Verführung auf Burg Kells (German Edition)
angespannt wie die Saiten einer Harfe.
Seine Stimme. Seine ätzenden Worte über ihre vermeintliche Gleichgültigkeit für das Elend der Menschen, die unter der Hungersnot litten. Hatte er möglicherweise Recht damit? War sie tatsächlich eine Gefangene, wie sie behauptet hatte? Entsprach es nicht wenigstens zum Teil ihrem Wunsch, mit Sam geborgen innerhalb der Burgmauern zu bleiben? Er hatte sie wegen Sams Erziehung kritisiert, ihr vorgeworfen, sie verhätschle ihn, lasse ihm zu wenig Freiheiten, aber was wusste er schon über Kindererziehung oder ihre Beweggründe? Dieser verfluchte Wichtigtuer!
Der Gärtnergehilfe richtete sich mit einem Arm voll gejätetem Unkraut auf, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Lady Ebony kehrtmachte und beinahe mit Sir Alex zusammenstieß. Zu seiner Enttäuschung wurde der Gehilfe vom Gärtner gerufen, bevor er sehen konnte, was weiter passierte. Doch als er im Laufen einen flüchtigen Blick über die Schulter warf, bemerkte er, dass die beiden sich feindselig gegenüberstanden wie zwei knurrende Terrier.
„Habt Ihr noch etwas auf dem Herzen, Mylady?“ fragte Sir Alex.
Ich sollte ihm sagen, wie sehr ich ihn hasse.
„Ich möchte Euch nur um den Schlüssel für meine Kammer bitten, Sir. Ich fühle mich nicht sicher bei so vielen Fremden in der Burg.“
„Eure Sicherheit ist mir oberstes Gebot. Ich werde auch Wachen vor Mistress Megs Tür postieren, solange die Trauergäste auf der Burg sind. Der Schlüssel aber bleibt in meiner Tasche.“
„Ich brauche Euren Schutz nicht. Ich brauche meinen Schlüssel.“
„Ich weiß genau, was Ihr braucht, Mylady.“
Noch immer aufgebracht und verwirrt über ihren Streit in der Kapelle, fand sie keine schlagfertige Antwort. „Ich habe viel zu tun“, warf sie ein und richtete den Blick auf einen Punkt über seiner Schulter. „Lasst mich vorbei, wenn ich bitten darf. Und wenn Ihr zu wissen glaubt, was ich brauche, so könnt ihr die Steckrüben dort hinten in die Küche bringen und dem Koch sagen … nein! Nein! Lasst mich augenblicklich herunter!“ Sich aufzubäumen hatte keinen Sinn, denn er hielt sie fest an sich gedrückt, und in den ersten fassungslosen Augenblicken ihrer Hilflosigkeit wusste sie nicht einmal, in welche Richtung er sie trug. Schlimmer noch, seine letzte rätselhafte Bemerkung weckte in ihr die Furcht, dass er sie jetzt zwingen würde, den Preis zu bezahlen, ohne Vorwarnung, ohne ihre Einwilligung über Ort und Zeit geben zu können. „Nein“, flehte sie. „Nein … bitte … noch nicht!“
Er stieß die Tür in der Gartenmauer mit der Schulter auf, trug sie durch den Torbogen den steinigen Pfad entlang, der zum Wasserfall führte. Weit unten glitzerte der See in der Sonne, in dem sich das Blau des Himmels und das Weiß der Wolken spiegelten, gesäumt vom dunklen Wald. An der Bank aus flachen Steinplatten, wo Meg und sie nach dem Bad häufig Rast machten und sich die nassen Haare kämmten, machte er Halt, stellte sie auf die Füße, ohne seinen Griff zu lockern, setzte sich auf die Bank und zog sie zwischen seine Schenkel. Er hielt ihre Handgelenke fest, drückte ihren Rücken an seine Brust in einer Umarmung, die sie so lange nicht gespürt hatte, dass sie ihr fremd geworden war, abgesehen von einem Traum vor zwei Nächten.
„Bitte nicht“, sagte sie. Sie spürte, wie er sein Gesicht in ihr Haar grub, ihren Duft einatmete. Bebende Schauer fuhren ihr bis in die Schenkel. „Ich muss Meg bei den Vorbereitungen helfen. Sie braucht mich.“
„Ich brauche Euch auch“, raunte er kehlig. „Und für mich ist es weniger gefährlich, mit Euch auf diese Weise zu sprechen, habe ich Recht, meine Schöne? So können Eure scharfe Zunge und Eure Krallen mich weniger treffen.“
Plötzlich wusste sie, dass er den Wasserfall kannte; sein nasses Haar und die Zielstrebigkeit, mit der er durch den Garten zur Steinbank gegangen war, ließen keinen Zweifel daran, dass er schon einmal hier gewesen war. Die Burgmauer türmte sich als Sichtschutz hinter ihnen auf. „Was wollt Ihr wissen?“ Sie hielt den Blick auf seine Stiefel gesenkt. Er hatte größere Füße als Robbie, seine Schenkel waren kräftiger und länger. Seine seidig behaarten, gebräunten Hände hielten ihre Handgelenke unter ihrem Busen fest, und zweifellos spürte er ihre Wärme und ihr banges Herzklopfen unter der feinen Wolle ihres Gewandes.
„Erzählt mir von den Freunden Eures Schwiegervaters, die zum Begräbnis kommen, die Freunde, mit denen er Handel
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