Verfuehrt zur Liebe
herabgefallen, aber Kittys Betragen zu ignorieren war für die meisten anstrengend.
Wie für die Hammond-Mädchen; von all dem verwirrt - was kaum überraschend war, denn es verstand ja niemand -, hielten sie sich an Portia, wollten fröhlich plaudern und die missbilligenden Blicke vergessen. Sogar Lucy Buckstead, die dem eher gewachsen war und über mehr Selbstbewusstsein verfügte, schien niedergeschlagen. Portia fühlte sich gezwungen, sich ihrer zu erbarmen; sie ermutigte sie, über die Pläne für morgen zu reden - ob die Offiziere, mit denen sie auf dem Ball getanzt hatten, zur Lunchgesellschaft herüberreiten würden, ob der auf seine Weise attraktive George Quiggin aus der Nachbarschaft ebenfalls da sein würde.
Obwohl ihre Bemühungen ausreichten, um Cecily, Annabelle und Lucy auf andere Gedanken zu bringen, konnte sie ihren eigenen Ärger über Kitty nicht abschütteln. Sie schaute sich um, sah Kitty mit Mrs. Buckstead und Lady Hammond sprechen. Obwohl sie beschäftigt war, ruhte Kittys Blick auf den Türen.
Die Türen, durch die die Herren zurückkehren würden.
Portia verkniff sich ein angewidertes Naserümpfen. Das erdrückende Gefühl einer bevorstehenden gesellschaftlichen Katastrophe schien sich von Kitty aus im Raum zu verbreiten. Portia hatte eindeutig genug davon - und sie musste Zeit finden und einen besseren Ort, um nachzudenken.
»Wenn ihr mich bitte entschuldigen wollt«, bemerkte sie zu den drei Mädchen und entfernte sich mit einem Nicken, trat durch die französischen Türen ins Freie.
Ohne nach rechts oder links zu schauen, schlüpfte sie in die kühle Nacht.
Außerhalb des Lichtes, das durch die Fenster nach draußen drang, blieb sie stehen und atmete in tiefen Zügen die frische Luft ein; es war köstlich, als wäre es der erste freie Atemzug seit Stunden. Aller Ärger fiel von ihr ab, glitt wie ein Mantel von ihren Schultern. Ihre Mundwinkel hoben sich, und sie ging am Rand der Terrasse entlang, dann stieg sie die Stufen zum Rasen hinab.
Sie schlug den Weg zum See ein. Natürlich würde sie nicht bis zum Wasser gehen, nicht allein, aber der Mond stand hoch am Himmel und badete die weiten Rasenflächen in silbrigem Licht. Es war sicher genug für sie. Und es war noch nicht so spät.
Sie musste über alles nachdenken, was sie erfahren hatte, überlegen, was für einen Reim sie sich darauf machen konnte. Die Stunden, die sie allein mit Simon verbracht hatte, hatten ihr eindeutig die Augen geöffnet; was sie nun sah, war sowohl mehr als auch erstaunlich anders, als sie gedacht hatte. Sie hatte vermutet, dass die Anziehung, die körperliche Verbindung von Mann und Frau so etwas wie Schokolade wäre - ein Geschmack, der gut genug war, um den Wunsch zu wecken, ihn sich zu gönnen, wenn es angeboten wurde, aber ganz sicher nicht so ein überwältigendes Sehnen.
Was sie bislang mit Simon erlebt hatte ...
Sie erschauerte, obwohl die Nachtluft lau und lind war. Während sie weiterging, ruhte ihr Blick auf dem kurz geschnittenen Gras vor ihr; sie versuchte Worte zu finden, um zu beschreiben, was sie empfand. War es Verlangen, dieser Drang, es wieder zu tun? Mehr und weiter zu gehen? Viel weiter.
Vielleicht, aber sie kannte sich - zumindest so weit - gut genug, um zu sehen, dass neben der rein sinnlichen Sehnsucht auch eine gesunde Portion Neugier eine Rolle spielte, ihre gewohnte Wissbegier.
Zusammen mit dem Verlangen war sie gewachsen.
Sie wusste, sie konnte das, was sie wissen wollte, nun, da sie um seine Existenz wusste, nicht einfach auf sich beruhen lassen; nicht, ehe sie es gründlich untersucht und begriffen hatte.
Zwischen ihr und Simon war etwas entstanden - etwas völlig Unerwartetes.
Sie schritt langsam über den Rasen und betrachtete diese Schlussfolgerung von allen Seiten, konnte aber keinen Denkfehler darin erkennen. Obwohl sie auf diesem Gebiet unerfahren war, vertraute sie ihrem Gefühl. Wenn sie innerlich davon überzeugt war, dass es etwas gab, das es verdiente, weiterverfolgt zu werden, dann war es das auch.
Was auch immer es war ...
Sie wusste es nicht; sie konnte es noch nicht einmal raten. Wegen ihres bislang sehr behüteten Lebens wusste sie noch nicht einmal, ob es normal war.
Jedenfalls war es nicht normal für sie.
Aber war es normal für ihn? Erging es ihm bei jeder Frau so?
Das glaubte sie eher nicht. Sie war ausreichend mit ihm vertraut, um seine Stimmung zu ahnen; gegen Ende ihres Erlebnisses auf der Recamiere heute, als sie diese merkwürdige
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