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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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Londons gestürzt. Harry war in Lincolnshire geblieben und hatte irgendwann den Gasthof übernommen, den sein Vater gekauft hatte, als seine Frau eine unerwartete Erbschaft gemacht hatte. Und selbst wenn sie sich heutzutage ihres Standesunterschieds bewusster waren als damals in ihrer Kindheit, hatte sich ihre unbeschwerte Freundschaft als erstaunlich beständig erwiesen.
    „Harry“, sagte Thomas und ließ sich auf einem Hocker in der Nähe des Tresens nieder.
    „Euer Gnaden“, erwiderte Harry mit dem spitzbübischen Grinsen, das er immer aufsetzte, wenn er den Titel seines Freundes benutzte.
    Thomas wollte ihm erst einen finsteren Blick zuwerfen, hätte dann aber beinahe gelacht. Wenn der Gute wüsste.
    „Hübsches Veilchen“, meinte Harry im Plauderton. „Du hattest ja schon immer eine Vorliebe für hochherrschaftliches Purpur.“
    Darauf fielen Thomas auf Anhieb zehn verschiedene Antworten ein, doch am Ende fehlte ihm die Energie, es mit einer davon zu versuchen.
    „Ein Bier?“, fragte Harry.
    „Vom besten.“
    Harry zapfte das Bier und stellte es auf den Tresen. „Du siehst aus wie die Hölle“, meinte er.
    „In Tüten?“
    „Nicht mal so gut“, meinte Harry kopfschüttelnd. „Deine Großmutter?“
    Harry kannte Thomas’ Großmutter gut.
    „Unter anderem“, entgegnete Thomas vage.
    „Deine Verlobte?“
    Thomas blinzelte. An diesem Nachmittag hatte er nicht oft an Amelia gedacht, was erstaunlich war, wenn man überlegte, dass er ihr vor gerade mal sechs Stunden auf der Wiese beinahe an die Wäsche gegangen wäre.
    „Du hast eine“, erinnerte Harry ihn. „Ungefähr so groß …“ Er deutete Amelias Größe in der Luft an.
    Sie ist größer, dachte Thomas abwesend.
    „Blond“, fuhr Harry fort, „nicht zu drall, aber …“
    „Genug!“, fuhr Thomas ihn an.
    Harry grinste. „Dann ist es also deine Verlobte.“
    Thomas nahm einen Schluck Bier und beschloss dann, den Wirt in diesem Glauben zu belassen. „Es ist kompliziert“, meinte er schließlich.
    Sofort beugte Harry sich mit einem mitfühlenden Nicken über den Tresen. Wirklich, er war für seine Aufgabe wie geboren. „Das ist es immer.“
    Da Harry mit neunzehn seine Liebste geheiratet hatte und in seinem kleinen Haus hinter dem Gasthof inzwischen sechs Kinder herumtobten, war Thomas nicht ganz überzeugt, dass er wirklich der Richtige war, um Herzensangelegenheiten zu beurteilen.
    „Gerade neulich erst hatte ich einen Burschen hier …“, begann Harry.
    Andererseits hatte er sicher jede Unglücksgeschichte von hier bis York und zurück gehört.
    Thomas trank sein Bier, während Harry von diesem und jenem schwatzte. Er hörte gar nicht richtig zu, aber noch bevor er das Glas bis zur Neige geleert hatte, wusste er ganz genau, dass er noch nie so dankbar für müßiges Geplauder gewesen war.
    Und dann kam Mr. Audley herein.
    Thomas starrte auf seinen Krug und fragte sich, ob er sich noch ein Bier bestellen sollte. Es in einer Minute hinunterzustürzen, schien ihm in diesem Augenblick ziemlich reizvoll.
    „Einen guten Abend, Sir“, rief Harry. „Was macht der Kopf?“
    Thomas sah auf. Harry kannte ihn?
    „Dem geht es schon viel besser“, erwiderte Audley.
    „Hab ihm meinen Stärkungstrunk verabreicht“, sagte Harry zu Thomas. Zu Audley gewandt, meinte er: „Der wirkt immer. Fragen Sie nur den Herzog.“
    „Braucht der Herzog denn oft ein Heilmittel, weil er über die Stränge geschlagen hat?“, erkundigte Audley sich höflich.
    Thomas warf ihm einen scharfen Blick zu.
    Harry antwortete nicht. Er hatte den Blick gesehen, den die beiden Männer getauscht hatten. „Ihr kennt euch?“
    „Mehr oder weniger“, meinte Thomas.
    „Eher weniger“, fügte Audley hinzu.
    Harry sah zu Thomas. Ihre Blicke trafen sich einen winzigen Augenblick, aber es lagen Hunderte von Fragen darin, dazu ein erstaunlich trostreiches Versprechen.
    Wenn er ihn brauchte, würde Harry für ihn da sein.
    „Wir müssen los“, sagte Thomas, schob seinen Hocker zurück und stand auf. Er nickte Harry zu.
    „Ihr gehört zusammen?“, fragte Harry überrascht.
    „Er ist ein alter Freund“, erklärte Thomas. Knurrte es eigentlich eher.
    Harry fragte nicht, woher sie sich kannten – er wusste, welche Fragen man besser nicht stellte.
    Zu Audley sagte er: „Sie haben gar nicht erwähnt, dass Sie den Herzog kennen.“
    Audley zuckte mit den Schultern. „Sie haben nicht danach gefragt.“
    Harry schien sich das durch den Kopf gehen lassen und wandte sich

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