Verführt von einer Lady
so wiederholte er die Prozedur.
„Wir müssen etwas dagegen unternehmen, Grimsby“, sagte Thomas und rieb sich energisch die Stirn ab. Er grinste seinen Kammerdiener an. „Glauben Sie, Sie können sich die Schattierung merken, bis wir nächstes Mal in London sind?“
„Dürfte ich vielleicht den Vorschlag machen, dass Euer Gnaden erwägen, das Gesicht nicht wieder einer derartigen Misshandlung auszusetzen?“ Grimsby reichte ihm ein zweites Handtuch, obwohl Thomas gar nicht darum gebeten hatte. „Dann bräuchten wir die Farbe nicht in Betracht zu ziehen, wenn wir Ihre Garderobe fürs nächste Jahr wählen.“ Er hielt ihm ein Stück Seife hin. „Sie können immer noch eine Weste in der Farbe erwerben, wenn Sie möchten. Ich könnte mir vorstellen, dass sie auf Stoff sehr viel vorteilhafter aussieht als auf der Haut.“
„Elegant formuliert“, murmelte Thomas. „Beinahe hätte es geklungen, als wäre es keine Strafpredigt.“
Grimsby lächelte bescheiden. „Ich bemühe mich, Euer Gnaden.“ Er reichte ihm ein weiteres Handtuch. Lieber Himmel, dachte Thomas, ich muss wohl noch schlimmer aussehen, als ich dachte.
„Soll ich nach einem Bad klingeln, Euer Gnaden?“
Die Frage war rein rhetorisch, da Grimsby schon geläutet hatte, noch ehe er die letzten Worte ausgesprochen hatte. Thomas streifte die Kleider ab, die Grimsby dann mit spitzen Fingern aufhob, und warf sich seinen eleganten Morgenrock über. Er ließ sich aufs Bett fallen und überlegte gerade ernsthaft, ob er das Bad zugunsten eines Schläfchens zurückstellen sollte, als es an die Tür klopfte.
„Das war schnell“, meinte Grimsby und ging zur Tür.
„Seine Gnaden hat Besuch“, ertönte die Stimme von Belgraves altgedientem Butler Penrith.
Thomas machte sich nicht die Mühe, die Augen zu öffnen. Kein Besuch konnte so wichtig sein, dass er wegen ihm aufstand.
„Der Herzog empfängt im Augenblick nicht“, sagte Grimsby. Thomas beschloss, umgehend sein Gehalt zu erhöhen.
„Es ist seine Verlobte“, sagte der Butler.
Thomas fuhr auf. Was, zum Teufel? Amelia war doch hergekommen, um Grace zu besuchen. Sie hatten alles genau geplant. Die beiden Frauen sollten eine Weile plaudern, er würde wie üblich irgendwann zu ihnen stoßen, und niemand würde auf die Idee kommen, dass Amelia nicht schon den ganzen Vormittag auf Belgrave weilte.
Was konnte da nur schiefgelaufen sein?
„Euer Gnaden“, sagte Grimsby, als Thomas die Beine über den Bettrand schwang, „Sie können Lady Amelia doch unmöglich in diesem Zustand empfangen.“
„Ich hatte schon vor, mich erst noch anzuziehen, Grimsby“, meinte Thomas ziemlich trocken.
„Ja, natürlich, aber …“
Grimsby brachte es offenbar nicht fertig, den Satz zu vollenden, doch seine Nasenflügel bebten, und dann rümpfte er die Nase, was Thomas interpretierte als: Sie stinken, Sir.
Daran konnte er jetzt aber nichts ändern. Er konnte Amelia nicht sich selbst überlassen, wenn irgendetwas nicht nach Plan verlaufen war. Aber irgendwie vollbrachte Grimsby innerhalb von zehn Minuten doch noch ein kleines Wunder: Als Thomas das Zimmer verließ, war er wieder ganz der Alte. Nur rasieren hätte man ihn noch müssen, doch das war in der kurzen Zeit nicht gegangen. Aber sein Haar stand nicht länger vom Kopf ab wie die Federn eines exotischen Vogels, und auch wenn sein Auge noch übel aussah, wirkte er nicht länger so zerknittert und erschöpft.
Noch ein wenig Zahnpulver, und dann konnte er aufbrechen. Grimsby hingegen sah so aus, als müsste er sich jetzt dringend ein wenig hinlegen.
Thomas ging nach unten, wo er sich direkt in den Salon zu begeben gedachte, doch im Flur traf er auf Grace, die ein Stück von der Tür entfernt stand, wild herumfuchtelte und den Finger an die Lippen legte.
„Grace“, sagte er beim Näherkommen. „Was soll das alles? Penrith sagt, Amelia wolle mich sehen?“
Er blieb nicht stehen, da er annahm, Grace würde sich ihm anschließen. Als er an ihr vorbeiging, packte sie ihn jedoch am Arm und brachte ihn zum Stehen. „Thomas, warten Sie!“
Er drehte sich zu ihr um und hob fragend die Augenbrauen.
„Es geht um Mr. Audley“, sagte sie und zog ihn noch weiter von der Tür weg. „Er ist im Salon.“
Thomas sah zur Tür des Salons und dann wieder zu Grace und fragte sich, warum man ihn von Amelias Ankunft verständigt hatte.
„Mit Amelia“, zischelte sie.
Er fluchte, er konnte einfach nicht anders, trotz Anwesenheit einer Dame. „Warum?“
„Weiß
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