Verführung auf Burg Kells (German Edition)
oft getan hatte, legte sie ein angewinkeltes Bein über den anderen Schenkel. Und dann hörte sie, wie ihre Atemzüge sich beschleunigten in aufsteigender Lust, die sie jedes Mal untröstlich und einsam im Schlaf weinen ließ. Diesmal aber hielt das Sehnen an, bis der Traum sich in wohltuenden Frieden wandelte, ohne sie zu wecken.
3. KAPITEL
In der frommen Überzeugung, es sei nie zu spät, für eine verlorene Seele zu beten, murmelte Bruder Walter unablässig Gottesanrufungen, bis Mistress Megs diskretes Hüsteln seiner Litanei ein Ende setzte, er sich mühsam von den Knien neben Sir Josephs Leichnam aufrichtete und das Gebetbuch zuklappte.
Meg gab ihm noch einen Moment Zeit, um sich zu sammeln, bevor sie ihn anredete. „Die Männer warten bereits, um Sir Joseph in der Winterhalle aufzubahren. Der Verwalter braucht seine Schreibstube, und wir wollen unser Tagwerk beginnen, Bruder Walter.“
„Sehr wohl, wie Ihr wünscht, Mistress.“
Kurz nach Mitternacht hatte Sir Joseph die Augen für immer geschlossen. Sein Tod löste verwirrende Empfindungen in Meg aus, Erleichterung vermischt mit Gewissensbissen, dazu eine tiefe Besorgnis, da die Burg zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt in die Hände von Räubern gefallen war. Trauer befand sich zweifellos irgendwo auf der Liste ihrer verstörten Gefühle, hatte sich allerdings noch nicht in denVordergrund gedrängt. Das Schluchzen ihrer Zofe verwirrte sie daher. „Hör auf damit, Janet“, seufzte sie. „Du bist übermüdet und untröstlich, aber Sir Joseph hätte sich nicht mehr erholt. Bruder Walter hat uns darauf vorbereitet. Nun hat mein Vater seinen Frieden gefunden und wir auch.“
Jungfer Janet blinzelte verdutzt. Sie war eine füllige Person mit grauen Haaren, die unter ihrem weißen Schleier stets eine vergrämte Miene zur Schau trug, Ausdruck ihrer Unzufriedenheit über ein Schicksal, das sie zwang, als unverheiratetes ältliches und zudem reizloses Fräulein in einem Männerhaushalt zu leben, dessen Hausherr sie mit dem größten Vergnügen zur Zielscheibe seines Spottes gemacht hatte.
Meg, die sich weigerte, eine gespielte Trauermiene aufzusetzen, warf ihre lange kastanienrote Haarmähne über die Schultern und gab den Männern Zeichen einzutreten. Verwalter, Burgvogt, Kämmerer und Sir Josephs betagter Kammerdiener waren stark genug, um die Bahre mit dem Leichnam zu tragen.
„Mein aufrichtiges Beileid, Mistress Meg“, murmelte der beleibte Kämmerer mit Grabesstimme. „Macht Euch nur keine Sorgen, wir kümmern uns um alles.“
„Danke, Master Morner. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Wie ich höre, ziehen die Fremden heute ab. Haben sie sich genommen, was sie brauchen können?“
„Die Männer durchsuchen die Vorratskeller, und sie zwangen mich, ihnen sämtliche Schlüssel auszuhändigen. Gestern haben sie die Pferde in den Ställen genau geprüft. Sir Joseph würde das Treiben jedenfalls nicht gefallen.“
„Umso besser, dass er nichts mehr davon erfährt, Master Morner. Aber wonach suchen diese Räuber eigentlich? Lady Ebony meint, sie wollen irgendetwas auskundschaften.“
„Wenn sie die Absicht haben, unsere Vorratskeller leer zu räumen, brauchen sie zusätzliche Packpferde, und es wird einige Zeit dauern, bevor alles verladen ist. Ich vermute, die Banditen interessieren sich für Sir Josephs Geschäfte.“
„Denkt Ihr, sie durchwühlen deshalb die ganze Burg?“
„Es würde mich nicht wundern, Mistress.“ Er packte einen Griff der Bahre, und die vier Männer hievten die schwere Last hoch und manövrierten sie ächzend durch die schmale Tür.
Mit betrübter Miene schaute Jungfer Janet dem kleinen Leichenzug nach. „Soll ich Lady Ebony Bescheid sagen?“
„Ich glaube, Sir Alex überbrachte ihr die traurige Botschaft noch in der Nacht“, sagte Meg. „Arme Ebony. Vom Regen in die Traufe.“
„Wieso?“
„Wenn die Männer abziehen, wird sie mit ihnen gehen. Sie wollen Sam als Geisel nehmen.“
Jungfer Janets entsetztes Gesicht fand keine Beachtung, da ein Mann aus dem dunklen Flur auftauchte, den Leichenträgern eine Anweisung hinterherrief und sich angewidert in der engen Stube umblickte. „Hier hat man Euch also eingesperrt? Mein Beileid, Mistress Moffat.“
„Wer seid Ihr?“ Meg blickte dem Fremden entgegen, dessen Tonfall ihr missfiel, in dem sie keine Spur von Mitgefühl entdecken konnte.
Seine Miene missfiel ihr noch mehr. Der Ausdruck seiner heiter blitzenden Augen reizte sie, als bereite es ihm
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