Verführung der Unschuld 2
nichts dagegen.«
»Nein, Federico. Die Kleine schläft, wir sollten sie jetzt nicht stören.«
Eins zu Null für meine neue Schwägerin
, dachte Giulia und empfand sofort Sympathie.
»Buon giorno Giulia
, ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte die Patrona besorgt, die inzwischen aufgestanden war und ihre Schwiegertochter herzlich umarmte.
»Si, es geht mir gut.«
Giulia begrüßte auch ihren Schwiegervater, der freundlich ihre Wangen küsste, aber wie immer zurückhaltender war als seine Frau. In seiner Nähe hatte Giulia stets das Bedürfnis alles richtig zu machen und zu beweisen, dass sie würdig war, Lorenzos Ehefrau zu sein. Denn der Patrone wirkte meist ein wenig distanziert, beobachtete alles ganz genau, und wenn er etwas sagte, klang es wie eine unumstößliche Feststellung. Nur im Umgang mit Maria taute er auf und gab sich ungewöhnlich locker.
Lorenzo hatte Giulia erzählt, dass sein Vater nur selten aus sich herausging und seine Gefühle zeigte, gleichwohl seine Familie liebte. Neben dem geschäftlichen Erfolg seiner Söhne interessierte ihn vor allem die Fortführung der Moreno’schen Dynastie. Maria konnte also den Bonus des ersten, sehnsüchtig erwarteten Enkelkindes für sich verbuchen. Mit einem kleinen Schönheitsfehler: In den Augen des Patrone war sie »nur« ein Mädchen.
Die große Terrasse hinter dem Haus war großzügig mit Sitzgelegenheiten ausgestattet, darunter auch eine Hollywoodschaukel aus massivem Teakholz, mit dicken Polstern aus naturfarbener Baumwolle, auf der Giulia und Lorenzo nun nach Begrüßung seiner Eltern Platz nahmen. Vasen und Schalen im Empirestil ergänzten das Ganze zu einem überaus noblen Ambiente.
Die anschließende, frisch gemähte Rasenfläche, verdankte ihr frisches Grün einer automatischen Bewässerungsanlage, die in den Morgen- und Abendstunden für einen feinen Sprühnebel sorgte, wie Giulia sich erinnerte.
Der Butler brachte ihnen gekühlte Erfrischungsgetränke und richtete sich dann an den Hausherrn. »Der Kaffeetisch ist gerichtet, Signor Federico.«
»Sehr schön, darf ich euch bitten mitzukommen?« Er reichte seiner jungen Frau den Arm und ging mit ihr voraus.
Die Getränke in der Hand schlenderten sie ein Stück auf die Wiese hinaus, wo unter einem Partyzelt exquisite Leckereien warteten. Es war Giulia ein Rätsel, woher der Strom für den Ventilator bezogen wurde, der die Luft verwirbelte, so dass es unter dem Zelt gut auszuhalten war.
Eigentlich hatte sie erwartet, dass es eine größere Feier zu Federicos Rückkehr und Heirat geben würde, zu der weitere Verwandte wie Tante Ilaria eingeladen würden. Aber Federico hatte wohl ein ganz intimes Treffen der engsten Familienmitglieder geplant.
»Nun erzähl mal, Bruder. Wo hast du dich die ganze Zeit über versteckt?«, versuchte Lorenzo das Gespräch auf das allgemeine Hauptinteresse zu lenken, während Giovanni Latte Macchiato und kleine Kuchen servierte.
»Mal da, mal dort. Unser Land ist wirklich sehr schön und eine Entdeckungsreise wert. Ihr glaubt gar nicht, welche kleinstädtischen Kostbarkeiten ihr fernab der Touristenrouten findet. Und das nicht nur in der Toscana oder Umbrien. Ich hatte ja viel Zeit und habe die entlegensten Orte besucht.«
Federico auf touristischer Rundreise? Giulia runzelte die Stirn. Klar, die Brüder waren mit ihr in Rom und in Pompeij gewesen, interessierten sich für Architektur und Kunst. Und beide sammelten exquisite Figuren und Gemälde, vorwiegend mit erotischem Touch, aber so etwas fand man in der Regel nicht in der Provinz. Und würde jemand, der überstürzt, im Streit und aufgeputscht von Wut abreiste, sich ernsthaft mit schöngeistigen Dingen befassen? Wohl kaum. Sie glaubte ihm kein Wort.
»Zuletzt war ich in Rom«, fuhr Federico fort, »und dort habe ich Mariella getroffen.« Er legte seine Hand auf die seiner Frau, schien sie liebevoll zu drücken und schaute sie mit einem warmen Lächeln an.
»Und weiter? Erzähl, wie und wo habt ihr euch in Rom kennengelernt?« Giulia erschrak über sich selbst. Die Frage war ihr leichtfertig über die Lippen gekommen, dabei wollte sie auf keinen Fall Federicos Aufmerksamkeit auf sich lenken. Zu spät. Er drehte den Kopf zu ihr und seine dunklen Augen wirkten geschärft und durchdringend wie die eines Raubvogels. Sie fröstelte. Sein Lächeln passte nicht dazu. Was sollte sie bloß von ihm halten? Vielleicht bereute er seine Hartherzigkeit ja doch und war in all den Monaten, fern von zuhause, ein besserer
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