Verfuehrung
Tritt verfolgten, um sicherzustellen, sie als Jungfrau ihrem Mann bei der Hochzeit übergeben zu können.
Seiner letzten Hoffnung auf aufregende weibliche Wesen machte die einzige Schöne, die den Weg in sein Bett gefunden hatte, den Garaus mit der Frage: »Ist’s recht so, Signor Abbate«, als sie ihre Beine für ihn öffnete. Dann doch lieber Enthaltsamkeit!
Seit diesem Tag gab er sich keine Mühe mehr, dem Bischof gegenüber den Eindruck zu erwecken, als fühle er sich wohl in seiner Aufgabe.
Der hatte ein zu gutes Herz oder zu angenehme Erinnerungen an Giacomos Mutter, als dass er auf Dauer übersehen konnte, dass ein junger Mann, der sich Hoffnung machte, in der Kirche Karriere zu machen, eine andere Umgebung dafür brauchte.
»Ich schreibe Ihnen eine Empfehlung für den Kardinal Acquaviva, einem alten Studienfreund von mir, der Sie in Rom bestimmt unter seine Fittiche nehmen wird«, eröffnete er dem im gleichen Augenblick überglücklich werdenden Giacomo und empfing dafür einen so dankbaren Blick, dass er, hätte er diesen zu Geld machen können, frei von allen Geldproblemen gewesen wäre.
Die Postkutsche nach Neapel gehörte Giacomo ganz allein, aber die Aufregung, endlich Rom erleben zu dürfen, ließ seine Gedanken ständig im Kreis herumlaufen, so dass er die landschaftliche Schönheit, die sich von Salerno über Sorrent bis Neapel von Meile zu Meile immer noch steigerte, nicht würdigte, so groß war seine Spannung, so vielseitig waren die Pläne, in denen er sich bereits in wenigen Jahren als Bischof, ja vielleicht sogar als Kardinal sah.
All diese Perspektiven verloren in Neapel jegliche Priorität, als am Morgen in der dortigen Poststation aus zwei Sänften ein älterer Herr mit zwei wunderschönen Frauen stieg, in Kleidern, welche es durchaus erlaubten, allen Linien ihrer vollendeten Körper zu folgen, und Anstalten machten, seine Postkutsche zu besteigen.
Giacomo war schon eingestiegen, verließ die Kutsche jedoch sofort wieder, um sich vorzustellen, sein Reiseziel anzugeben, die Damen zu begrüßen und seine Hilfe anzubieten, die Stufen der Kutsche zu erklimmen. Die Ältere hatte gewelltes Haar, von der Art, wie es Tizian gern verewigt hatte, was ihm als Venezianer sofort gefiel. Ihre dunklen Augenbrauen waren köstlich gewölbt, die fast schwarzen Augen bedurften keiner Kohle, um ihre Wirkung zu unterstützen, und eine atemberaubende Figur vervollkommnete die Erscheinung. Sie warf einen langen Blick auf ihn, nahm den dargebotenen Arm dankbar an und entschädigte ihn so ein wenig für die lange Zeit, in der er schöne Frauen in schönen Kleidern nur in seinen Träumen erlebt hatte. Es machte ihn schon überglücklich, als er bei dieser Gelegenheit einen kurzen Blick auf ihre Fesseln werfen konnte. Die Jüngere, welche vom Erscheinungsbild ihrer Begleiterin in nichts nachstand, bemerkte wohl die Begeisterung in seinem Blick und schnitt ihm eine leichte Grimasse, konnte aber nicht verhindern, dass auch sie fesselnde Teile ihrer Beine entblößte. Die Stufen zur Kutsche begünstigte nun einmal den unten stehenden Mann, und Giacomo vermutete schon des längeren, dass Kutschen eigens für solche Offenbarungen konstruiert worden waren.
Der ältere Herr, welcher der Großvater der jungen Frauen hätte sein können, hatte sich sehr über das gute Benehmen des Venezianers gefreut, der die beiden Sitze in Fahrtrichtung für die Damen frei gemacht hatte. Er stellte sich als ein Advokat aus Neapel vor und erzählte seinem neuen Reisegefährten, mit dem er nun zwei bis drei Tage die Kutsche teilen würde, er sei mit seiner Gemahlin, Donna Lukrezia, und seiner Schwägerin Rosanna auch auf dem Weg nach Rom.
Giacomo war dem Himmel dankbar, endlich wieder mit Frauen von Schönheit und Anmut zusammen zu sein, und machte bereits auf den ersten Meilen den Versuch, diese durch ein unterhaltsames Geplauder mit dem Advokaten in das Gespräch mit einzubeziehen, was ihm bei dessen Frau, die ihm direkt gegenübersaß, auch gelang. Donna Lukrezia war für ihn ein Rätsel. Sie war deutlich älter als ihre Schwester Rosanna, die er auf fünfzehn oder sechzehn Jahre schätzte, und möglicherweise auch älter als er selbst, doch höchstens um ein Jahr. Ihrem Gatten begegnete sie mit äußerster Liebenswürdigkeit, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, dass eine junge Frau einem so viel älteren Mann außer Respekt noch Liebe schenken konnte. Wieder fragte er sich, wie schon bei den alten Bauern in Kalabrien, ob er
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