Verfuehrt zur Liebe
warum sie nicht die Gelegenheit nutzen und ihr Ziel weiterverfolgen sollte.
Und ihre Neugier stillen.
Simon wusste, was sie dachte. Ihr vornehmes Gehabe täuschte ihn kein bisschen; sie malte sich aus, wie wohl die nächste Station aussähe.
Und das tat er auch.
Aber anders als sie wusste er wesentlich mehr; seine Einstellung zu dem Thema war zwiespältig. Es erstaunte ihn nicht, dass sie zur Eile drängte - ganz im Gegenteil, er baute sogar fest auf ihre Begeisterung, ihre Waghalsigkeit, dass sie sie noch viel weiter treiben würden. Allerdings ...
Er hätte noch gut ein wenig mehr Zeit gebrauchen können, um mit dem ins Reine zu kommen, was er heute Nachmittag flüchtig wahrgenommen hatte.
Etwas Zeit, um sich umzuorientieren.
Und sich einen Weg zu überlegen, seine Selbstbeherrschung gegen die Versuchung, die sie darstellte, zu stählen - eine Versuchung, die umso stärker war, weil er wusste, dass sie keine Ahnung von deren Vorhandensein hatte.
Sicherlich war er nicht Narr genug, es ihr zu sagen. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war, dass sie versuchte, sie bewusst einzusetzen.
»Weißt du, ich kann nicht verstehen, was Kitty sich denkt. Es ist, als ob sie sich um andere nicht schert, ganz zu schweigen von deren Gefühlen.«
Simon dachte an Henry, was er dabei empfinden musste. »Ist sie wirklich so naiv?«
Nach einem Moment antwortete Portia: »Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Frage der Naivität ist oder eher ein Zeichen von purer Selbstsüchtigkeit - eine Unfähigkeit, sich vorzustellen, was andere fühlen. Sie benimmt sich, als sei sie die Einzige, die wirklich echt ist, und der Rest von uns« - sie machte eine Handbewegung - »Figuren auf einem Karussell, die sich um sie herum drehen.«
Er schnaubte abfällig. »Sie scheint Winifred nicht nahezustehen.«
Portia schüttelte den Kopf. »Nein, wohl nicht - ich glaube sogar, dass Winifred sich wünscht, sie hätten noch weniger miteinander zu tun. Besonders was Desmond angeht.«
»Sind sie sich irgendwie einig?«
»Das wären sie, wenn Kitty es nicht verhindern würde.«
Sie gingen eine Weile schweigend weiter. Schließlich bemerkte er leise: »Es muss reichlich einsam in der Mitte eines Karussells sein.«
Ein paar Sekunden verstrichen, dann drückte ihm Portia kurz den Arm, neigte den Kopf.
Sie schlenderten beinahe ganz um den See herum; das Sommerhaus ragte aus der Dunkelheit vor ihnen auf. Er ließ sich von ihr über den Rasen zu den Eingangsstufen führen. Und er erhob auch keine Einwände, als sie seinen Arm losließ, ihre Röcke raffte und hineinging. Er schaute sich rasch um, dann folgte er ihr.
Sie wartete in dem dämmerigen Inneren. In den Schatten war ihr Gesicht ein blasses Oval; er hatte keine Möglichkeit, in ihren Augen zu lesen. Und sie auch nicht in seinen.
Er blieb vor ihr stehen. Sie hob eine Hand an seine Wange, hob ihm ihr Gesicht entgegen und küsste ihn. Küsste ihn unverhohlen einladend. Er umspannte mit beiden Händen ihre Taille, genoss das Gefühl ihrer biegsam schlanken Gestalt unter seinen Fingern. Er nahm die Einladung an ... ohne zu zögern.
Als er schließlich seinen Kopf hob, seufzte sie. Dann erkundigte sie sich ruhig: »Was kommt als Nächstes?«
Er hatte die letzte halbe Stunde Zeit gehabt, sich eine Antwort zu überlegen. Er lächelte, was sie in dem Halbdunkel des Sommerhauses nicht sehen konnte.
»Etwas ein wenig anderes.« Er ging vorwärts, drängte sie Schritt um Schritt zurück.
Er fühlte ihre Aufregung, die sie durchströmte. Sie versteifte sich, als wollte sie sich umdrehen und sehen, wohin er sie brachte, aber eine innere Stimme warnte sie - sie wandte nicht ein Mal den Blick von seinem Gesicht.
Mit den Rückseiten ihrer Beine stieß sie gegen einen der weich gepolsterten Rohrsessel. Sie blieb stehen, und er ließ sie los, nahm sich ihre Hand, ging um sie herum und setzte sich, zog sie zu sich herab, sodass sie auf seinen Knien saß, mehr oder weniger ihm gegenüber.
Er konnte ihre Überraschung spüren. Sie befanden sich nun im tiefsten Schatten - das Mondlicht drang nicht so weit.
Aber sie hatte sich schnell darauf eingestellt. Er musste sie gar nicht an sich ziehen. Ohne sich lange bitten zu lassen, lehnte sie sich vor und küsste ihn.
Einladend. Er hatte den Kuss schon vertieft, ehe er begriff, was er tat. Kein Kätzchen, keine Kokotte, aber sie konnte doch, wenn die Laune sie überkam, eine Verführerin ganz anderer Art sein.
Eine, die unendlich viel anziehender auf ihn
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