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Verfuehrung auf Probe

Verfuehrung auf Probe

Titel: Verfuehrung auf Probe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Nimou
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eine Session …“
    „ Im Kino?“, unterbricht mich Jeanne. Als ich bestätige, sagt sie nur „So so. Oh oh.“
    „Oh oh, so so – also Jeanne. Ich habe das Gefühl, du nimmst mich nicht ernst.“
    „ Ich nehme dich sogar sehr ernst. Du hast dich verliebt.“
    „ Jeanne!“
    „Nicolette!“
    „Er weiß meinen richtigen Namen und er weiß, wo ich wohne.“
    „Okay, Nicolette. Ich sage dir eins: Du bist kurz davor, deine Prinzipien über Bord zu werfen. Streite es nicht ab. Du hast dich in diesen Mann verliebt. Und wenn ich mir das Bild in der Zeitung ansehe, dann kann ich es dir nicht verübeln. Aber wie ich bereits des Öfteren erwähnte, begegnen wir hin und wieder einem gut aussehenden Kerl, der noch dazu Kohle hat. Ich habe dir meine vorbeugenden Maßnahmen empfohlen. Nicolette, halte dich daran, sonst garantiere ich für nichts.“ Im gleichen Atemzug verkündet sie: „Ich hab’s getan.“
    „Was hast du getan?“
    „Die Prinzipien.“
    „Du hast die Prinzipien über Bord geworfen, Jeanne? Ehrlich?“
    „Ja. Ehrlich. Und ich bereue es bereits zutiefst.“
    „Ach, du lieber Himmel!“
    „Das kannst du laut sagen.“ Plötzlich schluchzt Jeanne herzzerreißend. Ich habe Jeanne noch nie weinen hören oder sehen. Es muss ihr furchtbar gehen.
    „ Jeanne, wo bist du jetzt? Zu Hause?“
    Schluchz.
    „Wasch dir das Gesicht und dann nichts wie in die Metro. Cité steigst du aus. Los, mach schon! Wir sehen uns in etwa zwanzig Minuten vor Notre Dame. Dann reden wir und ich zeige dir unsere Wohnung. Okay?“
    „Okay.“
    So habe ich Jeanne noch nie erlebt. Der geht es ja schlechter als mir. Um Himmels Willen. So ergeht es einem, wenn man gegen die Prinzipien verstößt. Schlimmer als wenn man mit einem Halbgott bei der Flucht von einem Lack-und-Leder-Boot fotografiert wird.
    Ich ziehe mir Jacke und Schuhe über mein Sportzeug und setze meinen Hut auf, damit ich mein Haupterkennungszeichen, die Haare verstecken kann. Dann schnappe ich mir meinen E-Schlüssel und das Handy und mache mich auf den Weg zu Notre Dame.
    Die frische Luft tut gut, wenngleich das Wetter alles andere als angenehm ist. Es nieselt, was mir aber ganz recht ist. Dann sind wenigstens nicht so viele Leute unterwegs, die mich erkennen könnten. Ein wenig unwirklich kommt mir die ganze Geschichte vor. Seit gestern ist so viel geschehen, dass es mir fast vorkommt, als hätte ich das alles gar nicht erlebt, als wäre das nur ein Film oder ein Traum. Das mit Gabriel kann ich mir ja noch irgendwie vorstellen, zumindest gibt es da noch einen kleinen Rest einer Verletzung an meiner Stirn. Dass ich diesen Auftrag übernommen habe, ist auch klar. Ich muss nur noch den Vorvertrag ausfüllen. Ich habe ihn durchgeblättert. Besonders die letzte Seite habe ich mir angesehen. Eric hat unterschrieben und der Notar hat den Wisch blanco abgesegnet. Die Wohnung ist meine. Trotzdem komme ich mir vor wie eine Fremde, die aus der Ferne eine Figur beobachtet, die zufälligerweise so aussieht wie ich.
    Erwartungsgemäß ist bei dem Wetter nicht allzu viel los auf der Ile de la Cité. Ich nehme drei Touri-Busse zur Kenntnis und stelle mich etwas abseits vom Haupteingang vor Notre Dame auf. Während ich auf Jeanne warte, lasse ich die Unterrichtsstunde von vorhin vor meinem inneren Auge Revue passieren. Besonders den Teil, als Eric mich auf diese schlaffe Weise gefesselt und dann mit dem Seil auf diese unglaublich zarte und hocherotische Weise behandelt hat. Noch jetzt stellen sich mir sämtliche Härchen auf, wenn ich nur daran denke. Wieder einmal kommen mir Zweifel an seiner Lauterkeit. Ich meine, entweder ist der Mann ein Naturtalent. Oder er ist der Wolf im Schafspelz. Letzteres kann und will ich nicht glauben. Aber vielleicht mache ich mir auch etwas vor, sehe die Dinge nur noch so, wie ich sie sehen will. Alle Indizien, die auf die Wolfstheorie hinweisen, werden automatisch ausgeblendet. Das könnte gut sein. Ich bin nicht mehr objektiv.
    „Oh, Nicki“ , Jeanne fällt mir um den Hals.
    Meine kleine blonde Freundin sieht aus, als hätte sie seit drei Nächten nicht geschlafen, was in der Tat hin und wieder geschieht. Ihre Augen sind rot vom Heulen und die Haut um ihre Nase ist gereizt.
    „Sechsundvierzig Päckchen Papiertaschentücher“, schluchzt sie und wischt sich über ihren olivfarbenen Parka. „Ich bin ein menschliches Wrack. Ich habe mich prostituiert. Ich wusste, dass es irgendwann geschieht. Darum habe ich es mir immer vorher selbst gemacht.

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