Verführung auf Burg Kells (German Edition)
auf.“ Bleibe hier in Sicherheit, das war es, was sie eigentlich sagen wollte.
Jammerschade, dachte sie, als sie die Tür hinter sich zuzog, dass Megs Mutter nicht mehr lebte. Sie wäre eine große Hilfe gewesen. Im Unglücksjahr 1317, wenige Monate nach Robbies tragischer Ermordung, verstarb Sir Josephs Gemahlin an gebrochenem Herzen. Wer konnte es ihr verdenken? Das Leben an der Seite ihres herrschsüchtigen Ehemannes war ihr unerträglich geworden, ohne den Beistand ihres geliebten Sohnes, der sie in Schutz genommen hatte. Sir Robert Moffat hatte das gesetzlose Treiben seines Vaters stets missbilligt, ohne ihn zur Vernunft bringen zu können in diesen unruhigen Zeiten, da beinahe jeder Burgherr, jeder Landeigentümer, Verwalter, Pächter, ja selbst die vom König eingesetzten Lehnsherren und Lords offen für Erpressung, Bestechung und dunkle Geschäfte aller Art waren. In den Jahren nach der Schlacht von Bannockburn wurde nicht nur Schottland von Hungersnöten heimgesucht, die ihren Grund in Überschwemmungen, Missernten und Seuchen hatten. Raub und Plünderungen waren an der Tagesordnung, um sich und die seinen am Leben zu erhalten. Robert aber hätte nie ein Kind entführt oder um die Ehre einer Frau gefeilscht.
Ebony hatte eine sehr glückliche Ehe mit ihm geführt, in der es nie Zank gegeben hatte, nie ein hartes Wort gefallen war. Nur Biddie und Meg wussten um die bitteren Tränen, die sie nachts vergoss, wenn sie sich nach dem Trost und der Geborgenheit von Roberts Armen sehnte. An diesem Morgen bei Tagesanbruch war sie mit Meg zum Wasserfall spaziert, um im Teich zu baden, da ihre Schwägerin fest an die alte Legende glaubte, wonach eine junge Frau am ersten Mai in ein stilles Wasser schauen müsse, um im Spiegelbild den Mann zu erkennen, den sie bald heiraten würde. Doch die kräuselnden Wellen unter dem Wasserfall hatten kein klares Bild zugelassen. Und schließlich hatten die beiden jungen Frauen ihr Vorhaben aufgegeben und über ihre eigenen verzerrten Spiegelbilder gelacht. Und Ebony war im Stillen froh gewesen, nichts zu sehen in der Befürchtung, der Teich könnte ihr möglicherweise das Bild von Megs Vetter Davy Moffat zeigen.
Im Bemühen, Sir Alex nicht zu begegnen, nahm Ebony einen Umweg, um durch das Gewirr von Fluren und Stiegen durch eine Tür in der Mauer des Gemüsegartens in den Hof vor den Stallungen zu gelangen, ein Weg, den Meg und sie benutzten, wenn sie sich heimlich aus der Burg zum Wasserfall schlichen. Sie nahm einen Korb mit Rüben und Kohl an sich, den der Gärtnergehilfe bei dem Sturm auf die Burg in seinem Entsetzen hatte stehen lassen, und betrat den Hof, wo Knechte sich um die Pferde kümmerten. Sam, unter Biddies Aufsicht, winkte seiner Mutter zwar flüchtig zu, wollte sich aber nicht ablenken lassen, da der gutmütige Joshua ihm zeigte, wie man die Hufe seines Ponys säuberte und die Köten bürstete.
Biddie beeilte sich, ihre Herrin zu beschwichtigen, und flüsterte ihr zu, Sam halte die Banditen für Truppen des Königs, die gekommen waren, um Sir Josephs Bewaffnete für eine Schlacht gegen die Engländer zu rekrutieren. Sie wollten die Männer zur Musterung nach Newcastle-upon-Tyne bringen, behaupteten sie. „Deshalb machen die Männer so grimmige Gesichter“, sagte sie mit großen runden Augen.
„Pah! Truppen des Königs“, schnaubte Ebony verächtlich. „Und der Kleine glaubt ihnen natürlich.“ Sie nahm Biddie beiseite, damit Joshua sie nicht belauschen konnte.
Biddie wandte den Kopf unter dem weißen Schleier, der auch Wangen und Hals bedeckte, zum Burgtor. „Gerade haben sie die Männer, die mit Sir Joseph letzte Nacht auf Raubzug waren, und noch ein paar andere weggebracht. Sam hat ihren Abmarsch beobachtet.“ Und bei Ebonys verächtlicher Miene fügte sie zaghaft hinzu: „Es ist doch besser, Sam glaubt die Geschichte, als die Wahrheit zu erfahren, meint Ihr nicht auch? Dadurch würden sich seine Albträume nur verschlimmern. Und seht nur, wie begeistert er ist. Keiner hat sich je die Mühe gemacht, ihm zu zeigen, wie er mit dem Pony umgehen soll.“
Biddie schien sehr fasziniert zu sein von dem Mann, den sie Joshua nannten, knorrig wie eine Eiche, mit gebräunten Armen und weißen Haaren wie ein biblischer Prophet und kraftvoll wie ein Junger, obwohl er vermutlich der Älteste war. Seine Augen im wettergegerbten Gesicht leuchteten in einem warmen Braunton, sein Mund lächelte gern.
Brüsk wandte Ebony sich ab. „Wir müssen Sam von hier
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