Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
Kehle heraus. Das ist ein kleiner Trick, den ich von dir gelernt habe.
Er lässt es bleiben, und sein Verstand schließt sich halb. Was willst du?
Das habe ich dir schon gesagt. Ich will wissen, wo du David hingebracht hast.
Und ich habe dir schon gesagt, dass ich ihn nicht habe. Du kannst gerne nachsehen. Komm in meinen Kopf. Was siehst du?
Diesmal verzichte ich auf jegliche Finesse. Ich drücke seinen Kopf in den Dreck und stoße in seinen Geist vor wie mit einem Flammenwerfer. Ich lese dort Verwirrung über das, was gerade geschieht; Ärger darüber, dass ich ihn überwältigt habe; das selbstgefällige Wissen, dass er mich trotzdem besiegen könnte, wenn er wirklich wollte; und Lust, ausgelöst von meinem Becken, das sich gegen seine Lenden presst. Er windet sich unter mir, als dieser letzte Gedanke eine körperliche Reaktion hervorruft.
Herrgott. Donaldson, du bist pervers.
Er versucht sich aufzurichten, doch ich stoße ihn zurück. Diesmal lege ich einen Arm über seine Kehle. Ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass er David wirklich nicht hat. Und das schmälert meine Geduld mit diesem Kerl von Minute zu Minute.
Er spürt das. Er versucht mich abzuschütteln, doch ich habe nicht vor, ihn einfach gehen zu lassen. Ich drücke den Ellbogen in seine Halsschlagader. Das geschieht instinktiv, nehme ich an. Bei einem Sterblichen hätte ich mir die Luftröhre ausgesucht, doch da wir Vampire ja nicht atmen, erscheint es mir logisch, dass Druck auf die Halsschlagader eine ähnliche Wirkung hervorrufen müsste.
Und so ist es. Als ich spüre, dass er gleich das Bewusstsein verlieren wird, gebe ich gerade so viel nach, dass meine Stimme zu ihm durchdringt.
Wo ist er?
Donaldson würgt und schüttelt den Kopf.
Ich drücke wieder fester zu.
Wo ist er?
Diesmal liegt echte Panik in seiner Stimme. Ich weiß es nicht. Du musst mir glauben. Ich habe ihn nicht entführt. Warum sollte ich?
Um mich hierher zu locken, Arschloch. Damit du zu Ende bringen kannst, was du auf diesem Parkplatz angefangen hast.
Was soll der Unsinn? Du bist keine Bedrohung für mich. Ganz im Gegenteil. Du hast doch die Oberhand.
Das klingt wahr. Trotzdem will ich ihm nicht glauben. Wenn er David nicht hat, wer hat ihn dann?
Ich glaube, ich weiß es.
Wie bitte?
Ich glaube, ich weiß, wer deinen Freund entführt haben könnte.
Ich lehne mich ein wenig zurück, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Wenn du mich verscheißern willst, Donaldson –
Nein. Lass mich los, dann sage ich es dir.
Lieber nicht. Ich denke, du solltest es mir jetzt gleich sagen.
Mein Ellbogen liegt wieder an seinem Hals. Ich lehne mich schwer darauf. Ihm wird schwindelig. Ich empfange kleine, blitzende Lichtpunkte aus seinem Geist. Als würde ich mir ein Feuerwerk anschauen. Interessant. Ich drücke noch fester zu.
Donaldsons Augen sind weit aufgerissen; Schrecken und Furcht in seinen Gedanken »schmecken« wie ein starker Cocktail aus Adrenalin und Angst. Ich genieße diesen Cocktail; ich lasse ihn durch meine eigenen Gedanken rinnen, ein Teil meines Bewusstseins werden. Das ist ein phantastisches Gefühl. Machtvoll. Sexy. Jetzt verstehe ich den Zusammenhang zwischen Macht und Sex. Die Erkenntnis, dass ich ein Leben auslöschen kann – und sei es ein so wertloses wie Donaldsons –, ist berauschend.
Anna, genug jetzt.
Die Stimme, die mich bei Avery zurückgehalten hat, ist wieder da. Meine eigene innere Stimme.
Ich will aber nicht aufhören.
Du musst. Du darfst ihn nicht töten.
Warum nicht?
Weil es falsch ist.
Das reicht mir nicht.
Dann denk daran, was mit David geschehen wird, wenn du ihn tötest. Er sagt, er wüsste vielleicht, wer ihn entführt hat.
Wahrscheinlich lügt er.
Kannst du dieses Risiko eingehen?
Widerstrebend lockere ich den Druck. Nein.
Ich rolle mich von ihm herunter, bleibe neben ihm liegen und starre in den kalten, dunklen Himmel. Ich kann spüren, wie er neben mir seine Kräfte sammelt. Als ich sicher bin, dass er sich genug erholt hat, um meine Frage beantworten zu können, reiße ich ihn hoch, so dass er vor mir sitzt.
Das ist deine letzte Chance. Wer hat David?
Doch bevor er antworten kann, ist ein heulendes Zischen zu hören, wie das hohe Summen eines Insekts. Donaldson zuckt in meinem Griff zusammen. Fassungslos blickt er auf seine Brust hinab.
Ich folge seinem Blick. Eine Pfeilspitze ragt aus seinem Hemd. Sein Mund öffnet und schließt sich wie der eines Fischs an der Luft. Ungläubig sehe ich zu, wie er in
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