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Verfuehrung

Verfuehrung

Titel: Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Sümmchen schickt, wenn etwas übrig …«
    »Ganz bestimmt«, sagte Calori und wusste, dass sie nicht log. Mama Lanti war, wie sie war; nach dem, was Calori in Bologna vorgefunden hatte, war dieses Denken an den eigenen Nutzen sogar beruhigend. Wenn morgen eine Flut Rimini überschwemmte, dann würde Mama Lanti übermorgen versuchen, unter den Überlebenden jemanden zu finden, der ihre Töchter hübsch genug fand, um ihnen allen ein Dach über dem Kopf zu geben und die nächsten Mahlzeiten zu bezahlen. Etwas von diesem rigorosen Pragmatismus musste auch auf Calori abgefärbt haben, denn für Marina und Cecilia ein längeres Engagement zu finden war auch davon getrieben gewesen, ihren Haushalt in Neapel und damit auch dessen Ausgaben verkleinern zu wollen.
    »Aber wer wird dich in Neapel ordentlich herrichten, wenn du dort unter den feinen Herrschaften bist?«
    »Maria«, gab Calori zurück, und da die ehemalige Zofe einer Contessa wirklich genügend Erfahrung hatte, widersprach Mama Lanti nicht. Dann überraschte Calori sich selbst.
    »Bologna ist nicht so weit von Rimini entfernt«, sagte sie leise. »Wenn du – wenn du vielleicht in zwei Monaten und dann wieder in einem halben Jahr eine Reise dorthin machst, und dich erkundigst, wie es der Haushälterin von Professore Falier geht, das würde mir viel bedeuten. Du brauchst nicht mehr zu tun als das. Nur hören, ob sie noch bei Gesundheit ist und wie es ihr geht.«
    Sie wusste, dass Appianino Mama Lanti seinerzeit ihre Geschichte erzählt hatte, doch sie brachte es nicht über sich, zu sagen: »meine Mutter«. Trotzdem musste Mama Lanti sich denken können, wen Calori meinte, denn sie stellte keine Fragen nach dem Warum der Bitte.
    »Ich bin eine alte Frau«, sagte sie, »und sollte allmählich mit dem Reisen aufhören. Aber zweimal im Jahr nach Bologna zu gehen, bei gerade mal zwei Tagen Reisezeit, wird mir noch gelingen. Aber … nach dem Abbate soll ich nicht fragen, wenn ich schon einmal da bin?«
    »Er ist kein Abbate mehr«, sagte Calori leise. »Und wird gewiss bald schon in Konstantinopel sein, jetzt, wo er endlich neue Papiere hat, wie er schreibt.«
    Keiner der Lantis hatte sie gefragt, warum sie ohne Giacomo aus Bologna zurückgekehrt war, was sie vor allem Marina und Cecilia hoch anrechnete, denn bei ihnen hatte sie angenommen, dass sie sich etwas Schadenfreude nicht würden verkneifen können. Petronio hatte vor allem erleichtert gewirkt. »Ist eigentlich dieser Herzog so moralisch wie Don Sancho?«, fragte er stattdessen. »Eingedenk der Art, wie du uns in Ancona ermahnt hast, in Gegenwart von Don Sancho stets respektabel zu bleiben. Wenn ich zu einer Reise als Mönch bis nach Neapel verdammt bin, dann will ich das vorher wissen, damit ich meinen Abschied aus Rimini gebührend begehen kann.«
    »Ich weiß es selbst nicht«, hatte sie eingestehen müssen und damit auch zugegeben, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, ob der Herzog statt Don Sancho eher der Contessa in seinen Erwartungen an die Dienstbarkeiten einer Sängerin ähnelte. Immerhin war es sein Einfall gewesen, ihr anzubieten, mit ihm nach Neapel zu reisen. Da eine Fahrt in der Postkutsche über eine so lange Strecke mit Sicherheit deutlich unbequemer sein würde, hätte sie selbst dann akzeptiert, wenn es nicht ihr zukünftiger Brotgeber gewesen wäre.
    Unerwartet hatte sich Maria zu Wort gemeldet. Ihr Gesicht zeigte immer noch Spuren, aber man musste schon genauer hinsehen, um noch die Male an ihrem Hals zu erkennen. »Der Herzog von Castropignano«, sagte sie, »dem sagt man nach, dass er keine Geliebte hat und keinen Lustknaben, aber meine Her…, aber die Contessa, die schwor darauf, dass er nicht ohne Begierden sein könne. Sie sagte, man könne das an seinen Augen erkennen und sie werde schon noch dahinterkommen, wo seine Schwäche liege. Ganz ehrlich, ich glaube, sie hat nur Angst, dass jemand anders ein Vergnügen entdeckt hat, das ihr noch unbekannt war, denn so etwas hat sie von dem Herzog behauptet.«
    »Nun, es soll ja Kastraten geben, die wirklich jedes Gefühl da unten verloren haben«, sagte Petronio zu Calori, »und das durch Unfälle oder Kriegsverletzungen, auch wenn ich mich von nun an bei jedem Kastraten fragen werde, ob er nicht eine verkleidete Frau ist. Nebenbei, vielleicht ist der Herzog eine? Wenn er weder Mätressen noch Lustknaben hat, dann gibt es schließlich auch niemanden, der darüber klatschen kann, wie er nackt aussieht. Du hast mich für den Rest

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