Verführung auf Burg Kells (German Edition)
Kleidungsstückes zu achten, nur ihre heisere Stimme fiel ihm auf und machte ihn zufrieden.
„Ich hasse Euch!“ stieß sie krächzend hervor, spürte aber gleichzeitig den Schmerz erneut aufflammender Sehnsucht, die in ihrem unerfüllten Leben bisher keinen Platz gefunden hatte. Es dauerte eine Weile, bis sie sich erholt hatte.
Er stützte die Arme auf die Knie und schenkte ihr nun seine ganze Aufmerksamkeit, als sie ihn wieder mit bitteren Vorwürfen überhäufte. Es sei seine Schuld, dass sie Meg nicht helfen könne; er hätte durch seine ungebetene Einmischung bei Davy Moffats Heiratsantrag alles verdorben. Auch diese Vorwürfe ließ er schweigend über sich ergehen, bis sie ihn bezichtigte, nicht einmal davor zurückzuschrecken, den kleinen Sam als Informanten auszunutzen.
„Schluss damit!“ unterbrach er sie, und Ebony zuckte unter seinem scharfen Ton zusammen. „Es reicht! Lasst den Kleinen aus dem Spiel. Er hat lediglich ein paar harmlose Fragen beantwortet, das hat ihm gewiss nicht geschadet. Im Gegenteil, er war sehr stolz darauf, mir Auskunft zu geben, wer die Leute sind, und freute sich, mich zu verbessern, wenn ich ihre Namen verwechselte.“
„Was wisst Ihr denn schon darüber, was ein sechsjähriges Kind denkt?“ fuhr sie ihn heiser an. „Was wisst Ihr überhaupt von einem Kind? Seht Ihr die Kinder gelegentlich, die Ihr in die Welt gesetzt habt?“
Sie erwartete eigentlich keine Antwort auf diese Frage, die ihn allerdings allem Anschein nach betroffen machte. „Nein“, antwortete er nachdenklich, „nicht oft.“ Er blickte über die dunklen Wellen, auf denen sich weiße Schaumkronen bildeten. „Viel zu selten.“
„Dann benutzt mein Kind nicht als Schachfigur in Eurem bösen Spiel. Er ist alt genug, um zu begreifen, dass ein nackter Mann in meinem Schlafzimmer …“ Erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund, da sie im Begriff war, ihm die ganze Schuld zuzuschieben, obgleich auch sie ein Teil der Schuld traf, und ärgerte sich gleichzeitig darüber, dass er zuließ, dass sie ihren unangebrachten Schuldzuweisungen Luft machte. „Ihr habt mich nicht nur in Sams Augen herabgewürdigt, sondern auch in den Augen unserer Gäste“, flüsterte sie heiser. „Ich bat euch, Master Davy zu erklären, dass Ihr gestern Nacht einen dummen Scherz gemacht habt, und das habt Ihr unterlassen, worauf er das Gerücht verbreitete, ich sei schamlos. Das gleiche Gerücht ließ er auch über Meg verbreiten. Wie sollen wir Sir Josephs Namen ohne seine Hilfe reinwaschen? Und nach allem, was vorgefallen ist, wird er mir auch nicht helfen, meine Mutter zu finden. Auch diese Hoffnung habt ihr mir zunichte gemacht. Vielen herzlichen Dank!“ Aus einer neuen Quelle brodelte Groll und Angst in ihr hoch, gemischt mit Verbitterung, nicht in der Lage zu sein, ihre Mutter zu suchen.
„Erzählt mir von Eurer Mutter“, forderte er sie auf. „Was ist geschehen?“
Zögernd begann sie einen knappen Bericht. Es fiel ihr immer noch schwer zu glauben, dass ihre Mutter nicht mehr am Leben war, auch nach zwei Jahren völligen Schweigens, und dieses Nichtwissen war ebenso schwer zu akzeptieren, wie ihr Tod es gewesen wäre. Lady Jean hatte Ebony nach ihrer Einheirat in die Familie Moffat nur ein einziges Mal besucht, damals zur Geburt und Taufe ihres Sohnes. Danach hatte sie häufig Briefe geschrieben, Geschenke für das Baby geschickt, bestickte Decken, eine silberne Rassel, einen Laufstall für seine ersten Schritte. Doch nach der Kunde von dem Überfall auf ihr Haus und ihrem Verschwinden kam nichts mehr. In ihrem letzten Brief drückte sie ihr tiefes Mitgefühl über den Verlust, den ihre Tochter erlitten hatte, aus und kündigte ihren baldigen Besuch an, der nie stattgefunden hatte.
„Und was haltet Ihr von dem plötzlichen Verschwinden Eurer Mutter?“ fragte Alex leise. „Könnte sie noch am Leben sein?“
Ebony nickte und richtete den Blick in die dunklen Tiefen des Sees. „Vielleicht wird sie gefangen gehalten? Vielleicht ist sie krank oder verletzt? Aber sie lebt. Sie
muss
noch am Leben sein, das spüre ich irgendwie.“
„Beruhigt Euch, meine Schöne. Ich bringe Euch zurück.“ Er griff in den Lederbeutel an seinem Gürtel, zog etwas heraus und hielt es ihr hin. „Hier. Er gehört Euch. Steckt ihn ein.“
„Was denn?“
Er legte den Schlüssel zu ihrer Tür in ihre ausgestreckte Hand. „Benutzt ihn, wenn Ihr wollt. Die Abmachung ist erfüllt.“
Seine Worte trafen sie mit der Wucht eines
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