Verführt von einer Lady
täuschen Sie sich, Mr. Audley. Der Name wird nicht näher genannt. Meine Tochter, Amelia Honoria Rose, soll den siebten Duke of Wyndham ehelichen.“
„Wirklich?“ Endlich sagte Thomas auch einmal etwas.
„Haben Sie sich die Papiere denn nicht näher angesehen?“, fragte Mr. Audley ihn.
„Nein“, erwiderte Thomas schlicht. „Ich habe es nie für nötig befunden.“
„Lieber Himmel“, fluchte Mr. Audley. „Da bin ich ja an eine schöne Bande von Dummköpfen geraten.“
Amelia sah keinen Grund, ihm zu widersprechen.
Mr. Audley sah ihrem Vater direkt ins Gesicht. „Sir“, sagte er, „ich werde Ihre Tochter nicht heiraten.“
„O doch, das werden Sie.“
In diesem Augenblick brach Amelia das Herz. Denn nicht ihr Vater hatte diese Worte geäußert, sondern Thomas.
„ Was haben Sie gesagt?“, fragte Mr. Audley.
Thomas ging auf Mr. Audley zu und blieb erst stehen, als ihre Nasen beinahe zusammenstießen. „Diese Frau hat ihr gesamtes Leben damit zugebracht, sich auf ihre Rolle als Duchess of Wyndham vorzubereiten. Ich lasse nicht zu, dass Sie ihr Leben zerstören. Haben Sie mich verstanden?“
Und alles, was sie denken konnte, war: Nein.
Nein. Sie wollte nicht die Herzogin sein. Darauf legte sie keinen Wert. Sie wollte nur ihn. Thomas. Den Mann, den sie ihr Leben lang nicht kennengelernt hatte.
Bis jetzt.
Bis er gemeinsam mit ihr auf irgendeine Karte geschaut und ihr erklärt hatte, warum Afrika größer war als Grönland.
Bis er ihr erklärt hatte, so gebieterisch gefalle sie ihm.
Bis er ihr das Gefühl gegeben hatte, dass sie wichtig war. Dass ihre Meinungen und Gedanken zählten.
Bei ihm fühlte sie sich als ganzer Mensch.
Aber nun stand er da und verlangte, dass sie einen anderen heiratete. Und sie wusste nicht, wie sie dem allen ein Ende bereiten sollte. Denn wenn sie den Mund aufmachte, wenn sie laut sagte, was sie wollte, und er wies sie wieder zurück …
Aber Thomas fragte gar nicht sie, ob sie ihn verstanden habe. Er fragte Mr. Audley. Und Mr. Audley sagte: „Nein.“
Amelia schluckte, sah zur Decke und versuchte so zu tun, als stritten sich nicht eben zwei Männer darum, wer von beiden sie heiraten müsste.
„Nein, ich habe Sie nicht verstanden“, fuhr Mr. Audley fort. Seine Stimme klang provozierend. „Tut mir leid.“
Sie sah wieder hin. Es fiel ihr schwer, den Blick abzuwenden, wie bei einem Kutschenunfall. Nur dass es hier um ihr Leben ging.
Thomas warf Mr. Audley einen mörderischen Blick zu. Und sagte, beinahe im Plauderton: „Ich glaube, ich werde Sie umbringen.“
„Thomas!“ Der Schrei hatte sich ihr entrungen, bevor sie noch groß darüber nachdenken konnte, und dann rannte sie durchs Zimmer und packte Thomas am Arm, um ihn zurückzuhalten.
„Sie mögen mir mein Leben nehmen“, knurrte Thomas und zerrte wie ein zorniges, verletztes Tier an ihrem Arm. „Sie können mir sogar den Namen nehmen, aber bei Gott, ihr werden Sie ihn nicht wegnehmen.“
Das also war es. Er glaubte, das Richtige zu tun. Am liebsten hätte sie vor hilflosem Entsetzen aufgeschrien. Sie würde ihn nicht davon abbringen können. Thomas’ gesamtes Leben kreiste darum, das Richtige zu tun. Nie für ihn selbst. Immer für Wyndham. Und nun tat er das Richtige für sie.
„Sie hat bereits einen Namen“, versetzte Mr. Audley. „Sie heißt Willoughby. Und du lieber Himmel, sie ist die Tochter eines Earls. Da wird sie doch einen anderen finden.“
„Wenn Sie der Duke of Wyndham sind“, donnerte Thomas, „werden Sie Ihren Verpflichtungen nachkommen.“
„Wenn ich der Duke of Wyndham bin, haben Sie mir gar nichts zu sagen.“
„Amelia“, sagte Thomas mit tödlicher Ruhe, „lassen Sie meinen Arm los.“
Stattdessen packte sie ihn noch fester. „Das halte ich für keine gute Idee.“
Ihr Vater wählte diesen Moment, um dazwischenzutreten – endlich . „Ähm, Gentlemen, im Moment ist das alles doch rein hypothetisch. Vielleicht sollten wir warten, bis …“
„Außerdem wäre ich ohnehin nicht der siebte Herzog“, brummte Mr. Audley.
Ihr Vater wirkte leicht irritiert über diese Unterbrechung. „Wie bitte?“
„Ich wäre es nicht.“ Mr. Audley sah zu Thomas. „Stimmt das? Ihr Vater war der sechste Herzog. Nur dass er es nicht war. Wenn ich es bin.“ Und als wäre das nicht schon verwirrend genug, schloss er: „Wäre er es gewesen? Wenn ich es gewesen wäre?“
„Wovon zum Teufel reden Sie?“, fragte Amelias Vater.
„Ihr Vater starb vor seinem eigenen
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