Verfuehrt von so viel Zaertlichkeit
verteidigt wie eine Löwin ihr Junges.”
Das stimmte, wie Jane zugeben musste. Sie hatte es jedoch nicht aus Liebe zu Richard, sondern aus Empörung darüber getan, was sie über Gabriels Geschäftspraktiken wusste. Sie hatte die junge, glückliche Familie vor dem Ruin bewahren wollen und deshalb für Richard Partei ergriffen. Gabriel hatte es falsch interpretiert - zum Glück für sie.
“Wir Engländer sind bekannt dafür, dass unser Mitgefühl immer dem sozial Schwächeren gilt”, bemerkte sie trocken.
Gabriel musste lächeln. “Das lass bloß nicht Richard und Felicity hören!”
“Ich habe Felicity heute besucht.” Jane sah ihn erwartungsvoll an.
“Aha. Und Felicity hat dir von meinem Vertrag mit Richard erzählt. Und jetzt fragst du dich, was ich nun schon wieder aushecke, stimmt’s? Glaubst du mir, wenn ich dir versichere, dass keine finsteren Absichten dahinter stecken? Der Vertrag regelt lediglich eine interne Umstrukturierung.”
So schnell ließ sie sich nicht überzeugen. “Und was gewinnst du dabei?” Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sein Verhalten reiner Menschenfreundlichkeit entsprang.
“Dass ich nachts wieder ruhig schlafen kann”, antwortete er leise.
Verblüfft sah sie ihn an. “Soll das heißen, dass du ein Gewissen hast, Gabriel?”
“Ist das so schwer zu glauben?”
“Für mich, offen gesagt, ja”, antwortete sie ehrlich. Vor drei Jahren hätte sie die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass Gabriel Vaughan keinerlei Skrupel kannte. Sollte sie ihre Meinung jetzt ändern?
“Ich kann dir versichern, dass ich sowohl ein Gewissen als auch Verantwortungsbewusstsein besitze. Es fällt mir dabei aber auf, dass du schon wieder vom eigentlichen Thema abgelenkt hast.”
Gespielt unschuldig blickte Jane ihn an. Sie wusste schon längst nicht mehr, worüber sie eigentlich geredet hatten. Sie wusste nur, dass es viele Tabuthemen gab, wenn sie mit diesem Mann sprach.
Gabriel legte den Kopf zurück und lachte. “Ist das deine übliche Art, mit dieser hinreißenden Unschuldsmiene deinen Willen durchzusetzen?” fragte er schließlich.
“Du hast mich durchschaut.” Ob sie wollte oder nicht, sie musste in sein Lachen einstimmen.
“Jane, du bist so süß, wenn du fröhlich bist! Trotzdem versuchst du schon wieder, das Thema zu wechseln. Spielst du Bridge?”
Jane nickte.
“Und Schach?”
Sie durchschaute seine Taktik und lächelte. “Ja.”
“Ich auch. Und, Jane, glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?”
“Nein”, antwortete sie, ohne zu zögern. “Aber auch nicht an Liebe auf den zweiten, dritten, vierten oder fünften Blick.”
“War deine Ehe so schrecklich?”
“In mancher Hinsicht könnte man das behaupten”, wich sie aus, denn “schrecklich” war noch eine Untertreibung. Aber das ging Gabriel nichts an. “War deine Ehe nicht auch schrecklich? Obwohl -
oder gerade weil - du deine Frau geliebt hast?”
Gabriel seufzte. “Ich glaube, ich muss dir meine Gefühle für Jennifer näher erklären. Ich…”
“Gabriel, ich möchte keine Geständnisse hören, weder über Jennifer noch über deine Ehe mit ihr”, fiel Jane ihm heftig ins Wort, denn das, was sie wissen musste, wusste sie längst. “Wenn du diese Dinge immer noch nicht aufgearbeitet hast, empfehle ich dir einen Psychologen - oder einen Priester.” Sie blickte ihn herausfordernd an.
Er holte tief Luft. “Jane, was soll das heißen?”
“Das weiß ich auch nicht.” Sie seufzte resigniert. “Aber das ist ja gerade mein Problem. Es interessiert mich einfach nicht. Begreifst du das endlich?”
“Anscheinend bin ich schwer von Begriff.” Gabriel betrachtete sie nachdenklich und nahm sein Jackett vom Stuhl. “Ich dachte, du wärst anders, Jane.” Er runzelte die Stirn. “Ich denke es, ehrlich gesagt, immer noch. Außerdem meine ich, dass ich dir nicht so egal bin, wie du tust.” Er schlüpfte in sein Jackett. “Vielen Dank für das Essen und die Unterhaltung, Jane. Ich habe beides genossen.”
Dem konnte sie sich nicht anschließen. Zeitweise war der Abend nett gewesen, ja, aber Gabriels Küsse hatten sie verstört, und die Unterhaltung über Jennifer war ihr unangenehm gewesen. Außerdem bereute sie, so viel über ihr Leben verraten zu haben …
“Vielen Dank für die Blumen”, sagte Jane steif. “Aber versuch den Trick mit Evie nicht noch einmal. Evie mag romantisch veranlagt sein
- ich bin es nicht.”
“Eins sage ich dir, Jane”, prophezeite Gabriel, “wenn ich
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