Verfuehrung auf Probe
Zeit?“
„Es ist noch keine elf. Wir kommen gerade richtig zur Spätvorstellung.“
Ja, und in dem weltberühmten Jugendstilkino sind wir mit unseren Klamotten gar nicht mal overdressed. Ich gebe Eric seine Jacke zurück. Im Taxi ist es warm genug, im Kino werde ich gleichfalls nicht erfrieren. Und Eric kann das verhunzte Hemd unter der Jacke verstecken. Von meinem Honorar werde ich ihm ein neues kaufen.
Nachdem wir eine Weile schweigend in Richtung der Grand Boulevards gefahren sind, sagt Eric auf einmal: „Du bist mir eine Flocke.“ Und dann lacht er herzhaft und schüttelt immer wieder seinen Kopf.
„Wie stellst du dir unser weiteres Vorgehen vor?“, frage ich, anstatt in Erics plötzliche gute Laune einzufallen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass er jetzt noch an seinem Plan festhalten will. Ich meine, was will er mit einer derart verkorksten Frau, die solchen irrsinnigen Sex braucht? Vorhin, als wir Isabelle bei ihrem Dreier zugesehen haben, muss er doch selbst gemerkt haben, dass sie in einer anderen Liga spielt als er.
„Lass uns erst mal ins Kino. Danach sehen wir weiter. Ich brauche jetzt ein wenig Ablenkung. Am besten wäre ein Kinderfilm.“
„Du willst einen Kinderfilm gucken?“ Ich glaube, mir fallen fast die Augen aus dem Kopf. Was ist Eric nur für eine seltsame Type? Am Ende will er noch einen Eimer Popcorn, Käse-Nachos, Softeis und einen Liter Cola dazu.
„Warum nicht?“, fragt Eric Schulter zuckend. „Ich muss auf andere Gedanken kommen.“
„Du mei nst, du willst an etwas anderes denken als an Sex.“
„ Hmh.“
„ Hmh?“
„Ja.“
„Willst du damit sagen, dass du die Schnauze voll hast von Fesselagen und so weiter?“
„Ich will einfach nur ein wenig Abstand haben. Sei doch nicht immer so dienstlich, Chérise.“
Das sagt er ausgerechnet, indem er mich bei meinem Decknamen nennt. „Du hast meine Dienste gebucht, Eric. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich dir nichts schuldig bleiben werde. Du sollst etwas kriegen für dein gutes Geld.“
„ Das ist löblich, Chérise, aber nun tu mir bitte einen Gefallen und halte fünf Minuten lang deinen hübschen Mund.“
Den Rest der Fahrt starrt Eric zu seinem Fenster hinaus und ich zu meinem , wenngleich es mir ausnahmsweise sehr schwer fällt, nicht zu reden. Mit fünf Minuten meint Eric nicht wirklich fünf Minuten. Ich soll so lange schweigen, bis er die Schweigepartie für beendet erklärt. Mist. Nach der Kletterpartie bin ich aufgekratzt wie ich mich gar nicht kenne. Sollte ich vielleicht doch noch meine Höhenangst überwinden?
Glücklicherweise bricht der Taxifahrer das Schweigen. „Le Grand Rex“, verkündet er, obwohl wir noch mindestens einen halben Kilometer über den Boulevard Poissionnière fahren müssen. „Ein wunderschönes Kino.“ Anscheinend hält er uns für Touristen.
Im Grand Rex war ich noch nie. Wenn ich ins Kino gehe, dann meist ins UGC. Ich bin wirklich gespannt auf das weltberühmte Kultkino.
Mit seinem Türmchen an der Ecke sieht das Grand Rex schon von außen toll aus. Ich bin ein wenig enttäuscht, dass Eric mir weder die Tür aufhält, noch an die Hand nimmt. Er bremst ein wenig seinen Schritt, damit ich nicht ganz abfalle, aber das war es auch schon. Anscheinend ist er mit seinen Gedanken ganz woanders. Lass mich raten wo … Bisher habe ich ihn immer gut gelaunt erlebt. Jetzt sieht er aus, als würde er am liebsten jemanden fressen oder zusammenschlagen. Ich bekomme richtig Angst, wenn ich ihn ansehe, zumal er mir seine verletzte Seite zuwendet.
Auch um diese Uhrzeit ist noch z iemlich viel los in der Gegend und das Kino ist gut besucht. Ich bin tief beeindruckt von der wunderschönen Ausstattung und dem Springbrunnen im Foyer des Gebäudes. Eric hat für all das keinen Blick. Entweder hat er es schon tausend Mal gesehen oder er hat unseren Ausflug auf die Schwarze Orchidee noch immer nicht verdaut. Oder der Luxus-Mann hat sich längst an all die schönen Dinge gewöhnt, von denen er Tag und Nacht umgeben ist.
„Vielleicht willst du unbedingt in die BDSM-Szene, weil du einen Kontrast brauchst zu deinem schönen Leben“, überlege ich laut, als Eric sich mit den Karten zu mir umdreht.
„Blödsinn“, entgegnet er mit verächtlicher Miene und drängelt sich am Popcorn-Stand vor.
Es steht mir nicht zu, meinen Auftraggeber wegen seines rüpelhaften Verhaltens zu rügen. Entschuldigend lächele ich den Leuten zu, die sich über ihn aufregen. Ansonsten bleibe ich
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