Verführung der Unschuld 2
Mensch geworden.
»Oh, das erzähl ich gerne. Das war ja sooo romantisch. Oder möchtest du das erzählen, Schatz?«
»Nein, Liebster, das kannst du viel besser.«
Giulia verdrehte es innerlich die Augen.
Schatz. Liebster
. Schon recht. Wenn sie mit Lorenzo alleine war oder wenn sie miteinander telefonierten, redeten sie sich manchmal auch mit solchen Kosenamen an. Aber in dieser Runde und aus seinem Mund klang das schon ziemlich aufgesetzt.
»Es war in einem kleinen Café, abseits des allgemeinen Rummels. Jeder von uns saß alleine an einem kleinen Tisch, ansonsten war nicht viel los. Mir fiel auf, dass sie in einem Kulturführer blätterte und da bin ich aufgestanden und zu ihr rübergegangen, und habe ihr vorgeschlagen, Rom gemeinsam zu erkunden. Das wäre doch viel unterhaltsamer. Ja, so fing alles an.«
»Bei euch beiden war es also wirklich die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick?«, hakte die Patrona ungläubig nach.
»Si«, lachte Federico.
»So viel Romantik hätte ich dir gar nicht zugetraut«, murmelte die Patrona mehr an sich selbst gerichtet als an die anderen.
Die Geschichte klang für Giulia wenig glaubwürdig. Andererseits – das nächtliche Erlebnis in Pompeji, als die
Gemelli
vorgaben, zahlende Kundschaft einer etruskischen Hure zu sein, die sie in einem extra dafür hergerichteten antiken Raum darstellte – das hatte auch romantische Züge gehabt. Mit viel Gefühl und Fantasie hatten die beiden Männer mit Giulia gespielt, so dass sie es bedauerte, als es vorbei war. Hatte Federico sich damals Lorenzos Wünschen angepasst oder steckte ihn ihm doch ein verkannter Romantiker? Vielleicht sollte sie ihm einfach verzeihen, dass er sie zwar als Gespielin, nicht jedoch als Ehefrau oder Schwägerin für gut genug befunden hatte?
Nein, wenn er heute anders denkt, dann soll er es sagen und sich bei mir entschuldigen
, dachte Giulia in einem Anflug von Zorn.
»… so wunderbar kann das Leben sein, nicht wahr, Giulia?«
Du meine Güte
, sie hatte überhaupt Nichts mitbekommen. Wovon hatte Federico gerade gesprochen?
»Ja, möglich«, erwiderte sie zurückhaltend.
Eine falsche Antwort hatte sie offenbar nicht gegeben, denn alle nickten und wirkten sehr entspannt.
»Was hältst du von alledem?«, fragte Giulia, als sie sich auf dem Heimweg befanden.
Die beiden Brüder hatten sich zwischendurch für eine Viertelstunde zurückgezogen und waren mit etwas Abstand zum Zelt hin- und hergelaufen. Giulia hatte währenddessen mit ihren Schwiegereltern und Mariella geplaudert, war jedoch durch das Beobachten der beiden Männer abgelenkt, so dass sie nur die Hälfte ihrer eigenen Unterhaltung mitbekommen hatte.
»Federico hat sich bei mir entschuldigt. Es ist ihm viel daran gelegen, dass wir uns aussöhnen und unser alter Streit uns nicht im Wege steht.«
Giulia hob eine Augenbraue und sah ihren Mann von der Seite an. Hochkonzentriert schaute dieser nach vorne auf den Verkehr. »Und, was du dazu gesagt?«
»Na ja, ich hab mich schon gefreut, dass er die Versöhnung sucht. Und ich hab ihm gesagt, dass wir uns freuen, wenn sie uns bald mal besuchen kämen.«
Giulia schluckte. »Das hat doch bestimmt noch ein wenig Zeit, Lorenzo. Sollen die beiden sich doch erstmal einleben, meinst du nicht?«
»Aber natürlich, Liebes. Ich wollte ihm ja auch nur klar machen, dass er jederzeit bei uns willkommen ist.«
Bei dir vielleicht, weil du ein gutes, weiches Herz hast. Bei mir nicht. Von mir aus hätte er dorthin ziehen und bleiben können, wo der Pfeffer wächst.
Im Augenblick hoffte sie, dass Lorenzo mehr Gas gab und sie bald zuhause wären. Bevor ihre plötzlich aufsteigende Übelkeit sich in den Wagen entlud …
Die Pflichten der Sklavin
»Bring dich in Position, ich habe nicht viel Zeit.« Federico sah herausfordernd auf sie herab.
An diesem Morgen hatte er das Haus schon verlassen, als Mariella aufstand. Es kam nicht allzu oft vor, dass sie alleine frühstückte. Aber es machte ihr nichts aus.
Nach dem Frühstück hatte sie sich mit den Tageszeitungen unter einen Sonnenschirm auf die Terrasse gesetzt. Der Artikel, den sie gerade las, handelte von einem Symposium über medizinische Neuerungen und fesselte ihr Interesse. Es versetzte ihr einen Stich in der Brust, als sie sich bewusst machte, dass ihr Leben als Ärztin nun hinter ihr lag. Voraussichtlich für immer. Hatte sie wirklich die richtige Entscheidung getroffen? Beim Lesen dieses Textes befielen sie Zweifel.
Federicos überraschende
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