Verführung auf Burg Kells (German Edition)
nächsten Moment war Sam wieder auf den Beinen und wild entschlossen, einen weiteren kläglichen Versuch zu wagen.
„Lasst mich sofort zu ihm!“ fauchte sie.
„Nein! Ihr bleibt hier. Steigbügel, Junge!“ rief er zu Sam hinüber.
Schmerzlich verzog Ebony das Gesicht, als ihr Sohn, schief und krumm im Sattel sitzend, vom Pferderücken durchgeschüttelt wurde. Sie litt weit größere Qualen als er unter den Anforderungen, die ihm abverlangt wurden. Er war einfach noch zu klein und zu schwach für ein so großes Pferd, aber daran dachten diese Rohlinge nicht. „Es reicht! Er ist müde. Er hat genug davon.“
„Lasst ihn. Die Männer wissen, was sie tun.“
„Sie wissen es nicht!“
„Schaut ihn Euch an! Seht sein Gesicht. Er ist begeistert.“
Sam saß stocksteif im Sattel und hörte mit gebannter Aufmerksamkeit auf Master Joshuas Anweisungen. „Fass die Zügel kürzer. Und denk an den Schenkeldruck!“
„Das tu ich doch“, keuchte er.
„Mehr Schenkeldruck. Sitz gerade! Nicht an den Zügeln ziehen, sonst bleibt er stehen.“
„Ja … ja!“
„Und halt den Mund. Sprich mit den Händen, den Schenkeln und den Fersen.“
Diesmal hielt der Knirps sich im Sattel, benommen vor Stolz über seinen Erfolg, ohne auch nur einen Gedanken an die Ängste seiner Mutter zu verschwenden. „Ich habe es geschafft!“ quietschte er, als er sie endlich entdeckte. „Ich kann es, ich kann reiten, stimmt’s, Master Joshua?“
„Na ja, wenn du fleißig übst, kriegen wir das schon hin“, antwortete Josh gutmütig. „Aber denk bloß nicht, dass es damit getan ist. Jetzt wirst du ihn striegeln. Komm. Ein guter Reiter kümmert sich um sein Pferd.“ Er zwinkerte Ebony vertraulich zu und führte Pony und Reiter über den Hof zu den Ställen.
Ebonys Vorbehalte hatten sich nicht gelegt. „Der Junge ist völlig überanstrengt“, sagte sie aufgebracht und drehte sich zu Sir Alex um. „Haltet Ihr es für angemessen, Sam Reitunterricht zu geben, einen Tag nach dem Tod seines Großvaters? Bringt man auf diese Weise Kindern Respekt bei?“
Der Turnierplatz war nun leer. Eine Ecke zwischen Mauer und Turm bot Sichtschutz vor neugierigen Blicken, und ohne ihr eine Antwort zu geben, hielt er ihren angewinkelten Arm an seine Seite gedrückt und zog sie unsanft in den abgeschiedenen Winkel. Plötzlich stand sie mit dem Rücken gegen die Mauer gelehnt auf unsicheren Beinen und hielt Sir Alex mit flachen Händen gegen seinen Brustkorb gestemmt auf Distanz. Ihr Angriff war unvermutet zur Verteidigung geworden. Wieder einmal war ihr Sohn ihrem Einfluss entzogen worden. Sie hatte sich aufrichtig bemüht, diesem Mann höflich zu begegnen, in der Hoffnung, er würde sich gleichfalls darum bemühen, doch manchen Menschen durfte man offenbar nicht einmal den kleinen Finger reichen. Es war höchste Zeit, ihn in seine Schranken zu weisen, ehe er in seiner Unverfrorenheit zu weit ging. Sie wehrte sich verbissen gegen ihn in verzweifelter Angst, in eine Falle geraten zu sein, aus der es vielleicht kein Entrinnen gab.
Ihre Finger reichten beinahe an den Dolch in ihrem Gürtel heran. Sie versuchte, Sir Alex in die Hand zu beißen, streifte aber nur seine Knöchel mit den Zähnen. Als sie ihm das Knie in den Unterleib stoßen wollte, war er auch darauf gefasst, wich mit einer blitzschnellen Drehung aus und stand plötzlich zwischen ihren Knien. Ebony sah rot. Wutschnaubend wand sie sich, bäumte sich auf, angespannt wie eine Bogensaite. Sie schlug auf ihn ein, zerkratzte ihm mit gekrümmten Fingern den Hals, spürte Haut unter den Nägeln. Mit der anderen Hand zerkratzte sie ihm das Gesicht, bevor ihr beide Arme gewaltsam auf den Rücken gedreht wurden und ihrem kurzen, rasenden Angriff ein Ende gesetzt war.
Ehe sie wusste, wie ihr geschah, nahm er ihren Mund in Besitz und drängte seine Zunge zwischen ihre Lippen. Verzweifelt versuchte sie, Widerstand zu leisten. Doch gefangen vom Gewicht seines Körpers wie in einem Schraubstock, presste er sie gegen die Mauer, wickelte ihren schweren Zopf um seine Faust und zwang sie, den Kopf zu heben. Ebony kniff die Augen zusammen, hilflos seiner männlichen Gewalt und Willkür ausgeliefert.
Als er unvermutet von ihr abließ, war sie nicht darauf gefasst. Halt suchend krallte sie sich an seinem Ärmel fest, die andere Hand flog an ihre wunden Lippen, Tränen ohnmächtiger Wut schossen ihr aus den Augen.
„Das, Mylady, war eine Belohnung“, sagte er mit dunkler Stimme, „falls Ihr Euch darüber
Weitere Kostenlose Bücher