Verfuehrung auf Italienisch
geklärt und vorbei. Jetzt kannst du in Umbrien bleiben, so wie ich es mir immer gewünscht habe. Ich hatte nie eine eigene Tochter. Es wird so schön sein, dich öfter zu sehen. Und du kannst dir dein Leben hier einrichten."
Clare kaute an ihrer Lippe. "Violetta, ich habe das Angebot des Marchese abgelehnt. Ich kann unmöglich für ihn arbeiten. Das musst du doch verstehen."
Das hatte Violetta offensichtlich nicht erwartet. "Nein, ich verstehe das ganz und gar nicht", meinte sie spitz. "Du würdest in Luxus schwelgen können und ein sehr großzügiges Honorar erhalten, nur damit du ein aufsässiges kleines Mädchen davon abhältst, noch mehr Unruhe zu stiften. Wie kannst du ein solches Angebot ausschlagen?"
Clare studierte angelegentlich ihre zartrosa lackierten Fußnägel, als hinge ihr Leben davon ab. "Violetta, ich hatte nicht vor, mein Leben so zu verbringen."
"Und es wäre nicht einmal für sehr lange", drängte Violetta weiter. "Der Conte erzählte mir, dass sie Paolas Hochzeit so schnell wie möglich arrangieren wollen. Die Ehe wird sie ruhiger machen."
"Ja, das sagte der Marchese Bartaldi auch." Clare hatte das Gefühl, als griffe eine eiskalte Hand nach ihrer Kehle. "Und bis dahin kann es nichts schaden, wenn er selbst dieser simpaticofür sie ist. Er könnte ja damit anfangen, indem er seine Geliebte in Sienna aufgibt."
Sie zwang sich zu einem Lächeln. "Aber was gibt es denn zum Mittag? Ich sterbe halb vor Hunger."
Violetta und sie verbrachten die meiste Zeit am Pool, Clare schwamm und sonnte sich, während Violetta argwöhnisch darauf achtete, ihren hellen Teint mit einem riesigen Sonnenschirm zu schützen. Sie unternahmen Ausflüge; nach Urbino, um sich den großartigen Renaissance-Palast, der hoch über der Stadt wachte, mit seinen Kunstschätzen anzusehen; nach Assisi, um die nach dem verheerenden Erdbeben restaurierten Basiliken des Heiligen Franz und der Heiligen Klara mit ihren Fresken zu bewundern.
Auf dem Rückweg kündigte Violetta an, dass sie in Cenacchio einen kurzen Halt einlegen müssten.
"Mein Anwalt will mich sehen, um ein paar Papiere mit mir durchzugehen. Eine lästige Angelegenheit, aber es wird nicht lange dauern. Warum gehst du nicht ein wenig bummeln, und wir treffen uns in einer halben Stunde in dem caffeam Marktplatz, cara?"
Bereitwillig stimmte Clare zu. Sie schlenderte gern durch die engen Gässchen mit dem Kopfsteinpflaster, um sich die Auslagen der Boutiquen und Delikatessengeschäfte anzusehen.
Aus einem Impuls heraus kaufte sie in einer Buchhandlung ein Buch über das Leben und Wirken der Heiligen Klara von Assisi. Die halbe Stunde war vorbei, und immer noch kein Zeichen von Violetta. Vielleicht dauert es ein wenig länger, dachte Clare und setzte sich im caffean einen Tisch unter der Markise. Sie würde eben warten. Sie bestellte sich einen Cappuccino und vertiefte sich in das neu erstandene Buch. Als ein Schatten auf den Tisch fiel, sah sie lächelnd auf, in der Annahme, es sei Violetta. Doch es war Paola, die unsicher und fragend auf sie niederschaute.
"Signorina Clare?" Paola lächelte befangen. "Ich hatte gehofft, dass Sie es sind. Guten Tag.
Sind Sie allein? Darf ich mich zu Ihnen setzen?"
"Natürlich. Ich warte auf meine Patentante." Clare lächelte höflich, aber nicht unbedingt herzlich. "Ah, Signora Andreati. Ich habe mich sehr gefreut, sie kennen zu lernen. Si amabile, si elegante."
"Ja, das ist sie." Clares Herz wurde weicher, als sie den traurigen Ton in Paolas Stimme hörte. Paola setzte sich und legte vertraulich eine Hand auf Clares Arm. "Ich hatte mir so gewünscht, Sie wiederzusehen. Ich wollte Ihnen sagen, wie Leid es mir tut, was Guido Ihnen zugefügt hat."
Sie schüttelte den Kopf. "Che bruto. Aber hatte ich Ihnen das nicht gleich gesagt?"
"Ja", bestätigte Clare, "aber das sollten Sie nicht wiederholen. Schließlich reden Sie von dem Mann, den Sie heiraten werden."
"Niente paura!" stieß Paola vehement hervor. "Niemals!"
Sie sah sich unstet um. "Ich brauche Ihre Hilfe."
Clare seufzte. "Paola, das wäre nicht sehr klug. Und eigentlich brauchen Sie meine Hilfe auch gar nicht. Sie müssen nur Nein sagen und dabei bleiben."
"Sie verstehen nicht." Paola senkte die Stimme. "Sein Onkel ist jetzt bei uns, und die beiden werden mich zwingen, allem zuzustimmen, was sie mit mir vorhaben."
Das war auch das, was Violetta angedeutet hatte. Mitleid regte sich in Clare. "Warum reden Sie nicht mit dem Gemeindepriester? Sicherlich darf er gar nicht
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