Verfuehrung im Mondlicht
vergewaltigt und entehrt worden. Keiner von ihnen wäre etwas anderes übrig geblieben als die Ehe. Die bessere Gesellschaft hätte diese Ehemänner nur zu bereitwillig akzeptiert. Mitgiftjäger unter den Gentlemen waren in der höfischen Gesellschaft an der Tagesordnung. Trimley war das beste Beispiel dafür. Der Zustand seiner Finanzen war bei weitem nicht so bedeutend wie die Frage, ob er in die richtige soziale Schicht hineingeboren worden war.
»Ganz recht«, erwiderte Concordia stolz. »Ich bin sicher, dass keine von euch zugelassen hätte, sich in eine Ehe zwingen zu lassen, ganz gleich, ob euch ein Skandal drohte oder Druck ausgeübt worden wäre. Aber Edith Pratt, Larkin und Trimley konnten natürlich nicht wissen, dass ihr solche modernen, freidenkenden jungen Damen seid.«
Hannah, Phoebe, Edwina und Theodora strahlten. Ambrose unterdrückte ein Lächeln. Concordias Einfluss auf die Mädchen wuchs mit jedem Tag.
»Wie ich eben sagte«, fuhr Concordia fort, »war Edith Pratt in Alexander Larkin verliebt. Als er ihr also mitteilte, dass er eine der jungen Damen, die sie ihm zugeführt hatte, zu heiraten beabsichtigte, stritten sich die beiden ganz furchtbar. Edith Pratt war außer sich vor Zorn, als sie das Separee verließ, in dem sie sich mit ihm getroffen hatte. Sie hatte erst wenige Schritte gemacht, als Larkin seinen Kopf herausstreckte und Nellie Taylor zu einer Privatbehandlung bestellte.«
»Das war zu viel für Pratt«, übernahm Felix das Gespräch. »Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich einreden können, dass Larkin sie für etwas Besseres hielt als seine Bademädchen. Doch in diesem Moment begriff sie, dass er sie keinen Deut mehr respektierte als alle Nellie Taylors dieser Welt.«
»Die Pratt versteckte sich in einer Kabine und wartete, bis Larkin gegangen war und die Bäder geschlossen wurden«, spann Ambrose den Faden weiter. »Als Nellie ihre nächtlichen Säuberungsarbeiten aufnahm, schlich sich die Pratt von hinten an sie heran und schlug sie mit einem Schürhaken nieder. Es war ein Mord aus enttäuschter Leidenschaft, aber er diente noch einem anderen Zweck. Die Pratt stellte sicher, dass Nellie niemandem erzählen konnte, dass sie Edith Pratt zusammen mit einem vermutlichen Verbrecherlord gesehen hatte.«
Concordia sah Felix an. »Wie kam es denn dazu, dass Larkin und Trimley eine Partnerschaft eingegangen sind?«
»Das ist ebenfalls Edith Pratts Verdienst«, erwiderte er. »Pratt und Larkin arbeiteten schon lange zusammen. Zu ihrer Verbindung war es einige Jahre früher gekommen, als Pratt ein anderes Waisenhaus für Mädchen leitete. Larkin erledigte damals noch viel Schmutzarbeit selbst. Er trat mit dem Ansinnen an sie heran, einige der Waisen für seine Bordelle zu kaufen. Sie stimmte zu, und von dem Zeitpunkt an gingen sie sowohl eine geschäftliche wie auch eine persönliche Beziehung ein.«
Concordia schüttelte sich. »Was für eine fürchterliche Frau!«
»Allerdings.« Felix schaute die Mädchen sichtlich be-klommen an. »Pratt war sich darüber im Klaren, dass Larkin ein Schürzenjäger war, aber sie tröstete sich mit dem Wissen, dass sie einen besonderen Rang in seiner Zuneigung einnahm. Sie war immerhin eine ehrbare Person. Zwar war sie verarmt und gezwungen, als Lehrerin zu arbeiten, aber sie war dennoch die Tochter eines Landadligen. Sie wusste, wie viel Wert Larkin auf diesen Status legte. Und deshalb war sie davon überzeugt, dass ihre Liaison auf mehr als auf Leidenschaft und Bequemlichkeit beruhte.«
»Außerdem betrachtete sie sich als seine Geschäftspartnerin«, warf Concordia leise ein. »Eine Art Teilhaberin.«
»Richtig.« Ambrose trat an das Fenster, das zum Garten hinausführte. »Larkin dagegen hat in ihr niemals mehr als eine nützliche Person gesehen. Trotzdem erwies er ihr einige Gefälligkeiten, und sie machte Karriere. Schließlich beschloss sie, das Geschäft mit dem Verkauf von Waisen an Bordelle aufzugeben. Sie hielt es für zu riskant. Ein einziger großer Skandal in der Presse, der ihren Namen mit solchen Verbrechen in Zusammenhang brachte, hätte ihr alles geraubt. Außerdem wollte sie die Schulleiterin einer ehrbaren Institution werden. Larkin half ihr, diese Stellung an der Winslow-Armenschule für Mädchen zu bekommen.«
»Pratt begriff sofort, dass der beste Weg, einen Gewinn aus der Schule herauszuquetschen, der war, eine großzügige Wohltäterin zu finden, die unbegrenzte Mittel zur Verfügung stellen konnte, sich aber ansonsten
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