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Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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wenig an, um sie nicht durch den Schmutz zu schleifen. Aber sie konnte spüren, dass Daigh im Schatten der Ställe war und nur einen Moment lang innehielt, als sie vorüberging.
    Verstohlen schaute sie in seine Richtung. Den Rock hatte er abgelegt und die Hemdsärmel aufgekrempelt, sodass sich wieder das Gewirr von Narben offenbarte. Seine Gesichtszüge waren hart und düster wie die einer antiken Steinfigur, und die Schaufel in seinen Händen umklammerte er mit der grimmigen Vertrautheit eines Scharfrichters.
    Qual. Kummer. Und herzzerreißende Einsamkeit. Die Flutwelle seiner Emotionen traf Sabrina wie eine Reihe niederschmetternder Schläge. Und wie schon an der Küste schien die Luft um Daigh plötzlich zu flimmern, und sie hätte schwören können, dass sie statt seiner groben Kleider das Glitzern einer Rüstung sah, den Luxus eines pelzgefütterten Umhangs und eine Schwertscheide, die tief an seiner Hüfte hing.
    Sie blinzelte verwirrt, und das Bild verschwand so plötzlich, wie es erschienen war. Nur ein merkwürdiges Flattern in ihrem Magen blieb, begleitet von einer Hitzewelle, die ihre Haut zum Glühen brachte und die feuchte Novemberkälte wie schwüle Junihitze erscheinen ließ.
    Er merkte, dass sie zu ihm hinübersah, und nickte ihr grüßend zu.
    »Würden Sie doch nur Ihren eigenen Pflichten mit so viel Eifer nachkommen«, zischte Schwester Brigh, die wie eine aufgeregte Krähe an Sabrina vorbeieilte. Mit wachsamen Augen und gesträubten Federn – beziehungsweise Röcken.
    Sabrina warf Daigh ein verlegenes Lächeln zu, doch er hatte seine Arbeit wieder aufgenommen und blickte schon nicht mehr in ihre Richtung.
    Trotzdem machte ihr noch lange, nachdem sie sich von ihm entfernt hatte, das seltsame Gefühl in ihrer Magengegend zu schaffen. Daighs gequälter Blick ging ihr einfach nicht mehr aus dem Sinn, und seine Verzweiflung zerriss ihr fast das Herz.
    Sie, Sabrina, war seine letzte Hoffnung. Sie allein konnte ihn retten. Das wusste sie so sicher, als hätte es ihr jemand ins Hirn geätzt.
    Aber wieso? Woher kam dieses Wissen?
    Das leise vor sich hin flackernde Küchenfeuer warf einen warmen Schein über den Steinfußboden und die weiß getünchten Wände. Regen prasselte gegen die hohen Fenster, und der Geruch nach Gebackenem hing süß und teigig in der Luft.
    Bis zu den Ellbogen im Spülwasser, strich Jane sich mit der Schulter eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. »Warum glaubst du, dass Kilronan dich so unbedingt in seiner Nähe haben will? Ich finde nicht, dass man ihn als besonders liebevollen Bruder bezeichnen kann.«
    Sabrina gab ein Stück kalten Schinken auf einen Teller und fügte ein paar Salzkartoffeln hinzu. »Das ist er auch nicht. Oder bisher jedenfalls nie gewesen. Ich gebe dieser Frau, die er geheiratet hat, die Schuld daran. Wahrscheinlich will sie eine unbezahlte Gesellschafterin und denkt, ich sei die ideale Kandidatin.«
    »Würde Kilronan denn seine einzige Schwester von seiner Frau herumkommandieren lassen?«, fragte Jane.
    »Würde er einen mittellosen Niemand mit dunkler Vergangenheit und zweifelhafter Moral heiraten? Hättest du mich das letztes Jahr gefragt, hätte ich gesagt, niemals. Aber er hat’s getan, also kann ich nicht behaupten, ich wüsste, wozu mein Bruder fähig ist.«
    Sabrina nahm sich noch etwas eingelegtes Gemüse und ein Brötchen. Sie hatte heute das Mittagessen und Abendbrot versäumt. Irgendwann hatte Schwester Ainnir sie gezwungen, die Krankenstation zu verlassen, um wenigstens in der Küche schnell einen Happen zu essen.
    »In zehn Minuten wird sich nichts verändern, Sabrina«, hatte sie gesagt, als sie sie aus dem Saal geschoben hatte.
    Ein Klacks Senf. Ein Stück übrig gebliebene Torte. Hungrig biss Sabrina in eine Ecke. Hm, Apfel, ihre Lieblingstorte! Schnell nahm sie sich noch ein zweites Stück und wandte sich dann wieder ihrer Freundin zu. »Und da ich nicht weiß, wozu mein Bruder fähig ist, werde ich auch nicht nach Dublin fahren. Bevor ich weiß, wie mir geschieht, sperrt er mich noch in ein Zimmer ein, bis ich irgendeinen widerlichen, stinkenden Mann mit einem Vermögen heirate, das er in der Schafblasenverarbeitung erworben hat.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass mit Schafblasen viel Geld zu verdienen ist«, entgegnete Jane trocken, »obwohl ich einen Mann in Belfast kannte, der ein Vermögen mit geräuchertem Hering gemacht hatte. Der roch permanent nach totem Fisch.« Sie stellte die gespülte Pfanne in den Ablaufständer

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