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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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nicht jetzt. Nicht, wo ein potenzieller Usurpator in seinem gottverlassenen Salon stand.
    „Euer Gnaden“, sagte Grace zögernd, aber das wollte er im Augenblick nicht hören. Er wollte überhaupt nichts hören – keine Meinungen, keine Vorschläge, nichts.
    Lieber Gott, sie sahen ihn alle an, warteten darauf, dass er eine Entscheidung traf, als trüge er die Verantwortung. Unglaublich. Dabei wusste er nicht mal mehr, wer zum Teufel er überhaupt war. Möglicherweise überhaupt niemand. Das Familienoberhaupt gewiss nicht.
    „Wyndham …“, begann seine Großmutter.
    „Halt den Mund “, fuhr er sie an. Er biss die Zähne zusammen, versuchte, keine Schwäche zu zeigen. Was zum Teufel sollte er jetzt nur tun? Er wandte sich an Audley – ab sofort sollte er ihn in Gedanken wohl Jack nennen, denn ihn als Cavendish oder, lieber Himmel, Wyndham zu titulieren, brachte er bestimmt nicht fertig. „Sie sollten bleiben“, sagte er und hasste es, wie erschöpft seine Stimme klang. „Wir müssen …“ Lieber Gott, er konnte kaum fassen, dass er das sagte. „Wir müssen das alles klären.“
    Audley antwortete nicht sofort, und als er es tat, klang er ebenso erschöpft, wie Thomas sich fühlte. Er hielt inne, presste sich die Finger an die Schläfen. Die Bewegung kannte Thomas nur zu gut. In seinem eigenen Kopf hämmerte es zum Zerspringen.
    „Könnte mir jemand mal den Stammbaum erklären?“, fragte Audley schließlich.
    „Ich hatte drei Söhne“, erklärte die Herzoginwitwe energisch. „Charles war der älteste, dann kam John, und Reginald war der jüngste. Ihr Vater ist nach Irland aufgebrochen, kurz nachdem Reginald seine Mutter …“, sie nickte in Thomas’ Richtung, worauf dieser beinahe mit den Augen gerollt hätte, als er ihre angewiderte Miene sah, „… geheiratet hatte.“
    „Sie war ein Emporkömmling“, sagte Thomas, schließlich war das kein Geheimnis. „Ihr Vater besaß Fabriken. Jede Menge Fabriken.“ Ah, diese Ironie. „Jetzt gehören sie uns.“
    Die Dowager Duchess ging nicht weiter darauf ein, sondern hielt alle Aufmerksamkeit auf Audley gerichtet. „Im Juli 1790 erfuhren wir vom Tod Ihres Vaters. Ein Jahr später starben mein Mann und mein ältester Sohn an einem Fieber. Ich hatte mich nicht angesteckt. Mein jüngster Sohn wohnte nicht mehr auf Belgrave, und so wurde auch er verschont. Charles war nicht verheiratet, und wir dachten, John sei ohne Nachkommen gestorben. Und so wurde Reginald der neue Herzog.“ Es folgte eine kleine Pause, dann: „Es kam unerwartet.“
    Wie aufs Stichwort drehten sich alle zu ihm um und sahen ihn an. Wunderbar. Thomas sagte nichts, wollte ihr darauf keine Antwort zugestehen.
    „Ich bleibe hier“, erklärte Audley schließlich, und obwohl er resigniert klang, als hätte er keine andere Wahl, ließ Thomas sich nicht täuschen. Liebe Güte, der Mann war ein Räuber. Ein Räuber, dem man die Möglichkeit gab, sich ganz legal einen der höchsten Titel im Land zu schnappen. Von den dazugehörigen Reichtümern ganz zu schweigen.
    Reichtümer, die unermesslich waren, manchmal sogar für ihn.
    „Sehr vernünftig von Ihnen“, sagte die Herzoginwitwe und klatschte in die Hände. „Nun denn, wollen wir …“
    „Aber zuerst“, fiel Audley ihr ins Wort, „muss ich ins Gasthaus zurück und meine Sachen holen.“ Er ließ den Blick durch den Salon wandern, als wollte er sich über die Pracht dort lustig machen. „So armselig sie auch sein mögen.“
    „Unsinn“, widersprach die Herzoginwitwe energisch. „Ihre Sachen werden ersetzt.“ Naserümpfend blickte sie auf seine Reisekleidung. „Mit weitaus besserer Ware, möchte ich hinzufügen.“
    „Ich habe Sie nicht um Erlaubnis gebeten“, versetzte Audley leichthin.
    „Dennoch …“
    „Des Weiteren“, schnitt er ihr das Wort ab, „muss ich meinen Gefährten eine Erklärung geben.“
    Thomas wollte Einwände erheben. Er konnte nicht zulassen, dass Audley in der ganzen Gegend Gerüchte ausstreute: innerhalb einer Woche hätte es sich in ganz England herumgesprochen. Selbst wenn sich die Ansprüche als haltlos herausstellten, würde ihm das nicht viel helfen. Niemand würde ihn je wieder mit denselben Augen ansehen. Es würde immer getuschelt werden.
    Dass er vielleicht gar nicht der Herzog war.
    Es gab da einen anderen, der Anspruch auf den Titel erhob, haben Sie nicht gehört? Sogar die Großmutter hat ihn unterstützt.
    Es wäre ein verdammter Albtraum.
    „Natürlich nicht die Wahrheit“, fügte

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