine Höflichkeit ist anscheinend das Einzige, was ich nicht loswerden kann“, sagte er trocken. „Sonst hätte ich Sie gern allein losziehen lassen.“
    Einen Augenblick dachte er schon, sie würde anfangen, mit ihm zu streiten, doch dann setzte sich ihr gesunder Menschenverstand durch. „Also schön“, meinte sie und schnaufte ungeduldig auf. „Wenn Sie das möchten, dürfen Sie mich bis zur Auffahrt begleiten.“
    „Ist das eine Herausforderung, Lady Amelia?“
    Sie wandte sich mit einem so traurigen Blick an ihn, dass es sich beinahe wie ein Schlag anfühlte. „Seit wann sagen Sie wieder Lady zu mir?“
    Er sah sie ein paar Augenblicke lang an, ehe er endlich leise sagte: „Seit ich kein Lord mehr bin.“
    Darauf hatte sie keine Antwort, doch er sah, wie sie schluckte. Verdammt, hoffentlich fing sie nicht an zu weinen. Er würde das nicht tun können, wenn sie weinte.
    „Dann reiten wir jetzt zurück“, sagte sie, entzog ihm ihren Arm und ging rasch voran. Ihre Stimme hatte jedoch geschwankt, und als sie vor ihm zur Tür ging, stellte er fest, dass auch mit ihrem Gang etwas nicht stimmte.
    Sie wirkte so steif, und sie hielt ihre Hände anders als sonst. Ihr Arm schwang nicht wie sonst in dieser anmutigen Bewegung, die er so bewunderte.
    Nur dass er sich dieser Bewunderung bis zu diesem Augenblick gar nicht bewusst geworden war.
    Er hatte nicht einmal gewusst , dass er ihren Gang so genau kannte, bis er bemerkte, dass sich daran etwas geändert hatte.
    Und es war so verdammt ärgerlich, dass er ausgerechnet jetzt, inmitten all dieses schrecklichen Durcheinanders, wo er eigentlich nichts anderes tun wollte, als sich selbst zu bemitleiden, mit ihr mitlitt.
    „Amelia“, sagte er, als sie ins Freie traten. Seine Stimme klang abgehackt, aber er hatte eigentlich auch nicht vorgehabt, sie zu rufen. Das war einfach so … passiert.
    Sie blieb stehen. Ehe sie sich umdrehte, hob sie die

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