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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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Audley trocken hinzu und sah ihn an. Bei dem Blick wurde Thomas unbehaglich. Er mochte es nicht, wenn ihn jemand so leicht durchschaute. Vor allem dieser Mann.
    „Stehlen Sie sich nicht davon“, befahl die Herzoginwitwe. „Sie würden es bereuen, lassen Sie sich das gesagt sein.“
    „Deswegen braucht man sich keine Sorgen zu machen“, meinte Thomas und verlieh damit nur dem Ausdruck, was sie doch sicher alle wussten. „Wer würde sich wohl davonstehlen, wenn er Aussicht auf ein Herzogtum hat?“
    Audley schien das nicht sonderlich amüsant zu finden, aber das war Thomas ziemlich gleichgültig.
    „Ich begleite Sie“, erklärte er. Er musste sich den Knaben näher ansehen, musste schauen, wie er sich verhielt, wie er sich benahm, wenn es kein weibliches Publikum zu umschmeicheln gab.
    Audley warf ihm ein spöttisches Lächeln zu, und dann hob er die linke Augenbraue, genau wie es – lieber Gott , das war wirklich erschreckend – die Herzoginwitwe tat. „Muss ich um meine Sicherheit fürchten?“, murmelte er.
    Thomas zwang sich, nicht darauf zu reagieren. Sie brauchten an diesem Nachmittag nicht noch eine Rauferei. Aber die Bemerkung hatte ihn empfindlich getroffen. Sein Leben lang war Wyndham für ihn an erster Stelle gekommen. Der Titel, das Erbe, die Ländereien. Nie war es um ihn persönlich gegangen, um Thomas Cavendish, einen Gentleman aus der englischen Grafschaft Lincolnshire, der die Musik liebte, die Oper aber verabscheute, der selbst bei unfreundlichem Wetter lieber ritt, als in der Kutsche zu sitzen, der Erdbeeren liebte, vor allem mit dicker Sahne, der sein Studium in Cambridge mit Auszeichnung abgeschlossen hatte und die meisten Sonette von Shakespeare auswendig konnte, sie aber nie rezitierte, weil er sie lieber in Gedanken auskostete. Es schien nie eine Rolle zu spielen, dass er körperliche Arbeit befriedigend fand oder Nutzlosigkeit nicht ertragen konnte. Niemanden interessierte, dass er Portwein nie zu schätzen gelernt hatte und die momentane Mode des Tabakschnupfens bestenfalls albern fand.
    Nein, wenn die Zeit reif war für eine Entscheidung – irgendeine Entscheidung –, hatte all das nie eine Rolle gespielt. Er war Wyndham. So einfach war das.
    Und offenbar so kompliziert. Denn die Treue zu seinem Namen und seinem Erbe war grenzenlos. Er würde tun, was richtig war, was sich gehörte. Wie immer. Eigentlich war es lächerlich, so ironisch, dass man es kaum fassen mochte. Er tat das Richtige, weil er der Duke of Wyndham war. Und das Richtige konnte in diesem Fall sehr gut bedeuten, dass er diesen Titel an einen Fremden weiterreichte.
    Wenn er nicht der Duke war … hieß das, dass er frei war? Konnte er dann tun, was er wollte? Kutschen ausrauben, Jungfrauen schänden und all das, was Männer, die keine Verantwortung trugen, eben so taten?
    Aber dass nun nach allem, was er getan hatte, jemand daherkam und unterstellte, er würde seinen persönlichen Vorteil über das stellen, was er seinem Namen schuldig war …
    Es schmerzte nicht nur. Es brannte wie Feuer.
    Und dann wandte Audley sich zu Grace, bedachte sie mit diesem fürchterlich einschmeichelnden Lächeln und sagte: „Ich bin eine Bedrohung für ihn. Jeder vernünftige Mensch würde da um seine Sicherheit bangen.“ Thomas musste sich sehr beherrschen, um die – allerdings immer noch geballten – Fäuste reglos hängen zu lassen.
    „Nein, da täuschen Sie sich!“, widersprach Grace Audley, und Thomas fand die Inbrunst in ihrem Ton merkwürdig tröstlich. „Sie tun ihm unrecht. Der Duke …“ Sie unterbrach sich, offenbar bereitete es ihr Mühe, das Wort auszusprechen, doch dann straffte sie die Schultern und fuhr fort: „Er ist einer der ehrenhaftesten Männer, die mir je begegnet sind. In seiner Gesellschaft kann Ihnen nichts passieren.“
    „Ich versichere Ihnen“, sagte Thomas glatt und betrachtete seinen neu entdeckten Vetter kühl, „welch gewalttätige Gefühle auch in mir brodeln mögen, ich werde ihnen nicht nachgeben.“
    Grace reagierte erbost auf diese Bemerkung. „Das ist ja schrecklich, was Sie da sagen!“ Ganz leise fügte sie hinzu, sodass nur er es hören konnte: „Und das, nachdem ich Sie verteidigt habe.“
    „Aber ehrlich“, meinte Audley und nickte.
    Die beiden Männer maßen sich mit Blicken, und plötzlich schien ein stillschweigender Waffenstillstand geschlossen. Sie würden gemeinsam zum Gasthof reiten. Dabei würden sie keine Fragen stellen und ihre Meinungen für sich behalten … Zum

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