Verfuehrung auf Italienisch
du sehr viele Leute treffen. Das könnte dein ganzes Leben verändern."
Clare sah ihre Tante argwöhnisch an. "Mit Leuten meinst du wohl Männer, oder?"
"Na und? Ist das denn so ausgeschlossen? Du bist ein sehr schönes Mädchen, aber du scheinst es nicht gebührend zu schätzen."
"Vielleicht weil ich weiß, dass es keinen Unterschied macht. James machte mir immer Komplimente, wie hübsch ich sei, aber dann zog er eben doch die Millionen von Ginny Parrishs Vater vor." Sie lächelte, aber es war ein schiefes Lächeln.
"So ist das also passiert." Violetta betrachtete ihr Patenkind mitfühlend. "Du hast nie darüber gesprochen."
"Ich weiß auch nicht, warum ich jetzt darüber spreche", meinte Clare leise.
"Wahrscheinlich, weil ich Zeuge einer geschäftlichen Fusion werden soll, die als Heirat getarnt ist."
"Cara, nicht alle Männer sind wie dieser ... dieser James. Eines Tages wirst du jemanden treffen, der dich um deiner selbst willen liebt und dem es ganz gleichgültig ist, wie viel Geld du hast."
"Hoffentlich." Clare seufzte. "Aber bestimmt nicht in der Villa Minerva." Sie sah Violetta an. "Vielleicht sollten wir uns auf den Heimweg machen. Ich muss ja noch meine armselige Lumpen in meinen schäbigen Koffer packen."
Violetta war pikiert. "Manchmal kannst du wirklich unmöglich sein."
"Du bist auch nicht immer einfach zu durchschauen", revanchierte Clare sich sofort. "Was um alles in der Welt hat dich dazu bewogen, die Einladung des Marchese anzunehmen? Du verbringst den Sommer doch immer in der Villa Rosa."
Violetta zuckte die Achseln. "Dem Marchese kann man nur schlecht etwas abschlagen. Und schließlich hat er uns die Möglichkeit geboten, zusammen sein zu können."
"Oh ja, er ist der barmherzige Samariter selbst." Dann begann Clare zu kichern. "Du wirst auch alle möglichen Leute treffen. Wer weiß, vielleicht ändert sich ja dein Leben von Grund auf."
"Jetzt mache dich nicht lächerlich", sagte Violetta ungewohnt kühl. "Ich werde nie eine neue Beziehung eingehen."
"Man soll nie nie sagen."
Violetta blickte regelrecht erbost drein. "Diese unsinnige Unterhaltung sagt mir überhaupt nicht mehr zu." Sie griff ihre Handtasche und stand auf. "Wenn du dann so weit bist ..." Schon auf dem Weg zum Auto drehte sie sich zu Clare um. "Vergiss nicht, dass du zuerst deine Meinung geändert hast."
Clare folgte ihr kleinlaut, verwundert und betroffen über diesen plötzlichen Stimmungswechsel. So streitlustig hatte sie Violetta noch nie erlebt. Das liegt an der Villa Minerva, dachte sie. Dieser Ort strahlt etwas Aggressives aus, das jeden beeinflusst. Und ab morgen werde ich dort leben. Ein beklemmender Schauer lief ihr den Rücken hinunter.
6. KAPITEL
Clare schreckte hoch. Sie hatte schlecht geträumt, wirre Bilder von James, wie er Ginny zum Traualtar führte, und als sie, Clare, wütend und tränenüberströmt zur Kirche hereingestürmt war und alle sich zu ihr umdrehten, stand dort vorne am Altar nicht James, sondern Guido Bartaldi.
Sie sah die ersten Sonnenstrahlen durch die geschlossenen Jalousien fallen, aber es war noch sehr früh. Im Haus war alles still, nur das Zwitschern der Vögel, die den neuen Morgen begrüßten, war zu hören. Mit einem Seufzer sah sie auf den Wecker. Früh, aber eigentlich zu spät, um noch einmal einzuschlafen. Außerdem fühlte sie eine innere Unruhe, die sie sowieso nicht hätte schlafen lassen.
Sie setzte sich auf und schlang die Arme um die Beine. Was war nur mit ihr los? Sie wusste es. Ich hätte diesen Job nie annehmen dürfen. Unter dem Dach von Guido Bartaldi zu leben ist reiner Wahnsinn. Er war genauso wie James, ein Mann, der aus reiner Berechnung und ohne jedes Gefühl eine Ehe einging. Die Art Mann, die sie am meisten verabscheute. Jemand, der einen Ehering mit einem Freibrief gleichsetzte. Wie James, der ihr selbstgefällig lächelnd versichert hatte, dass seine Heirat keine Auswirkung auf seine Beziehung zu Clare haben musste. Er hatte keine Vorstellung davon gehabt, wie erschüttert und beleidigt sie sein würde, als er ihr diesen widerlichen Vorschlag gemacht hatte. Aber sie hatte ihm sehr laut und sehr deutlich klar gemacht, dass sie eine solche Beleidigung nie hinnehmen würde, dass sie es nicht nötig hatte, eine solche ... Nicht nötig hatte ...
Diese Worte hallten in ihrem Kopf wider. Und plötzlich nahm ihr Gesicht eine entschlossene Miene an.
"Ich muss das nicht tun", sagte sie leise vor sich hin. "Keiner kann mich zwingen. Ich werde meine Koffer
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