Verführung der Schatten
lange genug beobachtet, um ihre exzentrischen Essgewohnheiten kennenzulernen.
Cade fragte sich, warum sie sich mit dem Duschen nicht beeilt hatte und längst wieder angezogen war, als er zurückkam. Doch während sein Blick jetzt durch das Zimmer schweifte, wurde ihm klar, dass sie sich nicht hatte beherrschen können: Sie hatte alles umgeräumt, was nicht festgenagelt war.
Drei der vier Stühle waren ordentlich unter den Tisch geschoben. Bei dem vierten hatte sie die Stuhllehne gegen den Tisch gelehnt, sodass er nur noch auf zwei Beinen stand. Offensichtlich hatte sie das Bett noch einmal frisch gemacht und die Kissen auf dem kleinen Sofa zurechtgerückt, das sie zudem um etwa einen Meter verschoben hatte.
Der Wecker auf dem Nachttisch stand direkt vor der Wand, sodass auch nicht ein Zentimeter vom Kabel zu sehen war, und die Fernbedienung lag im rechten Winkel dazu. Der Mülleimer stand gleich neben der Kommode und ihre Tasche auf der anderen Seite. Ihr Laptop und ihr Handy lagen in perfekter paralleler Ausrichtung auf dem Tisch, an ihrer jeweiligen Aufladestation.
Cade musste seine E-Mails checken und ihre Route für diesen Tag festlegen. Außerdem wollte er noch die Sportergebnisse erfahren, also öffnete er ihren Computer und loggte sich als Gast ein. Nachdem er die Routinearbeiten erledigt hatte, googelte er noch ein paar Dinge und stellte fest, dass er – wie nicht anders zu erwarten war – auf eine ganze Reihe von Websites nicht zugreifen konnte, da sie diese gesperrt hatte.
Er lehnte sich im Stuhl zurück und versuchte sich ein Leben ohne Sexualität vorzustellen.
Es war einfach nicht lebenswert.
Zum Teufel, das musste er gerade sagen. Seit dem Tag, an dem er Holly zum ersten Mal begegnet war, war er mit keiner anderen Frau mehr zusammen gewesen – die längste enthaltsame Zeitspanne, seit er begonnen hatte, sexuell aktiv zu sein. Vor ein paar Monaten, als er schließlich zu der Überzeugung gelangt war, dass er Holly niemals haben konnte, hatte Cade sich etwas halbherzig für eine Hexe interessiert, aber sie hatte sich für einen anderen entschieden.
Inzwischen war er froh darüber.
Er stellte den Laptop auf den Tisch zurück. Sein Blick fiel auf ihre Reisetasche. Cade brannte darauf, einen Blick auf Nïx’ Brief zu werfen. Er entschied, dies wäre ein guter Zeitpunkt zum Schnüffeln, hockte sich neben die Tasche und zog sie von der Wand weg, um sie zu öffnen.
Nachdem er sich durch ihre ordentlich gefalteten Röcke und dazu passenden Pullis gewühlt hatte, öffnete er die Seitentasche und hob die Augenbrauen angesichts deren Inhalts. „Halloooo, ihr Höschen“, murmelte er.
Cade hielt sich für einen Mann mit ganz einfachem Geschmack. Er brauchte keine Reizwäsche, um erregt zu werden. Aber der Gedanke an die prüde Holly in diesen verruchten Fähnchen aus Seide ließ ihm das Blut in die Lenden strömen.
In diesem Augenblick kam sie aus dem Bad, in einem Bademantel, den sie bis zum Hals geschlossen hatte. „Was machst du denn da?“, rief sie.
„Ich suche nach Nïx’ Brief.“
„Du kannst doch nicht einfach so meine Sachen durchwühlen!“
„Nie im Leben hätte ich bei unserer sittsamen Miss Ashwin derartig unanständige Unterwäsche erwartet.“ Er fuhr mit dem Zeigefinger unter den Bund eines Strings und ließ ihn durch die Luft wirbeln.
„Gib das sofort wieder her!“ Sie riss ihm den Fetzen aus der Hand. „Das ist alles Nïx’ Werk. Sie hat meine ganze Unterwäsche einfach ausgetauscht.“
Er bezweifelte ihre Worte nicht, sagte aber trotzdem: „Ja, klar doch. Warum sollte sie das denn tun?“
„Ich weiß auch nicht. Wie soll ich denn ihr Handeln erklären?“
Er schnappte sich ein weiteres winziges Höschen und hielt es mit beiden Händen hoch. „Dann wette ich, dass sich ein String wie der hier immer noch ziemlich … ungewöhnlich anfühlt.“
„Ooh, gib schon her!“
Bevor sie sich darauf stürzen konnte, stand er auf und warf ihn in die Tasche zurück, als ob ihn das Ganze inzwischen langweilte. „Jetzt frage ich mich doch, was wohl unter diesem ganzen Frottee steckt.“ Er zog einen der Stühle unter dem Tisch hervor und setzte sich.
Sie hob angriffslustig das Kinn. „Ein ganz normaler Schlafanzug.“
„Ach, Quatsch. Dann lass mich sehen.“
„Ich muss dir überhaupt nichts beweisen.“
Er lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Ich hab doch sowieso schon alles gesehen, was du zu bieten hast, Holly. Und das ist nicht mal
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