Verführung auf Burg Kells (German Edition)
ihres Besuches erfahren, erwiderte ich ihm, dass er uns herzlich willkommen ist.“
Die gebündelten Strahlen der Morgensonne, die schräg durch die Rundbogenfenster ins Taufbecken fielen, wurden vom Wasser reflektiert und spiegelten sich als Lichtkringel im Kreuzgewölbe. Sir Alex’ Haar glänzte glatt und nass, als habe er ein Bad im See genommen. Ebony rief sich zur Ordnung, vermochte aber nicht die Schärfe aus ihrer Stimme zu nehmen. „Wie gut, dass er überhaupt jemand davon unterrichtet hat. Es wäre zwar angebracht gewesen, wenn er die Höflichkeit besessen hätte, Mistress Moffat und mich früher davon in Kenntnis zu setzen, aber gebt ihm getrost das Gefühl, willkommen zu sein, wenn Euch dies ein Bedürfnis ist. Allerdings können meine Schwägerin und ich uns dem nicht anschließen.“
„Aber nein, meine Gute …“, Bruder Walter blickte bekümmert von Sir Alex zu ihr und wieder zu ihm, „… Ihr dürft nicht so streng mit dem Mann sein. Er erfüllt nur seine Christenpflicht, und wir können eine Schar tapferer Soldaten gut gebrauchen, da unsere Männer fort sind. Er hat mir auch zugesagt, dass die Männer anständig angezogen, in sauberen Hosen und Stiefeln erscheinen werden und keine Waffen tragen.“
„Das hat er Euch zugesagt, Bruder Walter? Nun, dann wollen wir dankbar sein, dass er gelegentlich einen vernünftigen Satz von sich gibt. Hat er auch gesagt, ob die ungebetenen Gäste als Freunde von Sir Joseph vorgestellt werden sollen? Es wäre ratsam, uns darüber aufzuklären, sonst geraten wir Frauen mit unserem beschränkten Verstand in Verwirrung über die Kostümierung. Die Herren scheinen ja ständig ihr Mäntelchen nach dem Wind zu hängen.“
In das sonst so grämliche Gesicht des Priesters stahl sich ein belustigter Zug, dem sie entnahm, dass Sir Alex hinter ihr heimlich in sich hinein lachte und damit Bruder Walters Sympathien gewonnen hatte.
„Ich verschwende meine Zeit“, sagte sie und raffte die Röcke. „Ich schicke Euch den Kämmerer und den Tafelmeister.“
Sir Alex’ Arm an der wuchtigen Säule versperrte ihr den Weg. „Einen Moment, Mylady, wenn Ihr gestattet. Unser Missverständnis …“
„Eure bewusste Täuschung, Sir!“ fauchte sie und wich einen Schritt zurück, um ihm nicht zu nahe zu kommen. „Wir wollen die Dinge doch beim Namen nennen, nicht wahr?“
„Aber, aber!“ schalt Bruder Walter wieder und wiegte nachsichtig den Kopf. „Für Feindseligkeiten ist keine Zeit. Ihr müsst doch zugeben, dass es einfacher ist, die Anwesenheit von Sir Alex und seinen Männern damit zu erklären, dass er ein Offizier auf der Durchreise ist, der seine Truppen zur Musterung nach Newcastle bringt. Auf diese Weise seid Ihr …“
„Für wen einfacher, Bruder Walter?“ fiel Ebony ihm ins Wort. Warum können diese Männer nicht zugeben, wer sie sind und worauf sie es abgesehen haben? Wieso ist es nötig, die Tatsachen hinter Halbwahrheiten zu verschleiern?“
„Aus dem einfachen Grund, Mylady“, ergriff Alex nun das Wort, „weil es keine Halbwahrheiten gibt. Zugegeben, es ist nicht die ganze Wahrheit, aber wir befinden uns auf dem Weg über den Hadrianwall nach Newcastle, wo König Robert seine Truppen versammelt, um Berwick wieder zu erobern, das die Engländer ihm weggenommen haben. Diese Aussage ist keine Lüge. Es wäre allerdings taktisch unklug, Sir Josephs Freunde wissen zu lassen, dass wir Untersuchungen über seine Aktivitäten anstellen; schließlich wollen wir in Erfahrung bringen, welche seiner Freunde und Bekannten gleichfalls in seine finsteren Geschäften verstrickt sind. In gewisser Weise kommt uns diese Trauerfeier sehr gelegen, da sich alle hier versammeln werden, aber sie werden nichts ausplaudern, wenn sie Verdacht schöpfen, sich damit zu belasten. Ob Ihr nun Schottin oder Engländerin seid, die Wahrheit in dieser leidigen Angelegenheit muss geklärt werden. Es geht nicht zuletzt um die Familie des Lords. Oder wollt Ihr etwa, dass diese Beschuldigungen bis in alle Ewigkeit über Eurem Kopf und dem Eures Sohnes hängen?“
„Und ich unterstelle, Ihr verlängert Euren Aufenthalt auf Castle Kells um einige Tage als wohlverdiente Rast. Gehört das auch zu Eurem Betrug?“
„Wir wollen einige der Galloways kaufen und unseren Verwundeten ein paar Tage Ruhe gönnen. Das ist kein Betrug, Lady.“
„Mit dem Unterschied, dass es sich bei den Verwundeten um Sir Josephs Männer handelt, nicht um die Euren.“
„Das tut nichts zur Sache. Die
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