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Verführung auf Burg Kells (German Edition)

Verführung auf Burg Kells (German Edition)

Titel: Verführung auf Burg Kells (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
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selbstlos?
    Der Himmel verdunkelte sich hinter den Fensterschlitzen, und die Farben der Wandbehänge verblassten. Der Baldachin über ihrem Bett schien mit dem dunklen Gebälk zu verschmelzen, die hellblauen Bettvorhänge hatten den blauen Ton des Abendhimmels angenommen, die weißen Leinenkissen schimmerten cremefarben. Das Schnitzwerk ihres Betschemels hob sich in dem flackernden Kerzenschein dunkel und geheimnisvoll hervor. Morgen musste sie diese vertraute Umgebung verlassen und für ein ungewisses Leben mit einer gefährlichen Diebesbande aufgeben. Aber heute Nacht wollte sie dafür sorgen, dass Sam und Biddie ungestört schliefen.
    Nach einem knappen, fordernden Klopfen, das Biddie und Ebony hochfahren ließ, wurde die Tür geöffnet. „Ihr wagt es!“ herrschte Ebony den Eindringling an.
    Das forsche Auftreten von Sir Alex jagte eine Welle der Angst durch Ebonys Adern, und sie drückte ihr schlafendes Kind enger an sich. Seine hohe breitschultrige Gestalt in engen Lederhosen, die seine kraftvollen Schenkel umspannten, und sein herrischer, durchdringender Blick machten sie beklommen. „Was wünscht Ihr?“ Ihre Stimme hatte den schneidenden Ton verloren, als er sich dem Bett näherte und das Bündel hochhielt, das Biddie unter der Treppe versteckt hatte.
    „Was wohl?“ entgegnete er ungerührt, setzte sich aufs Bett neben sie, legte das Bündel dazwischen und löste die Verschnürung. Zum Vorschein kamen ein paar Kleidungsstücke für Sam, ein Paar Kinderschuhe, eine Wolldecke, ein Schal, zwei Brotfladen, ein halbes Hühnchen, ein Stück Käse und drei Äpfel. „Damit würdet Ihr nicht weit kommen“, stellte er sachlich fest. „Nicht bei seinem Appetit.“ Er warf dem schlafenden Jungen einen schmunzelnden Blick zu. „Und wenn Ihr ihn im Stockfinstern die steile Stiege hinuntertragt, brecht ihr euch beide den Hals.“
    Die Kleidungsstücke und das Essen würden nicht reichen, das wusste Ebony selbst, aber mehr konnten sie nicht tragen. Und sie wusste auch, dass der Fremde ihr nicht glauben würde, dass sie sich zu guter Letzt gegen den Fluchtversuch entschieden hatte, da Sam immer noch angezogen war. „Wir wollten nicht fort“, sagte sie trotzdem. „Wir wollten nirgendwohin.“ Sein verächtlicher Blick bestätigte ihr, dass er ihr nicht glaubte.
    „Aha. Das wäre auch ziemlich töricht, nicht wahr?“ Sein Tonfall klang aufreizend gönnerhaft und herablassend. „Den wachsamen Adleraugen meiner Männer entgeht nichts. Im Übrigen ließ ich mich durch Eure Einwilligung nicht täuschen. Ihr haltet Euch nicht an eine Abmachung, wenn eine günstigere Lösung in Aussicht ist, habe ich Recht, Mylady?“
    Das Sprichwort „Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt“ lag ihr auf der Zunge, sie wagte aber nicht, sich seinen Unmut noch mehr zuzuziehen, zumal der Spruch nur der halben Wahrheit entsprach. „Den Luxus der Ehrenhaftigkeit kann ich mir nicht leisten. Es geht schließlich um das Leben meines Sohnes, Sir. Ehre ist etwas für Männer, nicht für Mütter. Und da Ihr Euch ehrlos verhaltet, kann ich das auch. Wir haben einander nichts vorzuwerfen.“
    Seine Augen waren tief umschattet. Sie konnte die Wirkung ihrer streitbaren Worte nicht erkennen, war aber erleichtert, dass er sich nicht über sie lustig machte. „Das Leben Eures Sohnes ist nicht in Gefahr, Mylady. Das habe ich Euch bereits versichert. Es geht um Euer Wort, wie Ihr sehr wohl wisst. Und es war nicht sehr klug, meine Geduld auf die Probe zu stellen, nach unserer kleinen Auseinandersetzung vorhin.“
    „Nur ein Mann kann so denken. Ihr habt wohl gedacht, ich bezahle den Preis gern, ohne den Versuch zu machen, einen Ausweg zu finden.“
    Diese Worte belustigten ihn allerdings. „Offen gestanden, es gab einen Moment, da fragte ich mich, ob …“
    „Hinaus!“ fiel sie ihm schneidend ins Wort. „Verschwindet! Und ich kann Euch jeden Zweifel nehmen, Sir. Es wird nie geschehen, dass ich Euch näher als eine Lanzenlänge von mir entfernt sehen möchte. Niemals. Und sagt diesem Joshua, er soll gefälligst aufhören, meinen Sohn unnötig in Gefahr zu bringen. Er ist noch zu klein, um mit Pfeil und Bogen zu spielen oder auf einem Pferd zu sitzen. Dabei hätte er sich den Hals brechen können.“
    „Das könnt Ihr Josh morgen selbst sagen. Als Vater von vierzehn Kindern und Großvater von neun Enkeln wird ihn Eure Theorie sehr interessieren. Der Kleine wird offenbar gehalten wie ein Kanarienvogel im Käfig. Auf diese Weise erzieht Ihr

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