Verführung auf Burg Kells (German Edition)
tiefes Lachen verebbte in einem breiten Schmunzeln, das keiner weiteren Erklärung bedurfte. Er steckte die Daumen in seinen Gürtel.
„Verstehe“, sagte Hugh gedehnt. „Aber sie ist Witwe, vergiss das nicht. Damit hast du nicht gerechnet. Solltest du nicht ein wenig vorsichtig sein?“ Sein Blick wanderte in eine dunkle Ecke der dämmrigen Halle, wo eine prachtvolle schwarze Katze auf einem Tisch kauerte und Alex’ struppigen Jagdhund aus funkelnden grünen Augen fixierte.
„Das, mein Freund, ist weit verbreitetes Vorurteil.“
„Was denn?“
„Dass man Witwen mit Samthandschuhen anfassen soll. Vielleicht verwechselst du das mit Jungfrauen.“
„Denk an meine Worte“, warnte Hugh. „Ich kenne mich in diesen Dingen aus. Witwen sind nicht wie andere Frauen, auch wenn sie mehr Erfahrung haben. Eine Frau, die ihren verstorbenen Ehemann wirklich geliebt hat, vergisst ihn nicht so schnell. Sie leben, als sei er immer noch an ihrer Seite. Darin sind sie merkwürdig. Treu bis über den Tod hinaus.“ Als Alex nichts darauf erwiderte, fuhr Hugh fort: „Das bedeutet allerdings nicht, dass sie kein Verlangen verspüren, sie geben es nur nicht zu. Es dauert eine Ewigkeit, eine Witwe davon zu überzeugen, dass es kein Verbrechen ist, ein neues Leben zu beginnen.“
„Vielen Dank für deinen weisen Rat, Hugh. Aber so lange habe ich nicht Zeit. Zudem sind mir unschlüssige und verwirrte Frauen nichts Neues. Und nun solltest du dich um deinen eigenen Kram kümmern und mich in Frieden lassen.“
„Einverstanden. Aber bald wirst du meine Hilfe brauchen.“
„Mag sein. Dafür wirst du schließlich bezahlt, also halte dich bereit.“
Hugh bekam große Augen. „Steht es so schlimm?“ Er beobachtete, wie die Katze aufstand, einen Buckel machte und den Schweif aufstellte wie einen Fahnenmast. Der Jagdhund stand reglos da, unschlüssig, was zu tun sei.
„Ja, so schlimm. Nur weiter so! Und du kannst getrost lachen, wenn du Blut siehst.“
„Wessen Blut?“
„Das überlasse ich deiner Fantasie.“
Nachdem Hugh gegangen war, grübelte Alex über die Bedenken des Freundes nach. Sie hatten nicht erwartet, Sir Joseph schwer verletzt vorzufinden, genauso wenig wie sie ahnen konnten, dass eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen seinem Enkelsohn und den zwei atemberaubend schönen Frauen bestand, die sie heimlich beim Bad unter dem Wasserfall in der aufgehenden Sonne beobachtet hatten.
Die Freunde hatten lediglich gewusst, dass der Enkelsohn eine wirkungsvolle Waffe gegen den alten Moffat darstellte, um von ihm wichtige Auskünfte zu erhalten. Nun aber sahen sie sich mit einer völlig veränderten Situation konfrontiert, die sich aller Voraussicht nach noch zuspitzen würde. Es würde nicht leicht sein, einen kühlen Kopf zu bewahren im Kampf gegen zwei streitbare Schönheiten, von denen eine ihren Sohn und die andere ihren Vater verteidigte.
Dennoch gaben ihm Hughs Überlegungen zu denken. Der alte Mann hatte gewiss längst Pläne geschmiedet, um die beiden Frauen an benachbarte Adelige oder Gutsherren zu verheiraten. Und Alex fragte sich, ob die Witwe nicht bereits einem anderen versprochen war. Wobei ihn das nicht weiter störte: Sie hatte ihm ein verlockendes Angebot gemacht, das er gerne annahm. Sie war eine trauernde und sittsame Witwe, und er wollte sie keinesfalls um die Genugtuung bringen, sich für ihr Kind zu opfern, denn dazu schien sie wild entschlossen zu sein. Der Spaß würde erst richtig beginnen, wenn sie herausfand, dass ihre Opferbereitschaft gar nicht nötig gewesen wäre.
Das Klimpern des Schlüssels war die letzte Demütigung am Ende eines unvergesslich peinigenden Tages. Ebony hatte gebeten, gemeinsam mit Meg Nachtwache am Lager des Schwerkranken in der stickigen Schreibstube halten zu dürfen, wo es nach den Ausdünstungen des Schwerverletzten und nach Arzneien stank. Doch der finster dreinblickende Begleiter ließ sich nicht erweichen, und sie war gezwungen zu gehen, bevor sie Meg näher erklären konnte, warum ihr Fluchtplan fehlgeschlagen war. Meg hatte genickt, aber Ebony wusste, dass sie kein Verständnis für ihr Zögern aufbringen konnte. Den Tränen nahe, schlug sie nun mit der Faust gegen die Tür, allerdings nicht zu hart, um Biddie und Sam nicht zu wecken.
Biddies Hoffnung auf eine ungestörte Nachtruhe hatte sich wohl zerschlagen, denn Ebony entdeckte Sams hellen Lockenkopf neben ihren dunklen Locken, die Gesichter einander im Schlaf zugewandt. Biddy hatte sich vermutlich
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